- Thomas Michael Disch
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Thomas M. Disch (* 2. Februar 1940 in Des Moines, Iowa; † 4. Juli 2008 in New York) war ein US-amerikanischer Science-Fiction-Autor und Dichter. Er wurde mehrmals für den Hugo Award und den Nebula Award nominiert und gewann 1999 den Hugo Award für sein Sachbuch „The Dreams Our Stuff Is Made Of“, einen ironischen Blick auf das Thema Science Fiction.
Seine ersten Texte erschienen in den 1960er-Jahren in Science-Fiction-Magazinen, und sein erster Roman „The Genocides“ wurde 1965 publiziert. Disch galt bald als Teil der New-Wave-Science-Fiction, indem er für „New Worlds“ und andere Avantgarde-Zeitschriften schrieb. Zu seinen ambitioniert-gesellschaftskritischen Romanen aus dieser Zeit gehören „Camp Concentration“ (1968) und „334“ (1972). „On Wings of Song“ (1979) gewann den John W. Campbell Memorial Award. Seine Novelle „The Brave Little Toaster“ (1980) wurde von Disney verfilmt. Später verlegte sich Disch mit einer Serie von Büchern, die in Minneapolis spielen, von Science-Fiction auf Horror: „The Businessman: A Tale of Terror“ (1984), „The M.D.: A Horror Story“ (1991), „The Priest: A Gothic Romance“ (1994) und „The Sub: A Study in Witchcraft“ (1999). Neben weiteren nicht-fiktiven Arbeiten hat er Theater- und Opernkritiken für New York Times, The Nation und andere wöchentlich erscheinende Magazine geschrieben. Er hat ebenfalls mehrere Gedichtbände veröffentlicht.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Thomas Michael Disch wurde am 2. Februar 1940 in Des Moines als Sohn eines Handelsreisenden geboren. Aufgrund einer Polio-Epidemie im Jahre 1946 unterrichtete ihn seine Mutter Helen ein Jahr lang daheim. Als Ergebnis dessen übersprang er die erste Klasse und besuchte nach dem Kindergarten gleich die zweite Klasse. Dischs erster offizieller Schulunterricht fand an katholischen Schulen statt; diese Erfahrung spiegelt sich in einem Teil seiner Werke wider, die beißende Kritik an der katholischen Kirche enthalten. Die Familie zog 1953 in die Zwillingsstadt Minneapolis/St.Paul (Minnesota) und lebte nun in der Nähe der vier Großeltern. An den Public Schools von Minneapolis entdeckte Disch seine große Liebe für Science-Fiction, Drama und Dichtung. Er bezeichnet die Dichtung als seinen Schlüssel zur Tür der literarischen Welt. (Eine Lehrerin, Jeannette Cochran, gab ihm 100 Zeilen Gedichte zum Auswendiglernen als Hausaufgabe auf. Disch lernte zehn mal so viel.)
Nach dem Highschool-Abschluss im Jahre 1957 nahm Disch einen Ferienjob als technischer Zeichner an. Nachdem er für einen Umzug nach New York City genug Geld gespart hatte, fand er in Manhattan eine Wohnung und begann seine Energien in verschiedene Richtungen zu kanalisieren. Er arbeitete als literarischer „spear-carrier“ für die Metropolitan Opera, danach für einen Buchladen und eine Zeitung. Mit 18 Jahren wurde er zur Armee einberufen. Dischs Unverträglichkeit mit der Armee resultierte schnell in einem knapp dreimonatigen Aufenthalt in einem Krankenhaus für psychisch Kranke. Nach seiner Entlassung kehrte er nach New York zurück und fuhr damit fort, die Künste auf seinem indirekten Weg zu verfolgen: ein Job an der Garderobe eines Theaters, einer bei einer Versicherung und zusätzlich der Besuch eines Abendstudiums (ursprünglich der Architektur) an der Universität New York, wo Unterricht im Schreiben von Novellen und utopischer Fiktion seinen Geschmack für die gängigen Formen und Themen der Science-Fiction formte.
Im Mai 1962 entschloss Disch sich dazu, statt fürs Semester zu lernen eine Kurzgeschichte zu schreiben. Er verkaufte die Geschichte „The Double Timer“ für 112,50 $ (Francaville). Nun kehrte er nicht an die Universität New York zurück, sondern nahm weitere Gelegenheitsarbeiten an, wie „bank teller“, Assistent im Bestattungsinstitut und Copy-Editor – sie alle gaben ihm die Gelegenheit, nachts zu schreiben. Während der nächsten Jahre schrieb er vermehrt Science-Fiction-Geschichten, aber auch Gedichte; sein erstes veröffentlichtes Gedicht, „Echo und Narziss“, erschien 1964 in der Sommerausgabe der Minnesota Review (Davis). Einige frühe Bücher schrieb er zusammen mit John Sladek, sie wurden unter gemeinschaftlichem Pseudonym veröffentlicht.
