Tannhäuser (Dichter)

Tannhäuser (Dichter)
Der Tannhäuser (Codex Manesse, um 1300)

Tannhäuser, mittelhochdeutsch Tanhûser († nach 1265), war ein deutscher Minnesänger und Spruchdichter. Seine Lebensdaten sind unbekannt; historisch datierbare Hinweise in seiner Lyrik weisen auf die Jahre zwischen 1245 und 1265.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Über seine Biographie ist wenig bekannt. Es gibt einen historischen Burgsitz Tannhausen bei Neumarkt in der Oberpfalz, eine Verbindung kann jedoch nicht bewiesen werden. Dass der Minnesänger aber von dem alten Adel der „von und zu Thannhausen“ abstammt, deren Stammsitz noch immer das Dorf Tannhausen nahe Ellwangen/Dinkelsbühl/Nördlingen ist, kann mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Tannhäuser war ein fahrender Berufsdichter. Eine Zeit lang wirkte er am Hof Herzog Friedrichs des Streitbaren von Österreich (Leich I). Die Große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse) bildet ihn in Deutschordenstracht ab und in der Deutschhauskirche zu Würzburg befindet sich die Grabplatte des Siboto von Tanhusen. Eine Teilnahme am Fünften Kreuzzug ist möglich.

Wirken

Tannhäuser war Vertreter der Leich-Dichtung (Lieder-Dichtung). Seine Dichtungen waren Minne- und Tanzlieder für Adel und Volk.

Einige seiner Texte nehmen parodistisch die ernste Minnedichtung auf den Arm, sind stark in der Selbstironie und enthalten burschikose Strophen, die an Studentenlieder erinnern. Seine Lieder handeln von Abenteuern, Sagen und Helden, sind durchsetzt mit gelehrtem Unsinn und tollen Fremdwörtern.

Überlieferte Werke von Tannhäuser sind 6 Tanz-Leichs und 36 Strophen. Diese findet man in der Großen Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse). Darin nimmt sein sogenanntes Bußlied eine Sonderstellung gegenüber der erotischen Thematik der restlichen Sammlung ein. Es ist hier nur in der Jenaer Liederhandschrift (mit Melodie) notiert.

Die Tannhäuser-Sage

Hauptartikel: Tannhauser

Das ernste Bußlied mit der Hinwendung zu geistlichen Werten (Kreuzzug) ist vielleicht Ausgangspunkt für die Tannhäuser-Sage (Aufenthalt im Venusberg, Bußfahrt nach Rom) geworden, für die erste Zeugnisse seit etwa 1430 vorliegen. In den Tannhäuser-Balladen seit 1450 bildete sich parallel zu anderen Dichtersagen (Bremberger-, Möringer-Ballade) diese Legende literarisch aus. Sie erzählt von dem Ritter Tannhäuser, der sich vom Venusberg zum Papst (Urban IV., 1261-1264) nach Rom begibt, um dort für sein sündiges Treiben mit Frau Venus Vergebung zu erhalten. Dieser weist ihn jedoch ab: Ebenso wenig wie der Stab in seiner, des Papstes Hand, zu grünen beginne, so wenig könne Tannhäuser auf Gottes Gnade hoffen. Der Ritter kehrt in den Venusberg zurück; die Boten des Papstes, dessen Stab zu grünen begonnen hatte, erreichen ihn nicht mehr. 1515 in Nürnberg erstmals gedruckt, entfaltete die Ballade große Wirkung. Vor allem nach ihrer Aufnahme in die Gedichtsammlung Des Knaben Wunderhorn (1805-1808) erzählten die Dichter der Romantik die Legende in vielen Fassungen neu (Ludwig Tieck Der getreue Eckart und der Tannhäuser 1799; Heinrich Heine 1836[1]). Der Mythos um sein Leben lieferte schließlich Richard Wagner den Grundstoff für seine romantische Oper Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg (Uraufführung 1845).

