Ulcus ventriculi

Ulcus ventriculi
Klassifikation nach ICD-10
K25.- Ulcus ventriculi
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Ein Magengeschwür (auch Magenulkus oder Ulcus ventriculi) ist ein lokalisierter Defekt der Magenschleimhaut. Ursächlich für das Geschwür ist ein Missverhältnis zwischen aggressiven Faktoren (Magensäure) und den Schutzmechanismen des Magens. Oft ist für den Befall der Magenschleimhaut ein erst Mitte der 1980er Jahre von John Robin Warren und Barry Marshall identifiziertes Bakterium (Helicobacter pylori) verantwortlich.

gutartiges Magengeschwür des Antrums

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Häufigste Ursache ist die Magenschleimhautentzündung (Gastritis) durch bestimmte Helicobacter pylori (75 %). Seltenere Ursachen sind die längere Einnahme von bestimmten Medikamenten (schmerz- und entzündungshemmende Mittel), körperlicher Stress (z. B. schwere Krankheit) oder andere Erkrankungen (z. B. Hyperparathyreoidismus, Zollinger-Ellison-Syndrom). Heute wird in der Medizin kaum noch die Ansicht vertreten, dass Magengeschwüre, wie früher angenommen, allein durch zu viel Magensäure verursacht werden, sondern man misst der Störung der Magenschleimhautproduktion eine größere Bedeutung in der Pathogenese zu. Dennoch gilt: "Ohne Säure kein Ulkus" und hier setzen auch die meisten Medikamente an, so z.B. Protonenpumpenhemmer, H2-Antihistaminika und Antazida.

Die genaue Ursache und Entwicklung des Ulcus ventriculi konnte noch nicht ganz festgestellt werden, der größte Durchbruch der letzten Jahre war jedoch der Nachweis, dass Helicobacter pylori eine erhebliche Beteiligung an der Entwicklung des Magengeschwürs wie auch an der Bildung des Geschwürs im Zwölffingerdarm Ulcus duodeni hat. Laut offiziellen Angaben des Umwelt-Medizinischen-Informations-Dienstes sind etwa 35 % der deutschen Bevölkerung mit Helicobacter pylori infiziert. Jedoch nur ca 10% der Infizierten entwickeln weitere Beschwerden.

Exogene Faktoren, die zur Schädigung der Magenschleimhaut beitragen, sind Nikotingenuss, Alkohol, Medikamente und lärmbedingter oder beruflicher Stress. Ein direkter Zusammenhang dieser Faktoren mit der Entstehung eines Magengeschwürs wurde jedoch noch nicht nachgewiesen.

Epidemiologie und Einteilung

Das Magenulkus betrifft mehr Männer als Frauen. Etwa jeder 20. Mann über 35 erkrankt im Laufe seines Lebens an einem Magengeschwür. In Deutschland gibt es etwa 40.000 Fälle jährlich. Die Erkrankung nimmt nach dem 40. Lebensjahr zu, sie kann aber auch vor dem siebten Lebensjahr auftreten, wobei die Ursachen eher durch Medikamente und Stress bedingt sein sollen.

  • Inzidenz: 0,044 % bei über 15-Jährigen (bezogen auf den Großraum Kopenhagen)
  • Prävalenz: 0,28 % (bezogen auf Finnland)

Außerdem sind große geographische Unterschiede bei der Epidemiologie des Magenulkus zu beobachten. So tritt in den meisten westeuropäischen Ländern das Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni) drei- bis neunmal so häufig auf wie Japan, Süd-Norwegen oder Peru, wo jeweils das Magenulkus überwiegt.

Ulcera werden nach Johnson in vier Typen unterteilt.

  • Typ I: Hochsitzendes Ulcus ventriculi
  • Typ II: Gastroduodenales Kombinationsulcus (betrifft Magen und Zwölffingerdarm)
  • Typ III: Distales Ulcus ventriculi (Präpylorisch = vor dem Magenausgang)
  • Typ IV: Duodenalulcus (Zwölffingerdarmgeschwür)

Lokalisation

Das chronische Magengeschwür liegt meist an den Grenzen des Antrum zu Pylorus und Korpus, welche auch die Hauptlokalisationen der Helicobacter-Pylori-Gastritis sind.

