Stupa

Stupa
Der „Große Stupa“ von Sanchi

Der Stupa (Sanskrit: m., स्तूप, stūpa, Pali: thupa, Tibetisch: Chörten, im Deutschen ist auch gebräuchlich: „die Stupa“ f., ältere englische Bezeichnung „Tope“, daher Topen) ist ein Denkmal, ein Symbol für den Buddha und den Dharma. Ein Stupa ist ursprünglich ein Grabhügel für die Bestattung von Königen in Indien und reicht bis in die prähistorisch-megalithische Zeit zurück.[1] Seit dem frühen Buddhismus werden in einem Stupa Reliquien des Buddha und später von herausragenden Mönchen (Arhat) aufbewahrt.[1] Er wurde Ausgangspunkt der Buddha- und Arhatverehrung.[1] Der Stupa wird von Buddhisten rituell im Uhrzeigersinn umkreist.[1]

Inhaltsverzeichnis

Wortgeschichte

Die englischsprachige Fachliteratur des 19. Jahrhunderts bezeichnete den Stupa auch als „Tope“. Der Begriff soll aus Afghanistan stammen, wo Johann Martin Honigberger und Charles Masson 1833 buddhistische Monumente, solide gemauerte Grabhügel, entdeckten (die „Kabul Minars“), die sie Topes nannten.[2] Der gleiche Begriff wurde auch für die Grabhügel von Manikyala im Punjab benutzt, daher kommt Alexander Cunningham in seinem Buch The Bhilsa Topes zu der Schlussfolgerung, dass Tope vom Pali-Wort Tupo stammt, welches wie auch das Sanskrit-Wort Stupa einen Grabhügel („Tumulus“) beschreibt.[3]

Geschichte des Stupas

Vorbuddhistischer Ursprung

Mit Stupa war in uralten Zeiten der Erdhügel gemeint, der über den Überresten einer toten Person errichtet wurde (aus dem Sanskrit stup: aufhäufen, ansammeln). Dieser Hügel hatte die Form einer Halbkugel und war meist aus Erde oder auch aus Stein gemacht: die Inder setzten einen Stab in den Mittelpunkt der Halbkugel und beerdigten die Gebeine unter ihm. Der Stab wurde als Verbindung zum Zentrum des Universums angesehen, welches alle Energie sammelte und die Geburt allen Lebens beeinflusste. Die (Halb-)Kugel als Symbol für Vollständigkeit zeigte die Balance von Energie im Universum, wurde zum Symbol des Universums.

Erste Stupas im Buddhismus

Diese Idee übernahm später der Buddhismus. Stupas gelten als die ersten wichtigsten Denkmale und Orte künstlerischer Gestaltung im Buddhismus.[4] Der Buddha soll den Bau von buddhistischen Stupas angewiesen haben, allerdings sind die ältesten bekannten Stupas aus der Zeit Kaiser Ashokas.[4] Dieser ließ einer Legende nach 84.000 Stupas in seinem Herrschaftsgebiet errichten.[4] In der Mahaparinibbana-Sutra wird erwähnt, dass vier Personenkreise würdig genug sind, einen solchen Grabhügel zu erhalten: Ein Vollendeter, ein Heiliger, „vollkommen Erwachter“ (also ein historischer Buddha – Samma-Sambuddha), ein „einzeln Erwachter“ (also ein Buddha, der allerdings nicht den Dharma predigt – Pacceka-Buddha), ein Jünger des Vollendeten und ein Kaiserkönig (Chakravartin – Universeller Monarch).

Symbolische Bedeutung

Ausbildung eigener Formensprache

In nur wenigen Jahrhunderten entwickelte sich der schlichte Grabhügel zu der Grundform der heutigen Stupas, der des Stupas von Sanchi (Zentral-Indien). Bereits hier sind die vier Grundelemente zu erkennen: eine quadratische Plattform als Basis, das halbkugelige Kuppelgewölbe, eine Reliquien-Kammer, die Spitze, oft auch durch einen stilisierten Schirm ersetzt, die mit einer „Krone“, einem „Juwel“ (welches oft wörtlich zu nehmen ist) abgeschlossen ist. Diese vier Elemente stehen für die Elemente des Buddhismus: den Sangha (Basis), das Dhamma (die Kugel), den Buddha (die Reliquienkammer, die Spitze) und das Nibbana (das Juwel).

