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Der Begriff Vierjahresplan ist in der Zeit des Nationalsozialismus entstanden und bezeichnete zunächst eine politische Propagandalosung von Reichskanzler Adolf Hitler aus dem Jahre 1933 („Gebt mir vier Jahre Zeit!“). Ab April/Mai 1936 entstand aus dem Vierjahresplan unter Hermann Göring eine große bürokratische Institution im Rang einer Obersten Reichsbehörde.[1] Die Politik der Behörde bestand zu jenem Zeitpunkt vor allem darin, innerhalb des anvisierten Zeitrahmens von vier Jahren wirtschaftliche Unabhängigkeit zu erreichen (Autarkie) sowie in der militärischen Aufrüstung der deutschen Wirtschaft bis zur „Kriegsfähigkeit“. Dieser Plan, dessen Inhalt auf dem Reichsparteitag im September 1936 verkündet wurde, ging den deutschen Angriffskriegen während des Zweiten Weltkriegs unmittelbar voraus. Im Oktober 1936 stellte Göring in seiner Position als „Beauftragter für den Vierjahresplan“ seine Organisation, die er vom Preußischen Staatsministerium aus befehligte, erstmals der Öffentlichkeit vor. 1940 wurde Görings Auftrag von Hitler um vier weitere Jahre verlängert,[1] so dass die Vierjahresplanbehörde auch während der gesamten Kriegszeit von großer wirtschaftlicher und politischer Bedeutung gewesen ist. Konkretisiert wurden die in diesem Zeitraum von der Behörde ausgearbeiteten Pläne beispielsweise in der „Grünen Mappe“, die im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für den militärischen Überfall auf die Sowjetunion entstanden ist.

Inhaltsverzeichnis

Der Plan

Reichsgesetzblatt vom 19. Oktober 1936: Verordnung zur Durchführung des Vierjahresplanes

Ziel war die Ausrichtung der Wirtschaft auf die beschleunigte Rüstung und Autarkie, da Deutschland mit seiner Rohstoffabhängigkeit vom Ausland sonst keinen Krieg führen konnte.

Der Vierjahresplan wurde durch eine geheime Denkschrift Adolf Hitlers befohlen. Diese war eingeleitet mit der Feststellung, dass ein Krieg mit der Sowjetunion unvermeidlich sei. Die Denkschrift beruhte auf Materialien, die der I.G.-Farben-Konzern ausgearbeitet hatte. Folgerichtig wurden dann in der neu geschaffenen Vierjahresplanbehörde hauptsächlich Vertreter der I.G. Farben beschäftigt.

Die zentralen Forderungen des Vierjahresplans waren:

  1. „Die deutsche Armee muss in vier Jahren einsatzfähig sein.“
  2. „Die deutsche Wirtschaft muss in vier Jahren kriegsfähig sein.“[2]

Hermann Göring, der Vertrauensmann der I.G. Farben, trug die Denkschrift in einer Kabinettssitzung am 4. September 1936 vor. Er erörterte die Pläne mit den Worten: „Sie geht von dem Grundgedanken aus, dass die Auseinandersetzung mit Russland unvermeidbar ist.“ Er schloss die Kabinettssitzung mit dem Hinweis: „Alle Maßnahmen haben so zu erfolgen, als ob wir im Stadium der drohenden Kriegsgefahr uns befänden.“[3]

Die Methoden waren durch Rohstoffkontingentierung, Investitionen sowie Lenkung des Arbeitseinsatzes gekennzeichnet. Unter anderem war es das Ziel, die Autarkie der deutschen Wirtschaft mit Hilfe der unrentablen Erzeugung synthetischer Rohstoffe (Synthetisches Benzin, Buna, Sprengstoff und Dünger) zu erreichen.

Im Rahmen des Vierjahresplans gründete die NS-Regierung unter anderem die Reichswerke Hermann Göring, die dem unrentablen Abbau von erzarmen Eisenerzen dienten. Als Verantwortlicher wurde Göring eingesetzt. Der Vierjahresplan war nicht besonders effektiv organisiert. Dennoch konnte eine beträchtliche Steigerung der Wirtschaftsleistung erreicht werden. Was bei besserer Organisation möglich gewesen wäre, zeigte sich ab 1942, als unter Leitung Albert Speers unter Kriegsbedingungen die Produktion innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt wurde.

