Haakjöringsköd

Haakjöringsköd

Der Haakjöringsköd-Fall ist ein berühmter deutscher Rechtsstreit, den das Reichsgericht am 8. Juni 1920 entschieden hat. (Aktenzeichen II 549/19. Fundstelle: RGZ 99, 147.)

Inhaltsverzeichnis

Sachverhalt

Der Kläger kaufte am 18. November 1916 beim Beklagten per Dampfer („Jessica“) ca. 214 Fass Haakjöringsköd aus Norwegen zu einem Preis von 4,30 Mark pro Kilo. Dabei sind beide davon ausgegangen, dass es sich bei Haakjöringsköd um Walfleisch handelt. Tatsächlich bezeichnet im Norwegischen der Begriff „Haakjöringsköd“ (eigentlich: haakjærringkjøt, nach heutiger Rechtschreibung: håkjerringkjøtt) jedoch Haifischfleisch: Håkjerring ist der Grönlandhai. Die Fässer des Schiffes enthielten auch in der Tat Haifischfleisch.

Im Gegensatz zu Walfleisch gab es bei Haifischfleisch als Folge des Ersten Weltkriegs allerdings Einfuhrbeschränkungen. Dies führte dazu, dass die Ladung beim Eintreffen im Hamburger Hafen von der staatlichen Zentral-Einkaufsgesellschaft beschlagnahmt wurde. Dem Käufer wurde zwar für das Fleisch ein Übernahmepreis gezahlt, jedoch war dieser erheblich niedriger als der Kaufpreis. Ihm entstand dadurch ein Schaden von 47.515,90 Mark.

Rechtsweg

Der Klage des Käufers auf Zahlung von 47.515,90 Mark wurde vor dem Landgericht Hamburg (Kammer für Handelssachen) stattgegeben. Die Berufung des Verkäufers vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg wurde zurückgewiesen. Auch vor dem Reichsgericht hatte der Verkäufer keinen Erfolg.

Bedeutung

Bedeutend ist der Fall, da das Reichsgericht festgestellt hat, dass zwischen dem Käufer und dem Verkäufer ein Vertrag über Walfleisch zustandgekommen ist, obwohl beim Vertragsschluss beide den Ausdruck Haakjöringsköd verwendet hatten. Der Fall ist somit das Musterbeispiel für den Grundsatz falsa demonstratio non nocet.

Der Fall betrifft zudem noch andere interessante Fragen, die aber mittlerweile zum Teil geklärt oder überholt sind: Die Parteien hatten einen Vertrag über Walfleisch geschlossen, der Verkäufer hatte Haifischfleisch geliefert. Damit stellten sich für das Reichsgericht vor allem die Fragen nach dem Fehlerbegriff des § 459 BGB a.F. und der Möglichkeit der Anfechtung des Vertrages gem. § 119 II.

Wie die Trierer Weinversteigerung ist Haakjöringsköd einer der klassischen Fälle, denen Jurastudenten im ersten Semester begegnen.

Siehe auch

Literatur

  • Albrecht Cordes: Der Haakjöringsköd-Fall. Jura 1991, 352.
  • Michael Martinek: Haakjöringsköd im Examinatorium. JuS 1997, 136.

Weblinks

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