Schichtung

Das Ulcus ventriculi weist eine typische Schichtung auf (absteigend mit der Magen-nächsten beginnend)[1]:

Aufgrund dieser Schichtung muss bioptisches Material möglichst randnah (obere Schichten) entnommen werden, um mögliche entartete Zellen nachweisen zu können.

Symptome

Häufigste Folge von Magengeschwüren sind beim Menschen drückende und brennende Magenschmerzen, vor allem nach dem Essen, da die aggressive Magensäure die Magenschleimhaut verletzt. Lebensbedrohliche Komplikationen sind die Blutung aus dem Geschwür und der Magendurchbruch bis hin zum Blutsturz. Beachtenswert ist dabei, dass etwa 1/3 aller Patienten erst im Komplikationsstadium symptomatisch werden. Lange bestehende Geschwüre können zu einer Verengung des Magenausgangs (Pylorusstenose) führen und Magenkrebs begünstigen.

Diagnosestellung

Eine sichere Diagnose kann nur durch eine Magenspiegelung (Gastroskopie) erfolgen. Hierbei werden Gewebeproben entnommen, in denen Helicobacter pylori nachgewiesen werden kann, außerdem kann ein Krebsleiden ausgeschlossen werden. Seit einiger Zeit gibt es auch einen Helicobacter-Atemtest, ein bequemes, nicht invasives Messverfahren, bei dem mit hoher Genauigkeit der Befall mit Helicobacter pylori über die Atemluft nachgewiesen werden kann. Blutuntersuchungen sind wenig hilfreich.

Ein Magen-/Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus ventriculi/duodeni) kann sich durchaus auch ohne größere Magen- und Verdauungsbeschwerden in starken bis sehr starken Rückenmuskulaturkrämpfen oder Unterbauchkrämpfen äußern. Bei länger andauernden heftigen Rückenverspannungen, die mit herkömmlichen Methoden nicht therapierbar sind, ist auch ein Magengeschwür in Betracht zu ziehen.

Therapie

Die früher übliche operative Therapie (z. B. Magenteilresektionen nach Billroth) ist in den letzten Jahren von effektiven medikamentösen Behandlungen verdrängt worden und heute nur noch bei Komplikationen notwendig.

Wenn bei einem Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür Helicobacter pylori nachgewiesen wurde, wird dieser Keim abgetötet (Eradikation). Hierzu wird eine Antibiotika-Kombination zusammen mit einem Protonenpumpenhemmer über eine Woche verabreicht (siehe Therapie der Helicobacter pylori-Infektion). Zur Abheilung des Geschwürs wird die Säureproduktion des Magens mit einem so genannten Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitor, PPI) vermindert. Schleimhautschädigende Faktoren (Rauchen, Alkohol, säurehaltige Getränke, Kaffee, fettiges, scharfes, salziges Essen, einige Schmerz-Medikamente) sollten gemieden werden. Hierunter heilt im Regelfall das Geschwür ab.

Aus jedem Magengeschwür müssen Gewebeproben entnommen werden, um bösartige Geschwüre zu diagnostizieren. Zusätzlich ist eine Kontroll-Gastroskopie nach etwa sechs Wochen erforderlich, um eine vollständige Abheilung zu sichern, da nicht abheilende Geschwüre immer als krebsverdächtig gelten.

Literatur

  • Yvonne Syha, Laura Popescu, Mario Wurglics, Manfred Schubert-Zsilavecz: Geschichte der Ulcustherapie. In: Pharmazie in unserer Zeit. Bd. 34(3), 2005, S. 188 - 192, ISSN 0048-3664

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Böcker et al. Pathologie, 3.A., 2004, ISBN 3437423819, S.684
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