Stift Bethlehem

Stift Bethlehem

Das Stift Bethlehem in Ludwigslust ist eine Stiftung kirchlichen Rechts. Sie wird durch ein Kuratorium geleitet. Die Stiftung betreibt ein Krankenhaus, Altenheime und eine Kindertagesstätte.

Inhaltsverzeichnis

Aufgabe

„Die Stiftung hat die Aufgabe, durch das Errichten und Betreiben geeigneter Einrichtungen, den Auftrag christlicher Nächstenliebe in leiblicher, geistlicher, seelischer und sozialer Pflege an Kranken und an Pflege- und Betreuungsbedürftigen auszuführen. Sie fördert damit den diakonischen Auftrag als Wesensäußerung kirchlichen Dienstes in einer Glaubens-, Lebens- und Dienstgemeinschaft innerhalb der Landeskirche.“[1]

Geschichte

Helene von Bülow

Helene von Bülow

Gründerin des Stifts Bethlehem war Helene von Bülow (1816–1890), die Tochter eines Gutsbesitzers aus Camin. Nach dem Tod des Vaters zog die Mutter mit ihren Kindern nach Ludwigslust. Hier wurde Helene von Bülow im „Armen- und Krankenbesuchskreis“ des Frauenvereins tätig und lernte den Theologen Theodor Kliefoth kennen. Ihre Freundin Marianne von Rantzau berichtete ihr von der Arbeit des Erweckungstheologen Theodor Fliedner, der 1836 in Kaiserswerth bei Düsseldorf ein Diakonissen-Mutterhaus zur Ausbildung evangelischer Krankenpflegerinnen und „Kleinkinderlehrerinnen“ gegründet hatte. Hier absolvierte sie ein Praktikum. 1847 kehrte sie nach Ludwigslust zurück und arbeitete im Vorstand der Ludwigsluster Kleinkinderschule. Ihre Bemühungen, das schlecht ausgestattete Hospital der Stadt zu verbessern, schlugen fehl. Im selben Jahr besuchte sie das im Aufbau befindliche Berliner Zentral-Diakonissenhaus Bethanien, dessen Oberin Marianne von Rantzau (1811–1855) war. Der ebenfalls anwesende Theodor Fliedner gab den Rat, mit einem kleinen Kinderhospital zu beginnen, da Neuerungen nach seiner Ansicht in einem eigenen Haus erfolgreicher durchzuführen seien, als eine bestehende Einrichtung zu verbessern.

Gründung

Sofort nach ihrer Rückkehr aus Berlin erwarb Helene von Bülow eine kleine Büdnerei im damaligen Ludwigsluster Vorort Kleinow, um ein Kinderhospital einzurichten. Ende Oktober besuchte Theodor Fliedner Helene von Bülow und brachte eine Diakonisse zur Unterstützung mit und am 1. November 1847 wurde das erste Kind aufgenommen. Im Haus wurden die Kinder der ärmeren Bevölkerung, auch aus der Umgebung der Stadt, von einem Ludwigsluster Arzt behandelt. Manche Kinder wurden über einen langen Zeitraum behandelt und betreut.

Das neue Haus 1855

Den Großteil der entstehenden Kosten für Unterbringung, Verpflegung und Kleidung übernahm Helene von Bülow aus ihrem Privatvermögen. Sie plante bald eine Vergrößerung des Hauses, um auch die bis dahin medizinisch vernachlässigten Frauen unterbringen zu können und eine Erweiterung und den Ausbau zur Diakonissenanstalt. Unterstützt wurde sie in ihren Plänen vom Großherzog Friedrich Franz II. und der Großherzogin Auguste, die die Einrichtung oft besuchte. Durch die finanzielle Hilfe des Großherzogspaares konnte am 9. Juli 1850 die Grundsteinlegung eines neuen Hauses stattfinden, das am 3. November 1851 in Anwesenheit der „Allerhöchsten Herrschaften aus Schwerin“ eingeweiht wurde.

Auf den Wunsch Helene von Bülows, die am Weihnachtsmorgen 1841 nach dem Tod eines Bruders endgültig zu Gott gefunden hatte, wurde der Name Stift Bethlehem gewählt. Am Einweihungstag wurde Helene von Bülow als Oberin bestätigt und kirchlich in ihr Amt eingeführt.

