- Synthetisches Benzin
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Synthetisches Benzin Andere Namen „Deutsches Benzin“
Handelsnamen Leuna-Benzin, Leuna
Kurzbeschreibung Ottokraftstoff Herkunft synthetisch
Eigenschaften Aggregatzustand flüssig Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Synthetisches Benzin ist ein Kraftstoff, der in Hydrierwerken aus Kohle hergestellt wird.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Royal Dutch war zur Hälfte an der 1921 gegründeten Internationale Bergin Compagnie voor Olie en Kolen Chemie zur internationalen Nutzung der deutschen Patente zur Kohlehydrierung beteiligt, an der die BASF ebenfalls zur Hälfte beteiligt war. Mit der Entscheidung von BASF und Standard Oil of New Jersey in den Jahren 1925/1926, in der Produktion von Synthetischem Benzin aus Kohle zusammenzuarbeiten, fiel die Entscheidung, die Hugo Stinnes-Riebeck Oel-AG als Vertriebsorganisation in Deutschland für das Synthetische Benzin zu nutzen und aufzubauen.[1]
Die Produktion von synthetischem Benzin war extrem aufwändig. Schon 1926 begann in Deutschland in den Leunawerken der I.G. Farben (dem Folgeunternehmen der BASF) die industrielle Herstellung, welche nach dem Bergius-Pier-Verfahren anfänglich aus Braunkohle hydriert wurde (sogenanntes Leuna-Benzin, siehe auch Motalin). Allerdings war die Produktion im Vergleich zu den Weltmarktpreisen immer zu teuer.
Daher trafen sich bereits im November 1932 die I.G.-Farben-Direktoren Bütefisch und Gattineau mit Hitler, um ihn über die zukünftige Bedeutung synthetischen Benzins aufzuklären. Sie erhielten von Hitler die Zusage, im Falle seiner Regierung die Herstellung von synthetischem Benzin durch Absatz- und Mindestpreisgarantien zu unterstützen.[2] Die ersten deutschen Hydrierwerke gehörten alle dem I.G.-Farben-Konzern, der sich 1933 in einem Vertrag die komplette Treibstoffversorgung der Wehrmacht sicherte.
Aufkommen an Mineralöl in den Jahren 1939 - 1944 (in 1000 t) Jahr Mineralöl insgesamt
(geschätzt)davon synthetische
Produktionin % 1939 8200 2200 27 1940 7600 3348 44 1941 10000 4116 41 1942 9500 4920 52 1943 11300 5748 51 1944 6830 3830 56 Die Erdölförderung in Deutschland reichte nur für knapp 30% des heimischen Bedarfs und war wegen eines hohen Gehalts an Schwer- und Schmierölen weniger für die Herstellung von Leicht- und Flugbenzin geeignet. Die Nutzung der bedeutenden Kohlevorkommen über das eigens entwickelte Verfahren der Kohleverflüssigung erhielt aus militärstrategischen Gründen vor dem Zweiten Weltkrieg eine gewisse Bedeutung. Der Bau von Hydrierwerken wurde wesentlicher Bestandteil der Autarkiebestrebungen des Vierjahresplans und politisch gegenüber anfänglichen Widerständen der Industrie durchgesetzt und breit öffentlich diskutiert. [3]
Öffentliche Thematisierung
Neben Karl Aloys Schenzinger, einem „(Rohstoff-)“Bestseller und erfolgreichen Sachbuchautor im Dritten Reich war insbesondere der in Spanien lebende, aber von Fritz Todt geförderte Sachbuchautor Anton Zischka federführend bei der popularwissenschaftlichen Darstellung der Synthesethematik. Zischkas „Wissenschaft bricht Monopole“ (von 1936) wurde als Pflichtlektüre in den Realschulen eingeführt, das Buch wurde aber auch in 18 Sprachen übersetzt und verkauft.[4] und für Propagandazwecke genutzt. Ziscka erklärt dabei wie auch im 1939 erschienen „Ölkrieg“ Kriege und bewaffnete Konflikte als Auseinandersetzung um (ungleich verteiltes) Land und Rohstoffe. Er stellte demgenüber technische Entwicklungen aus Deutschland wie etwa die Kohleverflüssigung oder die im Ersten Weltkrieg entwickelte Ammoniaksysnthese (Haber-Bosch-Verfahren) als mögliche globale Friedensstifter dar. Darüber hinaus wurde dem „raffenden Kapitalismus“ angloamerikanischer Prägung die schaffende „Volksgemeinschaft“ als größte und wichtigste „Synthese“ einer „neuen Zeit“ gegenübergestellt. Damit wurde auch im Ausland, gerade weil sich Zischka krasser chauvinistischer oder rassistischer Äußerungen enthielt, ein im Sinne der NS-Vorkriegspropaganda erwünscht friedlich modernes Bild des „Dritten Reiches“ zu vermitteln gesucht.