Bedeutung

Rad
Lotus
Mandala
Stupa als Berg Meru

Der Stupa beinhaltet eine mannigfaltige symbolische Bedeutung.

  • Der Grundriss des Stupa kann ein Symbol sein für
  • Der gesamte Stupa-Bau kann ein Symbol sein für
  • Die Kuppel des Stupa kann ein Symbol sein für
    • ein „kosmisches Ei“ (Sanskrit: aṇḍa) oder die Gebärmutter (Sanskrit: garbha) - also ein „Behälter der Elemente“ (dhātu-garbha − Herkunft des Wortes Dagoba)

Reduziert man einen Stupa auf seine wesentlichen geometrischen Bestandteile, erhält man von oben nach unten folgende Symbolik:

2-dim. 3-dim. Element
„Juwel“ Raum
Halbmond Halbkugel Luft
Dreieck Kegel Feuer
Kreis Kugel Wasser
Quadrat Würfel Erde

Bedeutung als Verwendung des Stupa:

Wat Chang Lom, Si Satchanalai soll eine Reliquie enthalten
  • Der Stupa als Reliquien-Behälter − Nach seiner Kremation wurden die Reliquien des Buddha in acht Teile geteilt und an die acht anwesenden Könige verteilt. Mehr als 200 Jahre später fanden sich auf wundersame Weise diese acht Teile im Besitz von Kaiser Asoka wieder. Der Legende nach teilte er sie daraufhin in 84.000 Teile und schloss sie in ebenso viele Stupas in seinem gesamten Reich ein.[4] Ausgehend von der Zahl der Stupas, die heute für sich in Anspruch nehmen, Reliquien des Buddha zu enthalten, ist es recht unwahrscheinlich, dass sie wirklich einen dieser 84.000 Teile enthalten. Möglicherweise handelt es sich oft nur um Kopien von solchen Stupas.
Dhâmek Stûpa in Sarnath
  • Der Stupa als Denkmal (Sanskrit: uddesika-stūpa) − in der Mahaparinibbana Sutta (DN 16.5.3) weist der Buddha auf vier Plätze hin, die Gläubige nach seinem Eingehen ins Parinirvana besuchen können. Hier sollten im Angedenken an die Ereignisse Stupas errichtet werden: am Ort seiner Geburt (Lumbini), am Ort seiner Erleuchtung (Bodhgaya), am Ort der Ersten Predigt (Sarnath) und am Ort seines Parinirvana (Kusinagara). Später wurde die Liste der buddhistischen Pilgerstätten um weitere vier Orte erweitert: Srāvastī, Sāmkāśya, Vaiśali und Rājagṛha. In Tibet werden diesen acht Orten acht verschiedene Typen von Stupas zugeordnet (siehe z. B. beim Kloster Dzogchen in Kham[7]).
  • Der Stupa als Votivgabe:
    • Viele Stellen des Mahayana-Kanons weisen darauf hin, dass es eine verdienstvolle Tat ist, einen Stupa zu bauen. Damit werden bis zu 18 verschiedene Arten von Verdiensten verbunden. Allerdings sind beim Bau einige Dinge zu beachten. Es ist zwar gleich, in welcher Größe man einen Stupa plant – wichtig sind jedoch korrekte Proportionen und eine reine Motivation des Bauherrn. Gemäß tibetischer Tradition muss ein kundiger Lama daher den Bau überwachen und anschließend einweihen, um keinen „Schwarzen Stupa“ zu erhalten („wie ein Körper ohne Eingeweide“) Gefüllt wird der Stupa mit sogenannten Tsa-Tsas.[8].
    • In Thailand ist es Tradition, zu Neujahr (Songkran) in den Tempeln Stupas (Chedis) aus Sand zu bauen. Der Sand soll den Staub wieder an den Ursprungsort zurückbringen, den die Gläubigen im Laufe des Jahres an ihren Schuhen haftend von dort weggetragen haben.