Schreiben war nun der Schwerpunkt in seinem Arbeitsleben. Disch beschreibt seine Veränderung so: vom Dilettanten zu „jemanden der weiß, was er tun will und so beschäftigt ist, das zu tun, dass er nicht viel Zeit für irgendetwas anderes hat“. Einige Bücher folgten, darunter Science-Fiction-Novellen und Geschichten, Gothic-Arbeiten, Kritiken, Theaterstücke, Prosa und Verse, Kinderbücher wie „A Child’s Garden of Grammar“ und zehn Gedichtsammlungen. Seine Gedichte enthalten Experimente innerhalb der traditionellen Formen – wie der kollaborative Zyklus von Sonetten „Highway Sandwiches“ und „Haikus of an AmPart“, während andere wie „ABCDEFG HIJKLM NPQRST UVWXYZ“ und „The Dark Old House“ die strenge und die freie Form miteinander mischen. Für den Komponisten Gregory Sandow verfasste Disch das Libretto für eine „Frankenstein“-Oper sowie für eine Oper nach Der Untergang des Hauses Usher von E. A. Poe[1].
Seine zwei größten Werke zu Gedichtbesprechungen, „The Castle of Indolence: On Poetry, Poets, and Poetasters“ und „The Castle of Perseverance: Job Opportunities in Contemporary Poetry“ konzentrieren sich darauf, wie Gedichte funktionieren, was sie beliebt macht und wie die Dichtkunst sich in der modernen Kultur wieder etablieren kann.
Seine Arbeiten als freier Journalist beinhalteten regelmäßige Buchbesprechungen und Theaterkritiken für „The Nation“, „Harpers“, „The Washington Post“, „The Los Angeles Times“ und „Entertainment Weekly“. Bekanntgeworden durch seine preisgekrönten Bücher, wurde er eingeladen, ein Jahr als „artist-in-residence“ am William and Mary College zu verbringen.
Dischs Privatleben blieb privat. Seit 1968 war Dischs Homosexualität offiziell bekannt. In seinem Roman „On Wings of Song“ von 1979 klingt das durch, Disch schrieb aber nicht für ein bestimmtes Publikum: „Ich bin zwar schwul, schreibe aber keine „schwule“ Literatur.“ (Quelle: Horwitz 2001)
Dischs Gedichte blieben in Amerika lange unbekannt, bis 1989 eine Retrospektive mit dem Titel „Yes, let’s“. A book of new poetry, dark verses & light“ herausgebracht wurde. Disch veröffentlichte 1995 und 2002 zwei Ausgaben von Gedichtkritiken und schrieb weiterhin für Magazine wie „Poetry“, „Light“, „Paris Review“, „Partisan Review“ und sogar „Theology Today“.
Disch starb im Juli 2008 im Alter von 68 Jahren durch Suizid.
Kultureller Hintergrund
Thomas Michael Disch wuchs im Mittleren Westen der USA auf, lebte als junger Erwachsener in New York City und ist viel gereist. Er hat in England, Spanien, Italien und Mexiko gelebt. Die vergangenen 20 Jahre ist er New Yorker geblieben: „Eine Stadt wie New York ist meiner Meinung nach die ganze Welt.“
Seine ersten Gedichte wurden 1964 gedruckt und 1972 erstmals als Sammlung herausgegeben. Obwohl er seine Gedichte einem anderen Publikum als dem für Science-Fiction vorstellte und dafür seinen Namen auf Tom Disch änderte, ähneln sich die Arbeiten beider Genres. Disch spätere Werke der Science-Fiction wurden ernsthafter, erwachsener und oft dunkleren Stils. Diese Bewegung wurde „New Wave“ genannt und wollte zeigen, dass die Themen von Science-Fiction sich weiterentwickelt hatten. Viele seiner Werke aus der anspruchsvolleren Science-Fiction wurde erstmals von dem englischen Autoren Michael Moorcock im Magazin „New Worlds“ herausgegeben.
