Stern-Dreieck-Schaltung

Stern-Dreieck-Schaltung

Eine Stern-Dreieck-Schaltung (kurz YD-Schaltung) dient dazu, größere Drehstrommotoren mit Kurzschlussläufer ab einer Leistung von 4 kW anlaufen zu lassen. Dies vermeidet das Auslösen von Sicherungen und eventuelle Spannungseinbrüche aufgrund des sonst hohen Anlaufstroms bei direkter Einschaltung.

Die Verteilnetzbetreiber schreiben vor, dieses Anlassverfahren zur Vermeidung großer Blindströme (induktive Einschaltströme) bei Motoren mit einer aufgenommenen Leistung (Scheinleistung) ab 5,2 kVA anzuwenden.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Dauerbetrieb: Dreieckschaltung der Motorwicklungen (Bild 1)
Anlauf: Sternschaltung der Motorwicklungen (Bild 2)

Zur Realisierung der Stern-Dreieck-Schaltung wird ein im Normalbetrieb in Dreieckschaltung (Bild 1) arbeitender Motor während des Anlaufs vorübergehend in Sternschaltung (Bild 2) betrieben. Die Höhe der Werte der Anzugsleistung und des Anzugsmoments in Sternschaltung beträgt nur ein Drittel der Werte, die bei einer direkten Inbetriebnahme in Dreieckschaltung auftreten.

Bei einer Sternschaltung wird je ein Strang der drei Wicklungen des Motors an einen Außenleiter des Dreiphasennetzes geschaltet (siehe Bild), die verbleibenden drei Stränge werden im Sternpunkt elektrisch leitend miteinander verbunden. Durch den Verkettungsfaktor ergibt sich an jedem Wicklungsstrang die reduzierte (Strang-)Spannung:

U_\mathrm{Stern} = \frac {U_\mathrm{Dreieck}}{\sqrt 3}

Nach dem ohmschen Gesetz reduziert sich deshalb der Strom in jedem Wicklungsstrang auf:

I_\mathrm{Stern} = \frac {I_\mathrm{Dreieck}}{\sqrt 3}

Die Leistung jedes einzelnen Wicklungsstrangs bei Sternschaltung ist darum:

P_\mathrm{Stern} = U_\mathrm{Stern} \cdot I_\mathrm{Stern} = \frac {U_\mathrm{Dreieck}}{\sqrt 3} \cdot \frac {I_\mathrm{Dreieck}}{\sqrt 3} = \frac {P_\mathrm{Dreieck}} {3}

Daraus ergibt sich, dass auch die Gesamtleistung des Motors und der Strom in den Außenleitern auf ein Drittel reduziert wird.

Ausführung

In der Praxis wird die Stern-Dreieck-Schaltung mit einer Schützschaltung ausgeführt, die das Umschalten der Ständerwicklung (auch Statorwicklung genannt) zwischen den Außenleitern und dem Sternpunkt ermöglicht sowie diese beiden Schaltzustände im Betrieb gegeneinander verriegelt. (Bild 3) Mit zusätzlichen Steuerrelais ist eine automatische Umschaltung möglich. Anstelle der Schützschaltung können auch handbetätigte spezielle Stern-Dreieck-Schalter Verwendung finden.

Anwendungsbedingungen

Stern-Dreieck-Schaltung mit Schützkontakten, vereinfachte Darstellung ohne Steuer- und Sicherungseinrichtungen (Bild 3)
  • Das Umschalten von Sternschaltung auf Dreieckschaltung darf erst nach dem Hochlauf des Motors erfolgen. Bei zu früher Umschaltung entsteht ein starker Stromstoß und der Zweck der Umschaltung wird nicht erreicht.
  • Wegen der Verringerung des Anzugsmoments auf ein Drittel kann die Stern-Dreieck-Umschaltung nur bei leichten Anlaufbedingungen, beispielsweise beim Anlaufen von leerlaufenden Werkzeugmaschinen, erfolgen. Sie wird von den Energieversorgungsunternehmen bis 11 kW (zum Teil auch höher) allgemein zugelassen.
  • Die Stern-Dreieck-Schaltung kann nur bei Drehstrommotoren angewendet werden, deren Wicklungsanschlüsse nicht intern verbunden, sondern einzeln nach außen geführt sind.
  • Die Stern-Dreieck-Schaltung kann nur bei Motoren angewendet werden, die bei der verfügbaren Spannung eine Dreieckschaltung zulassen. Jede der Motorwicklungen muss dazu der Spannung zwischen zwei Außenleitern standhalten können, die üblicherweise 400 V beträgt. Die entsprechende Bezeichnung auf dem Typenschild von Motoren, die sich am üblichen Netz für die Stern-Dreieck-Schaltung eignen ist „230/400 V“ oder „Y230/Δ400 V“.

