Valencianische Sprache

Valencianische Sprache
Dialekte der katalanischen Sprache
Valencianische Sprache in der Comunitat Valenciana

Als Valencianisch (Eigenbezeichnung valencià; spanisch valenciano) wird die in der Autonomen Gemeinschaft Valencia (Spanien) gesprochene Varietät der katalanischen Sprache bezeichnet. Aus politischen Gründen wird häufig die Ansicht vertreten, dass Valencianisch als eigenständige Sprache anzusehen ist. Seit 1982 ist das valencianische Idiom neben dem Spanischen Amtssprache der Region nach Artikel 7,2 der Satzung der Autonomie Valencias.

Inhaltsverzeichnis

Abgrenzung zum Katalanischen

Im ländlichen Raum unterscheiden sich Aussprache und Wortschatz teilweise von Ort zu Ort. Man hat es hier mit einem so genannten Dialektkontinuum zu tun. Daher ist es praktisch unmöglich, das Katalanische vom Valencianischen abzugrenzen, da Isoglossen nicht mit politischen Grenzen übereinstimmen. Aus diesem Grund ist es sinnvoller, „Valencianisch“ als Bezeichnung der katalanischen Sprache in der Autonomen Region València anzusehen. Die valencianischen Dialekte werden zur Gruppe der westkatalanischen Dialekte gezählt, zu der auch die westlichen Gebiete Kataloniens, der katalanischsprachige Teil Aragoniens und Andorra gehören. Es gibt im Valencianischen Besonderheiten in der Lexik und Grammatik. Die Orthografie wird wie im restlichen katalanischen Sprachgebiet gelehrt und geht auf die so genannten Normen von Castelló aus dem Jahre 1932 zurück, die eine Anpassung an die valencianischen Spracheigenschaften der Normen sind, die Pompeu Fabra i Poch am Anfang des 20. Jahrhunderts in Katalonien etabliert hatte. Eigenheiten des Valencianischen werden aber manchmal auch in die Schriftsprache übernommen, beispielsweise werden die Possessiva „mein, dein, sein/ihr“ nicht wie im Standardkatalanischen mit v, sondern mit u geschrieben – „la meua, la teua, la seua“ statt „la meva, la teva, la seva“. Die erste Person Singular wird mit -e statt mit -o gebildet („jo cante“) und es gibt unterschiedliche Wörter, beispielsweise für „Kartoffel“ und „Mädchen“. Auch die Prosodie unterscheidet sich insgesamt vom Ostkatalanischen. Das Valencianische kann jemand, der das Katalanische beispielsweise aus Barcelona kennt, verstehen, muss sich aber einhören, während ein Sprecher aus Lleida bspw. keine Schwierigkeiten haben wird, da auch die Varietät Lleidas zum Westkatalanischen gehört.

Das Valencianische als politisches Programm

Der Status von Valencianisch wird seit langem kontrovers diskutiert. Für viele Valencianer reicht die Tatsache, dass das Valencianische seit ungefähr dem 15. Jahrhundert im Königreich València eine eigene Bezeichnung hatte, aus, es als eine eigenständige Sprache anzusehen und nicht als eine Varietät des Katalanischen. Diese Argumentation lässt allerdings linguistische Vergleiche außen vor und bezieht sich somit lediglich auf die Bezeichnung der Sprache als valenciano bzw. valencià anstatt der Bezeichnungen catalán bzw. català.

Dass das Valencianische auch linguistisch als eigenständige Sprache anzusehen sei, ist eine Ansicht, die vor allem von konservativen, auf einen zentralspanischen Nationalismus ausgerichteten politischen Kräften vertreten wird. Das politische Ziel dieser Argumentation ist vor allem die Schwächung des katalanischen Nationalismus in der Region Valencia. Die seit 1995 in der Autonomen Region Valencia regierende rechts-konservative Partido Popular (PP) hat die These der Eigenständigkeit der valencianischen Sprache aus diesem Grund stark gefördert.

Das Hauptargument, das für die Eigenständigkeit hervorgebracht wird, ist, dass das Valencianische sich aus dem Mozarabischen herausgebildet habe, ohne dass wissenschaftlich fundierte Beweise für diese Behauptung geliefert werden können. Sprachwissenschaftlich gesehen ist diese Auffassung nicht haltbar und wird weder von Linguisten der Romanistik noch von der Universität Valencia geteilt. Die Kontinuität des Mozarabischen in Valencia wurde vielmehr eindeutig von dem Sprachwissenschaftler Germá Colón Domènech aus Castellón de la Plana widerlegt. Die Gründe für das Festhalten am – wissenschaftlich nicht belegbaren – sprachlichen Sezessionismus sind vor allem politischer Natur und gehen oft mit einem starken Antikatalanismus einher. So ergibt sich auch die auf den ersten Blick kuriose Situation, dass viele der schärfsten Verfechter einer Eigenständigkeitsthese selbst nicht Valencianisch sprechen.