Vorzüge

Eine Stupa zu errichten gilt im Buddhismus als sehr heilsam, da positives Karma im Geist des Erbauers zurückbleibt.[9] Auch in der Zukunft seien dem Baumeister dadurch vielfältige Vorzüge durch vorteilhafte Wiedergeburten gegeben.[9] Im besten Fall wird eine rasche Erleuchtung ermöglicht.[9] Eine Stupa zu umschreiten sei ebenfalls sehr vorteilhaft und ermögliche positive Wiedergeburten.[9]

Verschiedene Entwicklungen

Aus dem Stupa entwickelte sich in Sri Lanka seit dem 2. Jh. v. Chr. die Dagoba, in Myanmar[10] die Paya, in Thailand die Chedi, die auf der singhalesischen Dagoba fußt. Daraus ergab sich in Laos der That.

Die nördliche Entwicklungslinie zeigt in Ostasien die Pagode, deren chinesische Variante innen begehbar ist. Die chinesische Pagode verbreitete sich im 5.-8. Jh. nach Korea und Japan (in Japan ausschließlich aus Holz konstruiert). In Tibet entwickelte sich der Stupa zur Chörten weiter, dessen Bauform in Texten des Tengyur, dem Kommentarteil des tibetischen buddhistischen Kanons, festgelegt ist. Der Chörten symbolisiert den Stufenweg zur Erleuchtung und stellt zugleich ein Sinnbild für den aktiven Weg des Bodhisattva dar.[11]

Bildergalerie

Literatur

  • Alexander Cunningham: The Bhilsa Topes; Or, Buddhist Monuments of Central India. Munshiram Manoharlal Publishers, ISBN 81-215-0759-6. (PDF) - Ausführliche englische Beschreibung der Stupas von Sanchi.
  • Heino Kottkamp: Der Stupa als Repräsentation des buddhistischen Heilsweges. Untersuchungen zur Entstehung und Entwicklung architektonischer Symbolik. Harrassowitz, Wiesbaden 1992, ISBN 3-447-03306-1.
  • Adrian Snodgrass: The symbolism of the Stupa. Motilal Banarsidass, Delhi 1992, ISBN 81-208-0781-2.
  • Johannes W. Glauche: Der Stupa. Kultbau des Buddhismus. DuMont, Köln 1995 ISBN 3-7701-3018-9.
  • Joe Cummings, Bill Wassman: Buddhist Stupas in Asia, the Shape of Perfection. Lonely Planet Productions, Hawthorne 2001, ISBN 1-86450-120-0.
  • Lama Anagarika Govinda: Der Stupa. Psychokosmisches Lebens- und Todessymbol. Aurum-Verlag, Freiburg im Breisgau, ISBN 3-591-08062-4.

Weblinks

 Commons: Stupa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Stupa – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b c d Klaus-Josef Notz: Herders Lexikon des Buddhismus. Grundbegriffe, Traditionen, Praxis in 1200 Stichwörtern von A-Z, Hohe Verlag, Erftstadt 2007, S. 437f.
  2. Newsletter der „Society for the Preservation of Afghanistan's Cultural Heritage“, Mai 1999
  3. Cunningham: The Bhilsa Topes, S. 9
  4. a b c d Helwig Schmidt-Glintzer: Der Buddhismus. Beck 2005, S. 105.
  5. a b Introduction to stupas. In: The Stupa Information Page. Abgerufen am 19. Dezember 2009 (englisch).
  6. Adrian Snodgrass: The Symbolism Of The Stupa. Motilal Banarsidass Publishers (Cornell Southeast Asia Program), Delhi, 1992, ISBN 81-208-0781-2 S.255
  7. Fotos siehe Joe Cummings, Bill Wassman: Buddhist Stupas in Asia, the Shape of Perfection. Lonely Planet Productions, Hawthorne 2001, ISBN 1-86450-120-0, S.128,129
  8. How to Build a Stupa
  9. a b c d Vorteile bei Errichtung und Umschreitung eines Stupas (englisch), abgerufen am 20. Januar 2010.
  10. Gabriele Seitz: Die Bildsprache des Buddhismus. Düsseldorf: Patmos 2006. S. 46-59, hier: S. 53.
  11. Gabriele Seitz: Die Bildsprache des Buddhismus. Düsseldorf: Patmos 2006. S. 243-247, hier: S. 243 f.

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