- Unterlassungsdelikt
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Ein Unterlassungsdelikt ist eine Straftat, die ein Unterlassen unter Strafe stellt. Anders als beim Begehungsdelikt wird man also bestraft, weil man etwas gerade nicht getan hat. Gemeinsames Tatbestandsmerkmal aller Unterlassungsdelikte ist, dass der untätig Gebliebene eine Möglichkeit zum Handeln gehabt haben muss.
Unterschieden werden echte und unechte Unterlassungsdelikte.
Inhaltsverzeichnis
Echte Unterlassungsdelikte
Sog. echte Unterlassungsdelikte sind schon der Formulierung des Tatbestandes nach als solche angelegt. Das deutsche Strafrecht kennt nur wenige Tatbestände dieser Art. So beispielsweise die Unterlassene Hilfeleistung oder die Nichtanzeige geplanter Straftaten. Kern des tatbestandlichen Inhalts ist ein Handlungsgebot.
Unechte Unterlassungsdelikte
Daneben kann aber fast jede als Begehungsdelikt formulierte Straftat als sog. unechtes Unterlassungsdelikt nach § 13 StGB auch durch Unterlassen verwirklicht werden. Voraussetzung dafür ist, dass das beanstandete Verhalten Handlungsqualität aufweist, und, dass den Unterlassenden eine sog. Garantenpflicht, d.h. eine Rechtspflicht zum Handeln traf. Im Kern wird hierbei eine Verbotsnorm verletzt.
Ist ein strafbewährtes positives Tun des Täters bereits effektiv geworden, so liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit im aktiven Tun und nicht im Unterlassen einer erforderlichen und gebotenen Handlung. Diese Abgrenzung kann Schwierigkeiten bereiten, wie ein klassischer Schulfall zeigt: A zieht Tochter B, die in einen Brunnen gefallen ist, mit dem Seil zunächst hoch. Dann lässt er B wieder ab und überlässt sie (strafbewährt) ihrem Schicksal. Alternativ dazu der Fall: A zieht von vornherein das Seil nicht hoch. B kann nicht gerettet werden. Soweit in letztgenannter Variante ein Unterlassen zu bejahen sein wird, kommt es in der Vorvariante entscheidend darauf an, bei welcher Verhaltensweise der Schwerpunkt des strafrechtlich relevanten Verhaltens liegt und welche normative Wertung ihm zukommt (sozialer Handlungssinn).
Der Unterlassungstatbestand wird erfüllt durch den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges (z.B. Tod bei § 212 StGB) wobei die zur Erfolgsabwendung objektiv gebotene Handlung gerade nicht vorgenommen wird, obwohl eine physisch-reale Möglichkeit der Erfolgsabwendung bestand und ebenso eine besondere Pflichtenstellung (Garantenstellung, § 13 StGB), sei es aus Gesetz (s.o.), enger Lebensgemeinschaft, tatsächlicher Übernahme von Schutzpflichten, Verantwortlichkeit für Gefahrenquellen (Verkehrssicherungspflicht), Aufsichtspflicht oder Ingerenz (= pflichtwidriges gefährdendes Vorverhalten).
Für die Verknüpfung des tatbestandlichen Erfolges mit dem Unterlassen zum Tatvorwurf, bedarf es der Kausalität. Diese erfolgt in Umkehrung der aus der Äquivalenztheorie entwickelten conditio-sine-qua-non-Formel per hypothetischer Prüfung dahingehend, dass die dem Täter mögliche und gebotene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele. Um die ausufernden Wirkungen des Äquivalenzansatzes einzudämmen, muss die objektive Zurechenbarkeit geprüft werden. Unzumutbar ist beispielsweise eine Selbstgefährdung.
Subjektiv hat der Täter Kenntnis aller objektiven Tatbestandsmerkmale sowie der Garantenstellung und auch der Erfolgsabwendungsmöglichkeit. Gleichwohl will er untätig bleiben.
Mit der tatbestandlichen Garantenstellung korrespondiert auf Ebene der Rechtswidrigkeit die Garantenpflicht. Irrtümer über die Garantenpflicht sind dem Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB zuzuordnen. Ein anderes Problem das auftauchen kann, ist das Vorliegen einer rechtfertigenden Pflichtenkollision, die dann eintritt, wenn zwei oder mehrere gleichrangige Handlungspflichten bestehen, aber nur eine erfüllt werden kann und auch wird. Soweit die Rechtsgüter gleichrangig sind, verbleibt ein gerechtfertigtes Wahlrecht. Anders aber, wenn die Güterwertigkeit ungleich ist; hier ist das höherwertige Rechtsgut zu schützen. Widrigenfalls liegt Rechtswidrigkeit der Entscheidung vor.
Literatur
- Adam, Ahmed: Der Rücktritt vom versuchten unechten Unterlassungsdelikt. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2007, ISBN 978-3-8300-2958-8
- Engisch, Karl: Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, Mohr Siebeck, Tübingen 1931.
- Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 55. Aufl., C. H. Beck, München 2008. (ISBN 978-3-406-56599-1)
- Greco, Luis: Kausalitäts- und Zurechnungsfragen bei unechten Unterlassungsdelikten, Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik Heft 08/09 Seite 674
Weblinks
- Kleiner Online-Crashkurs zu den Unterlassungsdelikten (deutsches Recht).
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