Erste technische Realisierungen
1936 gelang im Hydrierwerk Scholven der Hibernia AG die Kohleverflüssigung von Steinkohle nach dem Verfahren der I.G. Farben. Im Dezember 1936 gründete die Gelsenkirchener Bergwerks-AG die Gelsenberg Benzin AG, in deren Werk die Kohleverflüssigung ebenfalls für Steinkohle ab 1939 durchgeführt wurde.
Bei Kriegsbeginn 1939 waren sieben Hydrierwerke produzierend (das größte in Leuna), drei kurz vor Produktionsbeginn, zwei im Bau:
- 1935 Ruhland-Schwarzheide (Synthesewerk Schwarzheide der BRABAG)
- 1936 in Böhlen und Magdeburg-Rothensee für Braunkohlenteer (beide BRABAG) und Scholven (Hibernia AG) für Steinkohle
- 1937 in Bottrop-Welheim für Kokereiteer
- 1939 Gelsenberg für Steinkohle
- 1939 Oberleutensdorf (STW, Sudetenländische Treibstoffwerke Maltheuern)
- 1940 Lützkendorf bei Krumpa (Wintershall AG) für Erdölrückstand
- 1940 Zeitz (BRABAG) für Braunkohlenteer
- 1940 Pölitz für Kokereiteer (I.G.-Farben, Rhenania-Ossag, DAPG)
- 1941 Wesseling (Union Rheinische Braunkohlen Kraftstoff AG) für Braunkohle.
- Daneben gab es noch Werke in Bari (Albanischer Erdölrückstand), Livorno (Rumänischer Erdölrückstand) sowie Blechhammer in Oberschlesien (I.G.-Farben) für Teeröle. Ein bei Auschwitz gebautes Werk ging nicht mehr in Betrieb.
Im Jahre 1943 gab es 12 produzierende Hydrierwerke. Die Hydrierwerke deckten den größten Teil des Treibstoffbedarfs der Wehrmacht und waren alleinige Quelle des Flugbenzins für die Luftwaffe. Im Frühjahr 1944 waren es 15 produzierende Hydrierwerke verschiedener Unternehmen. Im März 1945 betrug die Kapazität der Hydrierwerke 3 % des Höchststandes aus dem Jahr 1943.
Fortführung nach dem Krieg
In Westdeutschland wurde nach dem Krieg die Kohleverflüssigung wegen der konkurrenzlos niedrigen Erdölpreise nicht fortgeführt. In der DDR wurde sie, obwohl ebenfalls „untragbar unwirtschaftlich“, dagegen erst Anfang der 1970er Jahre endgültig aufgegeben, aber bis zum Zusammenbruch der DDR Bestandteil der strategischen Planung des Ministerrats. In der Bundesrepublik Deutschland kam es in der Folge der Ölkrise von 1973 im 1974 von der Bundesregierung beschlossenen Programm Energieforschung zur Errichtung von sieben Pilotanlagen zur Kohleveredelung (Vergasung und Verflüssigung), die von 1977 bis 1980 in Betrieb gingen. Die letzte noch betriebene sehr kleine Anlage in Essen mit einer Produktion von ca. 200 kg/Tag wurde 2004 demontiert und für China Shenhua Energy in China wiederaufgebaut.
Seit 1955 wurde in Südafrika aus Autarkieüberlegungen heraus die Kohleverflüssigung von Sasol betrieben und weiterentwickelt und während des Embargos gegen das Apartheidsregime 1980 und 1982 zwei weitere Anlagen errichtet.
Siehe auch
Literatur
- Dietrich Eichholtz, Geschichte der Deutschen Kriegswirtschaft, Berlin 1985, Band 2, S. 354
- Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974. Verlag C. H. Beck, München, 2003, ISBN 3-406-50276-8
Einzelnachweise
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