Stiftung

Helene von Bülow übergab ihren Besitz der Stiftung, was in einem umfangreichen Schenkungsvertrag mit der Evangelisch-lutherischen Landeskirche festgehalten wurde. In diesem Vertrag wurde unter anderem festgeschrieben, dass die Oberin das Recht hatte, ihre Nachfolgerin zu bestimmen und dass der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin als Oberbischof durch seinen Oberkirchenrat die Oberin, wenn sie sich als ungeeignet erwies, entlassen konnte. Die feste, durch den Stiftungsvertrag bedingte Einbindung des Stiftes in die Landeskirche unterschied die Ludwigsluster Einrichtung von allen anderen Anstalten und führte dazu, dass alle wichtigen Personalangelegenheiten, Gestellungsverträge oder Kassenabschlüsse durch den Oberkirchenrat genehmigt werden mussten. Dem Stift wurden am 29. Juni 1860 durch landesherrlichen Erlass die Rechte einer juristischen „frommen Stiftung“ (pium corpus) verliehen.[2]

Die Ausbildung von Schwestern und Pflegerinnen wurde ab 1860 durch einen Pastor begleitet. Möglich wurde die Einstellung eines Stiftgeistlichen, nachdem durch den ständischen Landtag als Dank für die Arbeit der Diakonissen während einer schweren Choleraepidemie eine Summe von 10.000 Talern bewilligt worden war. Die ungewöhnlich starke Stellung der Oberin führte bei allen Stiftsgeistlichen zu Protesten, denn gewöhnlich leiteten die Geistlichen die Anstalt. Helene von Bülow führte das Stift aber unangefochten bis zu ihrem Tod 1890, gab aber 1878 nach eingehenden Gesprächen, in denen auch Theodor Kliefoth vermittelte, einige Aufgaben, wie Registratur und Baufragen, ab. Nachfolgerin Helene von Bülows wurde am 11. Januar 1891 ihre Nichte Ina von Bassewitz (1850–1940). [3]

Am 11. Dezember 1915 erfolgte eine Satzungsänderung. Danach teilten sich Stiftsgeistlicher und Oberin in abgegrenzten Bereichen die Leitung des Hauses. Ein Verwaltungsvorstand aus Wirtschaftsleiter, Pastor und Oberin wurde gegründet. Weitere Satzungsänderung wurden am 18. Mai 1922 und 20. Januar 1994 notwendig, um Anpassungen an die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse vorzunehmen.

Ausbildung der Schwestern

Das Stift Bethlehem war für viele junge Frauen eine seltene Möglichkeit, einen examinierten Beruf auszuüben. Waren es in den ersten 20 Jahren des Bestehens gerade 32 Frauen, die eintraten, wuchs die Zahl von 1870 bis 1890 um 100 und 1910 arbeiteten 250 Diakonissen im Stift. Im Jahr 1873 wurde mit der fast ausschließlich vom Großherzog finanzierten Marienschule eine Ausbildung für jeweils 20 Vorschülerinnen eröffnet, an die sich dann die Zeit als Probeschwester anschloss. Die Marienschule, deren Namensgeberin die Großherzogin Marie war, setzte ihren Schwerpunkt auf die religiöse Ausbildung. Medizinische Ausbildungsinhalte kamen erst später zum Tragen. Eine weitere Ausbildungsstätte, die Helenenschule als Kinderlehrerinnenseminar, wurde 1877 eingerichtet. Die Absolventinnen arbeiteten später als Kindergärtnerinnen in Mecklenburg.

Krankenhaus

Die Entstehung des Krankenhauses, das immer eine zentrale Aufgabe des Stiftes war, hängt eng mit dem Johanniterorden zusammen. Dieser suchte in Mecklenburg einen Standort für die Einrichtung eines Krankenhauses und Helene von Bülow konnte die Ordensleitung davon überzeugen, dies im Stift Bethlehem zu realisieren. Nachdem sich der Bau des Krankenhauses durch den Deutschen Krieg von 1866 verzögert hatte, konnte im Frühjahr 1867 das neue Johanniter-Krankenhaus mit 24 Betten als Männerstation und mit einer Apotheke eingeweiht werden. 1870 wurde der erste Arzt eingestellt. 1872 wurde eine Leichenkapelle gebaut. Die medizinischen Fortschritte des ausgehenden 19. Jahrhunderts und die steigende Anzahl Kranker machten schon bald einen Ausbau oder Neubau erforderlich. Der Großherzog als für das Gesundheitswesen des Landes Verantwortlicher initiierte einen Neubau, der nach dem Universitätskrankenhaus Rostock der größte Krankenhausbau Mecklenburgs werden sollte. Von den Planungen 1883 bis 1888 wurde ein modernes Krankenhaus mit 60 Betten gebaut. Architekt war Oberhofbaurat Hermann Willebrand, der die Berliner Internationale Hygieneausstellung nutzte, um die damals neuartigen Hygiene- und Ventilationstechniken zu studieren, um sie in Ludwigslust umzusetzen. Er projektierte beispielsweise getrennte Schmutzwäschetransporte, moderne Heizsysteme oder Belüftungstechnik.