Umschaltstromspitze bei Stern-Dreieck-Umschaltung

Stromverlauf des Einschaltvorgangs (Bild 4)

Die Stern-Dreieck-Schaltung (engl.: Star-Delta, YΔ, AC motor[1] / Wye-Delta, Vector group[2]) wird eingesetzt um den Anlaufstrom eines Asynchronmotors in Dreieckschaltung zu begrenzen. Dabei wird der Motor in der Sternschaltung auf Drehzahl gebracht. Beim Umschalten wird dann theoretisch nur noch der Dreieckstrom benötigt, der der aktuellen Drehzahl entspricht. Somit wird der Einschaltstrom auf 1/3 gegenüber dem Strom bei Dreieck-Direkteinschaltung reduziert. Jedoch kann beim Umschalten von Stern auf Dreieck die Netzphasen und Motorfeld in Opposition zueinander stehen. Dies führt zu Ausgleichsvorgängen, was zu einer sehr hohen Umschaltstromspitze führen kann.

Praxisbeobachtung

Als Antrieb eines Kompressors wird ein Asynchronmotor mit 315 kW, In 544 A, betrieben. Der Motor startet den entlasteten Kompressor in einer Y-D-Schaltung. Als Energieversorgung wird ein 20/0,4 kV Transformator mit 800 kVA, Ik ~ 19 kA verwendet. Der Anschluss erfolgt trafonah über 2 Leistungsschalter. Q1 in der Hauptverteilung mit In = 1250 A, Ik-Auslösung bei 18 kA, Charakteristik = Anlageschutz. Q2 mit In = 630 A, Ik-Auslösung = 8 kA, Charakteristik = Anlageschutz. Bei Verwendung der ungünstigen Verschaltung lösen beide Schalter beim Umschalten von Stern nach Dreieck unverzögert aus. Bei Verwendung der günstigen Verschaltung löst keiner der Schalter aus.

Spannungsvektoren

Zeigerdiagramm Ständer- / Läuferfeld-Spannungen (Bild 5)

Die Umschaltstromspitze ist abhängig von der Lage des neuen Ankerfeldes (L1, L2, L3) zum neu aufzubauenden (L1’, L2’, L3’) und zur Spannung des zusammenbrechenden Läuferfeldes (L1’–N). Bei ungünstiger Verschaltung können Stromspitzen entstehen, die über dem Anlaufstrom bei Dreieck-Direkteinschaltung liegen.[3] [4] [5] Die Folge ist das Ansprechen der korrekt ausgewählten Kurzschließeinrichtungen. Weitere Folgen sind das Verschweißen bzw. Kontaktabbrand an den Kontakten des Dreieckschützes und hohe dynamische Belastungen des Motors.

Je nach der äußeren Beschaltung der Außenleiter zu den Wicklungen kann die Umschaltstromspitze bis zum 2-fachen des Stromes bei Direkteinschaltung auf Dreieck betragen. Dieser Umschaltstrom wird vermindert, wenn die Vorzugsschaltung für Stern-Dreieck-Starter verwendet wird (Bild 5). Bei ungünstiger Wahl der Außenleiter zu den Motorwicklungen ergibt sich folgendes Zeigerdiagramm (Bild 6). Es wird deutlich, dass ΔU wesentlich größer ist.

