Syndikus

Syndikus

Ein Syndikus (auch Syndikusanwalt oder Firmenanwalt; griech. σύνδικος (männl. u. weibl.), weibliche Form Syndika) ist ein Rechtsanwalt, der aufgrund eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und -kraft einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber (z. B. Unternehmen, Verband, Stiftung) zur Verfügung stellt. Anders als ein Justitiar, der seine Tätigkeit auch ohne Anwaltszulassung ausführen kann, ist der Syndikus stets bei einer Rechtsanwaltskammer (RAK) zugelassen und unterhält eine eigene Kanzlei. Eine leitende oder gehobene Position ist mit der Stellung als Syndikus nach dem Urteil des BVerfG in der sogenannten Zweitberufsentscheidung[1] grundsätzlich nicht erforderlich.

Inhaltsverzeichnis

Berufsbild

Die vom Bundesverfassungsgericht initiierte sog. Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie, wonach die Syndikustätigkeit und die Rechtsanwaltstätigkeit zwei verschiedene Formen der Berufsausübung darstellten, wurde in der Zwischenzeit immer mehr aufgeweicht und im Ergebnis fast aufgehoben. Auch die Rechtsprechung sah die Tätigkeit des Syndikus als einheitliche Form der anwaltlichen Berufsausübung. Dieser Rechtsprechung ist der EuGH in der Sache C-550/07 P Akzo/Nobel[2] und im Jahr 2011 der BGH[3] jedoch aktiv entgegengetreten und hat an der strengen Doppelberufstheorie festgehalten. Kritiker werfen dem BGH dabei vor, den Blick vor der Realität und den tatsächlichen Verhältnissen zu verschließen.[4] Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung hierzu bleibt abzuwarten.

Syndikusanwälte beraten ihren Dienstherrn (das Unternehmen, den Verband oder die Stiftung) in der Regel in allen wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen, etwa über marken- und urheberrechtliche Probleme, über Versicherungsverträge und -fälle, Vertragsmanagement und -monitoring, bis hin zu haftungs- und kartellrechtlichen Fragen bei Unternehmenskäufen und -verkäufen. Großunternehmen beschäftigen Syndikusanwälte auch im Personalwesen, in der Steuerabteilung, und in der Patent-, Marken- und Lizenzabteilung.

Geschichte

Mittelalter und Frühe Neuzeit

Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit war ein Syndikus für die Rechtsgeschäfte einer Stadt oder einer Gebietskörperschaft zuständig. Er beriet Bürgermeister und Rat in juristischen Angelegenheiten und verfasste juristische Gutachten in deren Auftrag. Oft handelte es sich um Juristen, die an einer Universität das gemeine Recht (ius commune) – meist römisches Recht (corpus iuris civilis), gelegentlich aber auch noch kanonisches Recht – studiert hatten. Verfügte eine Stadt über einen Stadtschreiber (Kanzleivorsteher) mit entsprechender Rechtsbildung, so versah er die Aufgaben des Syndicus mit. Neben den städtischen Syndici gab es noch die Landschafts-Syndici. Diese wurden von den Ständen als Rechtsberater beschäftigt.

Syndicus in den Hansestädten

Der Syndicus (früher auch Stadtsyndicus) in Bremen oder der Senatssyndicus in Hamburg nahmen in den Hansestaaten Bremen und Hamburg nach Lübecker Vorbild als Rechtsgelehrte und später Juristen ein Staatsamt wahr. Heute ist die Stelle auch mit der eines Staatsrates und Vertreter eine Senators in seiner Dienststelle und in Bremen auch im Senat vergleichbar. Mehr dazu siehe bei:

Deutsches Anwaltsrecht

Ihre Arbeitgeber dürfen deutsche Syndikusanwälte gem. § 46 Bundesrechtsanwaltsordnung nicht vor Gericht oder vor einem Schiedsgericht anwaltlich vertreten.

So wie freiberufliche Rechtsanwälte können sich auch Syndikusanwälte bei der Deutsche Rentenversicherung Bund von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien lassen und dann Beiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk abführen. Syndikusanwälte, also in der Regel Justitiare und Firmen-Rechtsanwälte, haben gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI einen Anspruch auf die Erteilung dieser Befreiung. Voraussetzung ist, dass sie als Syndikus rechtsgestaltend, rechtsvermittelnd, rechtsberatend und rechtsentscheidend tätig sind und der Arbeitgeber dies bestätigt.

Da der Syndikus als Rechtsanwalt stets eine Kanzlei unterhalten muss § 27, in vielen Fällen jedoch nur in geringstem Umfang oder auch gar nicht als freiberuflicher Rechtsanwalt tätig ist, haben viele Syndici eine sogenannte Wohnzimmerkanzlei. Das heißt sie haben ihren Privatwohnsitz als Kanzlei bei der Rechtsanwaltskammer gemeldet. Alternativ ist es ihnen auch erlaubt ihre Kanzlei in den Räumen des Arbeitgebers einzurichten, ohne ein Praxisschild anbringen zu müssen,[5] soweit dem der Arbeitgeber zustimmt.

Die Rechtsanwaltskammern halten fest an der Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie fest. Sie gehen darüber hinaus davon aus, dass die Anwaltstätigkeit den Hauptberuf ist und die Tätigkeit im Unternehmen die Nebentätigkeit darstellt und dem Hauptberuf nicht entgegenstehen darf. Zwingende Voraussetzung der Vereinbarkeit der Unternehmenstätigkeit mit dem Beruf des Rechtsanwalts ist dabei eine ausreichende und unwiderrufliche Einverständnis- und Freistellungserklärung des jeweiligen Arbeitgebers, da nur dann gewährleistet werden kann, dass die Rechtsanwaltstätigkeit weiterhin frei von der sonstigen Tätigkeit ausgeübt werden kann und durch die Nebentätigkeit keinerlei Schranken aufgestellt werden.[6]

Literatur

Weblinks

Fußnoten

  1. BverfG, Urteil vom 4. November 1992, Az.: 1 BvR 79/85, 643/87, 442/89, 238/90, 1258/90, 772/91 u. 909/91; BVerfGE 87, S. 287ff. = AnwBl 1993, S. 120 ff.
  2. http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=DE&Submit=rechercher&numaff=C-550/07
  3. BGH Beschluss vom 7. Februar 2011 – AnwZ (B) 20/10, S. 473
  4. [1] (PDF-Datei)
  5. Vgl. AnwG Hamm, AnwBl 2000, 316; s. a. AnwG München BRAK-Mitt. 2007, 269; Michael Kleine-Cosack: Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Mit Berufs- und Fachanwaltsordnung -Kommentar-. 5. Aufl. 2008, ISBN 978-3-406-56218-1, § 27 Rn. 6 m. w. N.
  6. z.B.RAK MünchenRAK DüsseldorfRAK StuttgartRAK Hamburg (PDF)

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