Am 17. Dezember 1936 hielt Göring, vor über 100 Industriellen im Preußenhaus, eine Rede über die Durchführung des Vierjahresplans, in dieser Rede äußerte er:

„Die Auseinandersetzung, der wir entgegengehen, verlangt ein riesiges Ausmaß von Leistungsfähigkeit. Es ist kein Ende der Aufrüstung abzusehen. Allein entscheidend ist hier der Sieg oder Untergang. […] Wir stehen bereits in der Mobilmachung und im Krieg, es wird nur noch nicht geschossen.“[4]

Gegenüber der Öffentlichkeit verkündete Göring am 28. Oktober 1936 im Berliner Sportpalast den Vierjahresplan als eine Konzeption zur Sicherung der Ernährung des Volkes.

Nach dieser Denkschrift Hitlers war der Vierjahresplan nur als vorübergehende Lösung anzusehen („Die endgültige Lösung liegt in einer Erweiterung des Lebensraumes bzw. der Rohstoff- und Ernährungsbasis unseres Volkes.“). Demgemäß wurde ab 1941 die Planung zunächst unter Fritz Todt und nach dessen Tod ab Februar 1942 unter Speer völlig auf die totale Kriegswirtschaft umgestellt.

Göring wurde „Bevollmächtigter für den Vierjahresplan“, womit seine Macht im nationalsozialistischen Deutschen Reich noch weiter stieg. Der Plan löste den neuen Plan Hjalmar Schachts ab. Durch die Ernennung Görings wurde die Macht von Hjalmar Schacht beschnitten, der sich bald genötigt sah, von seinem Posten als Wirtschaftsminister zurückzutreten.

Siehe auch

Literatur

  • Heinz Dietmar Petzina: Der nationalsozialistische Vierjahresplan von 1936. Entstehung, Verlauf, Wirkungen, Dissertation, Wirtschaftshochschule Mannheim, 1965
  • Dietmar Petzina: Autarkiepolitik im Dritten Reich. Der nationalsozialistische Vierjahresplan (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Nr 16), Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1968
  • Wolfgang Schieder: Spanischer Bürgerkrieg und Vierjahresplan. Zur Struktur nationalsozialistischer Außenpolitik. In: Soziale Bewegung und politische Verfassung. Beiträge zur Geschichte der modernen Welt. Festschrift für Werner Conze zum 31. Dezember 1975, hg. v. Ulrich Engelhardt, Volker Sellin, Horst Stuke (Industrielle Welt. Schriftenreihe des Arbeitskreises für moderne Sozialgeschichte, Sonderband), Ernst Klett Verlag, Stuttgart 1976, S. 832-856, dazu: Hans-Henning Abendroth: Die deutsche Intervention im Spanischen Bürgerkrieg. Ein Diskussionsbeitrag, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Bd. 30 (1982), S. 117–129
  • Arthur Schweitzer: Der ursprüngliche Vierjahresplan. In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 168 (1956), S. 348–396
  • Wilhelm Treue: Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Bd. 3 (1955), S. 204–210

Anmerkungen

  1. a b Dietrich Eichholtz: Vierjahresplan. In: Wolfgang Benz / Hermann Graml / Hermann Weiß (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus. 5., aktualisierte und erweiterte Aufl., dtv, Stuttgart 2007, S. 851 f., ISBN 978-3-423-34408-1.
  2. Wolfgang Michalka: Deutsche Geschichte 1939-1945. Frankfurt am Main 1999, S. 112.
  3. Michalka, S. 112 f.
  4. Nürnberger Dokument NI-051, Zitiert nach: Wilhelm Treue: Das Dritte Reich und die Westmächte auf dem Balkan. in: VfZ 1/1953, S. 53 f; Auszug online in Englisch.

Weblinks


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