Gemeindepflege

Ein Grundpfeiler der Ideen Theodor Fliedners war die Einrichtung von Stationen für die Gemeindepflege. Hierfür fand sich allerdings im Mecklenburg des 19. Jahrhunderts keine Unterstützung. Helene von Bülow selbst sah diese Idee Fliedners eher distanziert, so dass sich dieser Zweig der Tätigkeit erst spät etablierte. Das Stift Bethlehem unterhielt Gemeindepflegestationen zuerst in Osnabrück, Oldenburg, Lübeck und Itzehoe, später in der Jakobigemeinde in Rostock. Mit der steigenden Zahl verfügbarer Diakonissen wurden Stationen in Güstrow und Doberan gegründet. 1918 waren in Mecklenburg und Lübeck 56 Gemeindepflegen aktiv. In der Regel arbeitete eine Schwester in jeder Station. Um an Tuberkulose erkrankte Kinder zu behandeln, wurde 1876 in Bad Sülze die Kinderheilanstalt Bethesda begründet, in der nach einem Neubau 1881 fast 100 Betten für Solekuren zur Verfügung standen. Eine Erweiterung 1913 mit dem Haus Siloah schuf noch einmal 50 Plätze.

Heute

Zum Stift gehören das Evangelische Krankenhaus Stift Bethlehem als gemeinnützige GmbH, die Diakonische Dienstleistungsgesellschaft Stift Bethlehem mbH und die Krankenhaus Holding Westmecklenburg ebenfalls als gemeinnützige GmbH. Das Stift ist Träger von Seniorenheimen und Wohnungen für Betreutes Wohnen in Hagenow und Ludwigslust sowie einer Kindertagesstätte und unterhält eine Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe-, Familien- und Lebensfragen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Das Krankenhaus mit 170 Betten sichert die Grund- und Regelversorgung, sowie die Notfallversorgung für ein Einzugsgebiet von etwa 60.000 Einwohnern. Es ist Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Rostock. 2007 wurden von 137 Ärzten und Pflegekräften etwa 8000 Patienten behandelt und es wurden 327 Kinder im Krankenhaus geboren.

Zum Stift Bethlehem gehört die Paramenten- und Textilwerkstatt, in der individuelle Behänge für Altar, Kanzel, Lesepult, sowie Wandbehänge, Altardecken, Abendmahlstücher, Wandgestaltungen und textile Objekte, Beffchen, Stolen und Fußbodenteppiche hergestellt werden.[4] Eine Bäckerei stellt Oblaten, die im Gottesdienst Verwendung finden, her.

Stift Bethlehem, Stiftskirche

Stiftskirche

Nachdem 1860 mit H. Wilhelmini der erste Stiftspastor in sein Amt berufen wurde, bildete das Stift Bethlehem mit seinen Mitarbeitern eine eigene Kirchgemeinde. Am 1. Mai 1864 wurde die aus Ziegeln und Raseneisenstein gebaute Stiftskirche eingeweiht. Das Altarbild stammt von Gaston Lenthe. Eine Umgestaltung erfolgte 1938; dazu gehören zwei von Rudolf Schäfer gemalte Bethlehemsdarstellungen. Neben den sonntäglichen Gottesdiensten werden regelmäßig Andachten gehalten. 1960 wurde die Glocke von 1914 in einem separaten Glockenturm angebracht.[5]

Einzelnachweise

  1. Satzung PDF
  2. Satzung PDF
  3. Biografisches Lexikon zur Pflegegeschichte
  4. www.marienberger-vereinigung.de
  5. Stiftskirche auf www.stadtludwigslust.de

Literatur

  • Harald Jenner: Innere Mission und Diakonie in Mecklenburg, Band 1 1840–1918, Friedrich Wittig Verlag, Kiel 1998, ISBN 3-8048-4453-7

Weblinks


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