Während in den großen Städten Valencia und Alicante die Mehrheit der Einwohner Spanisch spricht, wird in ländlichen Gegenden mit wachsendem Selbstbewusstsein das Valencianische gepflegt. Auch zu Francos Zeiten wurde auf den Dörfern Valencianisch gesprochen, obgleich es in der Nachkriegszeit verboten war. Das Valencianische wird auch darum mit Protest gegen Madrid und Zentralismus assoziiert. Bis heute fällt es vielen alten Valencianern schwer, sich in der spanischen Sprache auszudrücken. Daher galt das Valencianische bei den Stadtbewohnern auch lange Zeit als „Bauernsprache“ ähnlich dem Plattdeutschen in Norddeutschland, das in Städten wie Oldenburg oder Bremen auch weniger gesprochen wird. Mittlerweile befleißigen sich jedoch vor allem junge Intellektuelle im Land Valencia der Pflege des Katalanischen und Valencianischen und machen dabei wenig Unterschiede zwischen den beiden Varianten. Oft verbinden sich damit eine Idealisierung des Lebens an der Mittelmeerküste und das politische Ziel eines von Spanien unabhängigen Staates durch den politischen Zusammenschluss aller katalanischsprachigen Gebiete (Països Catalans).

Die Acadèmia Valenciana de la Llengua, nach Artikel 41 des valencianischen Autonomiestatuts Wächterin über die valencianische Sprache, fasste am 9. Februar 2005 einen Beschluss[1] in dem es zur Sprachfrage heißt: „Nach den überzeugendsten Beiträgen der Romanistik seit dem 19. Jh. bis heute (Studien der historischen Grammatik, der Dialektologie, der Satzlehre, der Lexikografie, ...) ist die eigene und historische Sprache der Valencianer vom philologischen Standpunkt aus betrachtet auch diejenige, welche die Autonomen Gemeinschaften Kataloniens und der Balearischen Inseln und das Fürstentum Andorra gemein haben. Auch ist es die historische und eigene Sprache weiterer Gebiete der früheren Krone von Aragón (des östlichen Streifens von Aragonien, der sardischen Stadt Alghero und des französischen Departements Pyrénées-Orientales). Die verschiedenen Sprechweisen dieser Gebiete bilden eine Sprache ... Es ist eine Tatsache, dass es in Spanien zwei rechtlich gleichwertige Bezeichnungen für diese Sprache gibt: die als Valencianisch, wie sie im Autonomiestatut der Autonomen Gemeinschaft Valencia festgehalten ist, und die als Katalanisch, wie sie in die Autonomiestatute Kataloniens und der Balearischen Inseln aufgenommen ist, und die in der spanischen Rechtsordnung und der Rechtsprechung Verwendung findet.“ Damit ist auch offiziell festgehalten, dass die Amtssprache der Autonomen Gemeinschaft Valencia Katalanisch ist, das in dieser lediglich anders bezeichnet wird, nämlich als Valencianisch.

Mehrsprachigkeit und Traditionspflege

Zweisprachiges Verkehrsschild in Valencia

Seit Anfang der 1990er Jahre läuft die Erziehung an Schulen bilingual (inzwischen häufig mit einer deutlichen Verschiebung zum Valencianischen hin, d.h. Hauptunterricht und Bücher, Examensaufgaben etc. in Valencianisch, Kastilisch nur noch als Unterrichtsfach), und wer sich im Land Valencia für eine Beamtenstelle bewirbt, hat Vorteile, wenn er Valencianisch spricht und vor allem auch korrekt schreibt. Es gibt valencianische Fernsehsender, deren aktuelles Programm auf Valencianisch läuft. Aber auch in so einem Fernsehprogramm kommt es oft vor, dass beispielsweise die Gäste einer Talkshow bunt gemischt auf Valencianisch und Spanisch diskutieren. Während in Katalonien Filme auf Katalanisch synchronisiert ausgestrahlt werden, ist das in valencianischen Fernsehprogrammen nicht der Fall.

Da das Valencianische international nicht als eigenständige Sprache klassifiziert wird, teilt es sich die ISO-639-Sprachkürzel ca und cat sowie den SIL-Code CLN mit dem Katalanischen.

Kenntnis der Sprache

In der folgenden Karte wird das Prozent der Bevölkerung jeder comarca gezeigt, die behaupten, Valencianisch sprechen zu können:

Comarques Valencianisch.png

Siehe auch

Literatur

  • Jordi de Sant Jordi (13??–ca. 1424)
  • Ausiàs March (ca. 1397–1459)
  • Joanot Martorell, Tirant lo Blanch (1490)
  • Joan Roís de Corella (1433/43–1497)
  • Jaume Roig (ca. 1400–1478), autor del Espill o Llibre de les dones, y la escuela satírica valenciana.
  • Sor Isabel de Villena (1430–1490)
  • Manuel Sanchis Guarner: La llengua dels valencians. Eliseu Climent, València 1996, ISBN 84-7502-082-8
  • Hans-Ingo Radatz: „Katalanisch“ oder „Valencianisch“?: zum sprachlichen Sezessionismus im Land València. In: Zeitschrift für Katalanistik. 6, 1993, ISSN 0932-2221, S. 97–120. online
  • Antje Voß: Das Valencianische zwischen Autonomie und Assimilation: sprachgeschichtliche und soziolinguistische Untersuchungen zu einer spanischen Comunidad Autónoma. Lang, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-631-38552-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Diari Oficial de la Generalitat Valenciana vom 6. Mai 2005 (Katalanisch/Spanisch)

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