Zeigerdiagramm Ständer- / Läuferfeld-Spannungen (Bild 6)

Die Lage der Spannungs-Vektoren ist auch von der Dauer der Umschaltpause abhängig und somit ebenso die Höhe der Umschaltstromspitze. Eine Umschaltpause ist jedoch notwendig um den ungelöschten Lichtbogen (Ausschaltfunken) des Y-Schützes zusammenbrechen zu lassen, bis das D-Schütz zuschaltet. Als Umschaltzeit werden mindestens 50 ms empfohlen.[6] [7]

Ein pausenfreies Umschalten ist mit einer speziellen Anlaufelektronik oder einem zusätzlichen Schütz und Transitionswiderständen möglich.[8]

Verbindung des Außenleiters zu den Motorwicklungen

günstige und ungünstige Schaltungen für Rechts- und Linkslauf (Bild 7)

Eine Auswahl von möglichen Beschaltungen zeigt in Bild 7 obere Reihe, Mitte die Vorzugsschaltung für den Rechtslauf. Die Gedankenstütze für die Verdrahtung bei Rechtslauf, mit dem Sternschütz einfach die Sternbrücken am Motorklemmbrett nachzubilden, führt zur „ungünstigen“ Verdrahtungsvariante (Bild 7, obere Reihe, rechts).

Bei einer Umverdrahtung von Rechts nach Linkslauf ist es nicht ausreichend, zwei beliebige Phasen zu tauschen. Es würde die „ungünstige“ Verdrahtungsvariante für Linkslauf entstehen. Für den Linkslauf kann die Gedankenstütze „Sternschütz ersetzt Sternbrücken“ (Bild 7, untere Reihe, rechts) verwendet werden.

Schaltung des Laststromkreises

Bei Verwendung der günstigen Verschaltung ergeben sich die folgenden Hauptstromkreise.

Bild 8 zeigt die Vorzugsschaltung für den Rechtslauf. Die stromführenden Leiter (Spannung steht in der gesamten Schaltung an) sind, zugehörig zu den Außenleitern, farbig gekennzeichnet.

Bild 9 zeigt die Vorzugsschaltung für den Linkslauf.

Stern-Dreieck-Wendeschaltung, Dreieck-Rechtslauf eingefärbt (Bild 8)
Stern-Dreieck-Wendeschaltung, Dreieck-Linkslauf eingefärbt (Bild 9)


Zur Übersichtlichkeit wurde ein Hauptstromkreis mit 5 Schützen gewählt. Es sind auch andere Schaltungen mit weniger Schützen möglich.[9] [10]

Schaltplan eines Stern-Dreieck-Schalters (DDR)

Bei vielen DDR-Produkten ist die Belegung des Schalters folgendermaßen:

R→1 U→2 Z→4
S→5 V→6 X→8
T→9 W→10 Y→12

Einzelnachweise

  1. AC motor in der englischsprachigen Wikipedia
  2. Vector group in der englischsprachigen Wikipedia
  3. Fachzeitschrift Elektrotechnik. (CH) 2/1978, Seite 53.
  4. L. Vercelli: Rechts und Linkslauf der Motoren bei YD-Anlauf. Fa. Sprecher & Schuh AG, CH-5000 Aarau
  5. Siemens: Funktionsbeispiel Nr. CD_FE_III_001_DE.pdf, Stern-Dreieck-Schalten von Drehstrommotoren – Verringern der Umschaltstromspitze
  6. Moeller: Datenblatt DIL-Leistungsschütze
  7. Schalten, Schützen, Verteilen in Niederspannungsnetzen. 4. Auflage, Siemens, Seite 572
  8. Siemens, "Schalten, Schützen, Verteilen in Niederspannungsnetzen", 4. Auflage, Seite 574, Bild 9.3/3
  9. Moeller: Moeller-Schaltungsbuch 2006. Seite 8–45
  10. Schalten, Schützen, Verteilen in Niederspannungsnetzen. 4. Auflage, Siemens, Seite 571

Siehe auch

Weblinks


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