Basenkost

Basenkost

Basische Ernährung ist eine Ernährungsform, die seit etwa 1970 in der Alternativmedizin bzw. Komplementärmedizin häufig als gesundheitsfördernd und heilend empfohlen wird. Dabei werden Nahrungsmittel bevorzugt, die angeblich weniger säureproduzierende Anteile und mehr basisch wirkende Anteile enthalten. Von der wissenschaftlichen Medizin und Ernährungswissenschaftlern wird diese Ernährungsweise nicht als therapeutisch wirksam eingestuft.

Inhaltsverzeichnis

Theorie

Begründung für die so genannte basische Ernährung ist die Hypothese, der Körper würde durch zu viele säureproduzierende Anteile in den Nahrungsmitteln der üblichen „Zivilisationskost“ „übersäuert“, was den Säure-Basen-Haushalt des Körpers in ein gesundheitsschädliches Ungleichgewicht bringe. Eine derartige Übersäuerung habe auf die Dauer gesundheitsschädigende Folgen, die sich in Form von diversen Krankheiten und chronischen Leiden äußern würden, wie zum Beispiel Gicht, Arthrose, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Neurodermitis, Osteoporose, Muskelschmerzen, chronische Müdigkeit, Schlafstörungen, Herzrhythmusstörungen, Allergien und auch Krebs. Es gibt Alternativmediziner, die im Grunde jede Erkrankung mit Übersäuerung in Verbindung bringen.

Die genannten Folgen einer dieser Hypothese entsprechenden alimentär bedingten Übersäuerung werden dadurch erklärt, dass die überschüssigen Säuren im Körper, welche überwiegend im Bindegewebe gespeichert würden, basische Mineralien des Körpers z.B. aus den Knochen an sich binden würden und Salze bildeten, was schließlich u.a. zur Demineralisation des Knochengewebes führe. Außerdem lagerten sich die entstehenden Salze wie auch die Säuren selbst in Zellen und Geweben, insbesondere in dem Bindegewebe aller Organe, ab. Solchen als pathologisch bezeichneten Prozessen beuge die Basische Ernährung vor. Außerdem könne sie bereits vorhandene Krankheiten heilen.

Das Phänomen einer akuten Übersäuerung (Azidose) und als Gegenteil davon Alkalose sind in der evidenzbasierten Medizin auf der Ebene des Blutes und des Gewebes bekannt. Bei gesunden Menschen treten diese Zustände nach Auffassung der Medizin nur kurzfristig auf, der Körper reguliert das Säure-Basen-Gleichgewicht selbstständig. Überschüssige Säuren werden über die Nieren ausgeschieden, beim Ausatmen wird Kohlensäure ausgeschieden; auch der Schweiß enthält Säuren, ebenso der ausgeschiedene Kot. Dauerhafte Azidosen sind nur bei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus und Funktionsstörungen der Nieren bekannt. Sind permanent zuviele Säuren im Blut, wird zum Ausgleich nach einiger Zeit Kalzium aus den Knochen abgebaut, was Osteoporose begünstigt. Eine permanent überhöhte Eiweißzufuhr erhöht den Harnsäurespiegel und kann zu Gicht führen.

Im Konzept der Basischen Ernährung ist nicht die akute Azidose des (arteriellen) Blutes gemeint, die als Blutazidose bezeichnet wird und auch nicht der Harnsäurespiegel, sondern eine angebliche chronische Übersäuerung des Körpergewebes. Da sie ernährungsbedingt sei, wird sie auch seit einigen Jahren als alimentäre chronische Gewebeazidose bezeichnet (alimentum = Nahrung). Es wird davon ausgegangen, dass auch gesunde Menschen überschüssige Säuren auf Dauer nicht ausscheiden können, was krankheitsfördernd wirke. [1]

Die Theorien zur Übersäuerung des Körpers wurden Anfang des 20. Jahrhunderts populär und von mehreren Diät-Begründern vertreten, darunter Howard Hay (Trennkost), Otto Heinrich Warburg, Maximilian Bircher-Benner und Are Waerland (Waerland-Kost). Bircher-Benner machte die Harnsäure für die Entstehung von Krebs verantwortlich. Warburg stellte die Hypothese auf, dass Krebszellen nur in einem sauren Milieu gedeihen können und über einen so genannten Gärungsstoffwechsel verfügen. Nach aktuellem Forschungsstand ist die Gärung in Krebszellen jedoch nicht die Ursache, sondern die Folge des Tumorwachstums.[2]

Geschichte

Die These, dass ein Ungleichgewicht von Säuren und Basen im Körper Krankheiten verursache, wurde vermutlich zum ersten Mal von Francis de la Boe Sylvius im 17. Jahrhundert aufgestellt, damals noch bezogen auf die „Körpersäfte“ gemäß den Vorstellungen der Humoralpathologie. Die Empfehlung lautete, die Patienten entsprechend mit Säuren oder mit Laugen zu behandeln. Anfang des 20. Jahrhunderts griffen zunächst Howard Hay und Franz Xaver Mayr diese Theorie auf. Von Mayr stammt der Ausspruch „die Säure ist das Zellgift schlechthin“.[3]