Literatur

Textausgaben

  • Ralf-Henning Steinmetz [u.a.] (Hrsg.): Die Dichtungen des Tannhäusers – Kommentierte Kieler Online-Edition. Germanistisches Seminar, Kiel 2006–2011. [vollständige Textausgabe im PDF-Format, nach modernen Prinzipien ediert und größtenteils mit textnahen Übersetzungen versehen]
  • Maria Grazia Cammarota, Jürgen Kühnel: Tannhäuser, Die Gedichte der Manessischen Handschrift. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Einleitung, Edition, Textkommentar von Maria Grazia Cammarota, Übersetzungen von Jürgen Kühnel. Kümmerle, Göppingen 2009, ISBN 978-3-86758-004-5 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik; Band 749). [eigenwillig edierter Text, aktueller Kommentar, recht freie Übersetzung, die zum Teil auf eine andere Textgrundlage zurückgeht]
  • Burghart Wachinger (Hrsg.): Deutsche Lyrik des Spätmittelalters. Deutscher Klassiker-Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-618-66220-3, S. 172–217 u. 717–737 (Bibliothek des Mittelalters, Band 22 = Bibliothek deutscher Klassiker, Band 191). [modern edierte Teilausgabe von Nr. I, III, X, XI, XIII, XIV mit Übersetzungen und ausführlichem Kommentar]
  • Werner Höver, Eva Kiepe[-Willms]: Gedichte 700–1300; nach den Erstdrucken und Handschriften in zeitlicher Folge. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1978, ISBN 3-423-04015-7 (Epochen der deutschen Lyrik in 10 Bänden, hrsg. von Walther Killy; Band 1). [handschriftennah edierte Teilausgabe von Nr. III, IX, XI, XIII, XIV mit Übersetzungen]
  • John Wesley Thomas: Tannhäuser, poet and legend: with texts and translations of his works. University of North Carolina Press, Chapel Hill 1974, ISBN 0-8078-8077-9 (University of North Carolina studies in the Germanic languages and literatures; Band 77). [fehlerhafter diplomatischer Abdruck der handschriftlichen Texte, gereimte und sehr freie englische Übersetzung]
  • Helmut Lomnitzer, Ulrich Müller (Hrsg.): Tannhäuser: die lyrischen Gedichte der Handschriften C und J; Abbildungen und Materialien zur gesamten Überlieferung der Texte und ihrer Wirkungsgeschichte und zu den Melodien. Kümmerle, Göppingen 1973, ISBN 3-87452-111-7 (Litterae; Band 13). [Abbildungen der handschriftlichen Texte und des Textes von Siebert]
  • Johannes Siebert: Der Dichter Tannhäuser: Leben, Gedichte, Sage. Niemeyer, Halle/Saale 1934. Nachdruck: Olms, Hildesheim 1980. [lange Zeit die einzige vollständige und vollständig kommentierte Ausgabe und als solche Grundlage der Forschung des 20. Jahrhunderts, heute in vielem veraltet, enthält auch weitere Texte der Tannhäuser-Tradition]

Forschungsliteratur

  • Philip Stefan Barto: Tannhauser and the Mountain of Venus. A Study in the Legend of the Germanic Paradise. Kessinger Pub. Co. 2007. ISBN 978-0548099131 (Bei zeno.org)
  • Richard M. MeyerTannhäuser. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 37, Duncker & Humblot, Leipzig 1894, S. 385–388.
  • Dietz-Rüdiger Moser: Die Tannhäuser-Legende. Eine Studie über Intentionalität und Rezeption katechetischer Volkserzählungen zum Buß-Sakrament. Fabula: Supplement-Serie, Reihe B. Untersuchungen; 4. De Gruyter, Berlin 1977, ISBN 3-11-005957-6 (Besprechung)
  • Johann Schrenk: Tannhäusers Heimat. Gunzenhausen 2003, ISBN 3-924270-38-4 (Auf den Spuren der Dichter und Denker durch Franken, Band 1).
  • Burghart Wachinger: Tannhäuser. In: Verfasserlexikon, Band 9, 2. Auflage de Gruyter, Berlin [u.a.] 1995, Sp. 600-610.
  • Burghart Wachinger: Vom Tannhäuser zur Tannhäuser-Ballade. In: Zeitschrift für deutsches Altertum. 125, 1996, S. 125-141.

Weblinks

 Commons: Tannhäuser – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Der Tannhäuser. In: Heinreich Heine: Neue Gedichte. 1844. Ausgabe bei wikisource.

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