Disch hat viele Formen und Genres ausprobiert und dabei immer zu seinen Wurzeln in der Science-Fiction zurückgekehrt. „Ich habe eine Klassentheorie zur Literatur. Ich komme einfach aus der falschen Gegend, um meine Arbeiten an „The New Yorker“ zu verkaufen. Wie gut ich als Künstler auch sein mag, sie wittern immer, woher ich komme.“ (Quelle: Horwitz 2001)
Computerspiel
1987 arbeitete Disch mit der Software-Firma Cognetics Corporation in New Jersey zusammen und dem Spielehersteller „Electronic Arts“, um das Spiel „Amnesia“ spielbar für den Commodore 64, Apple II und IBM-Computer zu entwickeln. Der Titel basiert auf einer Technologie, die von Charles Kreitzberg von Cognetics entwickelt wurde; produziert von Don Daglow und programmiert von Kevin Bentley. Es unterscheidet sich von anderen Texten durch die leidenschaftliche Sprache und unübersehbare Liebe zur Energie der Stadt New York. Obwohl das Textformat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon wieder veraltet war und das Spiel nur geringen Erfolg hatte, war es doch ein Pionier für die Jahre später beliebte Idee, die Straßen des gesamten Bereichs von Manhattan südlich der 110ten Straße zu visualisieren und dem Anwender einen virtuellen Besuch jeder Straßenecke zu ermöglichen und damit die Handlung voranzutreiben. Obwohl die begrenzte Aufnahmekapazität der Floppy Disks in den 1980ern etliche Kürzungen an Dischs Originaltext über die Stadt erzwang, wurden viele Plätze und Menschen Manhattans mit der eigentümlichen, liebevollen Wortakrobatik beschrieben, die Disch eigen war.
Auszeichnungen (Auswahl)
- 1980 Campbell Award (bester Roman) für On Wings of Song
- 1980 British Science Fiction Association Award für The Brave Little Toaster
- 1981 Locus Award (in der Kategorie Novelette) für The Brave Little Toaster
Übersetzte Werke
- The Genocides, 1965 (Die Feuerteufel, 1975, übersetzt von Walter Brumm)
- Mankind Under the Leash, 1966 (Die Herrschaft der Fremden, 1979, übersetzt von Horst Pukallus)
- Echo Round His Bones 1967 (Die Duplikate, 1972, übersetzt von Fritz Steinberg)
- Camp Concentration, 1968 (Camp Concentration, 1971/1983, übersetzt von Gertrud Baruch)
- 334, 1972 (Angouleme, 1977/1983, übersetzt von Walter Brumm)
- On Wings of Song, 1979 (Auf Flügeln des Gesangs, 1982/1986, übersetzt von Irene Holicki)
- The Businessman: A Tale of Terror, 1984 (Das Geschäft mit dem Grauen. Die Ausgeburt des Bösen, 1986)
- Der Merkurstab, 1993, übersetzt von Joachim Honnef
- Brave Little Toaster (Novelle), 1980 (Tapferer kleiner Toaster, in: Fenster. Eine Auswahl der besten Erzählungen aus The Magazine of Fantasy and Science Fiction, 61. Folge, hrsg. von Manfred Kluge, 1982)
- Under Compulsion (Erzählungen), 1968 (Jetzt ist die Ewigkeit, 1972, übersetzt von Fritz Steinberg)
- The Man Who Had No Idea (Erzählungen), 1982 (Der Mann ohne jede Idee, 1991)
- The Ruins of Earth (Erzählungen, als Hrsg.), 1971 (Die letzten Blumen, 1981)
Audio
- Can you hear me, think tank two?, 2001 (als Tom Disch), CD mit vom Autor gelesenen englischen Texten („thought crimes in prose and poetry“), aufgenommen und produziert von David Garland.
Sekundärliteratur
- Heinrich Keim: New Wave – die Avantgarde der modernen anglo-amerikanischen Science Fiction? Eine Untersuchung des literarischen Phänomens „New Wave“ anhand der Werke von James Graham Ballard, Michael Moorcock, Brian Wilson Aldiss, John Brunner, Norman Spinrad, Thomas M. Disch, John T. Sladek, Roger Zelazny, Samuel R. Delany. Corian-Verlag, Meitingen 1983. ISBN 3-89048-301-1
- Christopher Ecker: Warum wir alle Pyramiden bauen sollten. Eine Begegnung mit Thomas M. Disch (1940-2008), in: Sascha Mamczak und Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 2009, München 2009, S. 506–560. ISBN 978-3-453-52554-2
Quellen
- ↑ Vgl. Heyne Science Fiction Magazin # 5, München 1982, ISBN 3-453-30860-3, S. 287.
Weblinks
- Literatur von und über Thomas Michael Disch im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Thomas M. Disch Fantastic Fiction Bibliografie (englisch)
- Thomas Michael Disch in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- “Death: Thomas M. Disch”, LOCUS online, 6. Juli 2008 (englisch)
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