Populär wurde die Säure-Basen-Theorie vor allem durch den schwedischen Biochemiker Ragnar Berg, der den angeblichen Säure- und Basengehalt in vielen Lebensmitteln durch Analysierung der Asche nach der Verbrennung ermittelte. Er setzte Kationen mit Basen und Anionen mit Säuren gleich. Diese Befunde korrelierten mit ermittelten Harnwerten nach vorwiegend pflanzlicher und überwiegend fleischlicher Kost. Berg formulierte daraufhin die Theorie vom Säureüberschuss im Körper, die schließlich sogar zum „Säuretod“ führen könne, da er die Ketose bei Diabetikern mit Übersäuerung in Verbindung brachte.[3] Diese Theorie wurde von Bircher-Benner aufgegriffen: „Wächst der Säureüberschuss so hoch an, dass die Nahrungsbasen nicht mehr hinreichen (...) so gerät der Organismus nach und nach in Säurenot, bis sich schließlich die Acidose, ein Zustand lebensgefährlicher Säurevergiftung, einstellt.“[3]

1927 erschien ein Buch des amerikanischen Arztes Alfred McCann auf Deutsch unter dem Titel Kultursiechtum und Säuretod, in der ebenfalls die Übersäuerungstheorie vertreten wird. Ein Zitat: „Wir wissen, daß die Fleischdiät das Blut ansäuert und daß des Menschen einzige Verteidigungsmöglichkeit gegen die Angriffe von Krankheiten auf der normalen Alkalinität des Blutes beruht.“ Weil die Säuren über die Nieren ausgeschieden werden, bezeichnete McCann Fleischesser als „Nierenmörder“.[3]

Lebensmittelauswahl

Bei der Basischen Ernährung soll die Ernährung zu etwa zwei Dritteln aus basischen Lebensmitteln bestehen. Zu den bevorzugten „Basenlieferanten“ gehören zum Beispiel Kartoffeln, Gemüse, vor allem dunkle Blattsalate, Obst, Rohmilch, Soja und Trockenfrüchte. Als „Säurebildner“ gelten vor allem Zucker und Süßwaren, helles Brot, Nudeln, Kaffee, schwarzer Tee, Fleisch, Wurst, Fisch, Käse, Eier, Erdnüsse und Alkohol.

Bewertung und Kritik

  • Die Eignung als dauerhafte Ernährungsform ist umstritten
  • Eine Wirksamkeit der basischen Ernährung bezüglich der Vermeidung von Krankheiten konnte bisher nicht nachgewiesen werden, abgesehen von Nebeneffekten durch eine insgesamt gesündere Ernährung (z. B. Fleischverzicht, Vermeidung von Kohlenhydraten mit hohem glykämischen Index).
  • Einen wissenschaftlich anerkannten Nachweis für die Übersäuerungstheorie gibt es nicht. Die hessische Verbraucherzentrale bezeichnet basische Ernährung und entsprechende Nahrungsergänzungsmittel als überflüssig. In ihrer Stellungnahme heißt es: „Die natürlichen Puffersysteme des Körpers, eine ausgewogene Ernährung mit reichlich Gemüse und Obst, mäßig tierischen Lebensmitteln, viel Trinken sowie Bewegung schützen ausreichend vor Übersäuerung.“[4]
  • Aus einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Ernährung: „Eine basenüberschüssige Kost bringt keine nachweisbaren gesundheitlichen Vorteile. Eine Übersäuerung des Körpers ist beim Gesunden nicht zu befürchten, da Puffersysteme den Säure-Basen-Spiegel im Blut und Gewebe konstant halten. Zu einer Azidose (Übersäuerung) kann es z.B. bei einer Stoffwechselentgleisung beim Diabetes mellitus kommen.“[5]
  • Ein saurer pH-Wert des Urins ist vor allem ein Beweis dafür, dass die Nieren tatsächlich überschüssige Säuren ausscheiden. Er schwankt im Laufe des Tages ständig. Dieser Wert ist kein sicherer Anhaltspunkt dafür, dass im Körper eine Übersäuerung vorliegt, dafür müsste der pH-Wert des Blutes ermittelt werden.
  • Ganz unterschiedliche Erkrankungen und Symptome prinzipiell monokausal auf die Ernährung zurückzuführen entspricht nicht dem aktuellen Kenntnisstand von Medizin und Ernährungswissenschaften.

Quellen

  1. Internetportal für basische Ernährung
  2. Deutsche Krebshilfe (Hg): Ernährung bei Krebs, 2005, S. 22
  3. a b c d Andrea Fock/Udo Pollmer: Die Geschichte der Basenkost
  4. Stellungnahme der Verbraucherzentrale Hessen (2006)
  5. Deutsche Gesellschaft für Ernährung (1998)

Literatur

  • Besson, Philippe-Gaston: Dynamisch Leben durch Säure-Basen-Gleichgewicht. Waldthausen Verlag, 1997.
  • Knophius, H.: Säure-Basen-Balance. Verlag Gräfe & Unzer, 2003.
  • Kraske, E.-M.: Säure-Basen-Balance. Verlag Gräfe & Unzer, 1999.


Weblinks

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