Bataveraufstand

Bataveraufstand

Der Bataveraufstand war eine Revolte der germanischen Bataver, weiterer germanischer (Brukterer u. a.) sowie keltischer Stämme ab August des Jahres 69 gegen die römische Herrschaft in Niedergermanien. Die Erhebung dauerte knapp ein Jahr.

Nach anfänglichen Erfolgen der Bataver unter ihrem von den Römern übergelaufenen Anführer Julius Civilis wurde der Aufstand von Quintus Petilius Cerialis bis zum Herbst des Jahres 70 niedergeschlagen. Die entscheidende Schlacht bei Xanten im Juli 70 dauerte zwei Tage. Der Bataveraufstand wird bei Tacitus ausführlich beschrieben. Allerdings steht bei ihm, wie bei den meisten antiken Autoren, die objektive Schilderung des Geschehens nicht immer im Vordergrund. So wurden die germanischen Stämme als barbarische Waldbewohner charakterisiert, obwohl sie hauptsächlich von der Landwirtschaft lebten.

Der Bataveraufstand war zudem sehr eng mit der römischen Politik verbunden. Im Lauf des Aufstands schlossen sich mehrere weitere Stämme, die bisher unter römischer Herrschaft standen, der Revolte an, darunter besonders die Treverer und Lingonen. Teilweise handelten sie als unmittelbare Verbündete der Bataver, teilweise waren diese Aufstände unabhängig davon, wirkten sich aber indirekt auf das Geschehen aus.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte: Das Ende Neros im Jahre 68

Grabstele eines Angehörigen der batavischen Leibwache Neros

Um den Aufstand der bisher treuen Verbündeten Roms zu verstehen, muss man die Geschichte der Jahre 68 und 69 betrachten.

Im April 68 versuchte Servius Sulpicius Galba von Spanien aus, Kaiser Nero zu stürzen. Er kündigte ihm die Loyalität auf, indem er sich demonstrativ legatus senatus et populi Romani (Bevollmächtigter des Senates und des römischen Volkes) nannte. Die Legionen der beiden germanischen Militärbezirke schlugen diesen Aufstand, der von Gallien ausgegangen war, jedoch rasch nieder. Nero nutzte es nichts. Er war wegen der Erhebung Galbas in Panik geraten und hatte sich damit in Rom endgültig unmöglich gemacht. Der Senat zwang ihn zum Selbstmord (Juni 68) und erhob Galba – trotz der für ihn desaströsen Entwicklung in Gallien – zum Kaiser. Die Legionen aus Germanien kamen damit in eine schwierige Lage. Sie galten nun, obwohl sie ihre Pflicht getan hatten, als unzuverlässig. Galba verweigerte ihnen nicht nur die üblichen Geschenke, er forderte sogar Zahlungen Neros zurück und entließ die batavische Reiterei, die bisher als Leibwache des Kaisers gedient hatte. Außerdem wechselte er den Kommandeur der Rhein-Legionen aus.

Januar 69: Das Ende Galbas

Am 1. Januar 69 rissen Angehörige der beiden in Mogontiacum (dem heutigen Mainz) stationierten Legionen die Bilder Galbas von ihren Feldzeichen und leisteten ihren Treueid stattdessen – ähnlich wie neun Monate zuvor Galba selbst – nur noch auf den Senat und das römische Volk. Am Tag darauf proklamierte die Bonner Legion Aulus Vitellius, den erst kürzlich ernannten Oberbefehlshaber Niedergermaniens, zum Gegenkaiser. Die anderen Rheinlegionen schlossen sich an. Der 70-jährige Galba kämpfte verzweifelt um die Macht, wurde aber schon wenige Tage später, am 15. Januar, von der Prätorianergarde ermordet. Sie erhoben stattdessen den 36-jährigen Nichtmilitär Marcus Salvius Otho, der die Ermordung Galbas veranlasst hatte, zum Kaiser. Nur widerwillig erkannte der Senat ihn an. Mehrere Legionen in Germanien und Britannien verweigerten ihm indessen die Gefolgschaft.

Januar bis Juli 69

Vitellius reagierte umgehend. In zwei Marschsäulen schickte er rund 65.000 Soldaten der Rheinarmee nach Italien. Die größere Gruppe zog durch das östliche Gallien und die Cottischen Alpen, der kleinere Teil unter Aulus Caecina Alienus auf dem direkten Weg rheinaufwärts durch Helvetien. Nach heftigen Kämpfen gegen die Helvetier, die Vitellius die Gefolgschaft verweigert und zu (dem bereits toten) Galba gehalten hatten, überquerte Caecina spätestens Anfang April 69 mit 22.000 Mann den Großen St. Bernhard und erreichte die Po-Ebene.

Diese Truppe trug entscheidend zum Sieg der Vitellius-Getreuen über Otho in der Schlacht bei Bedriacum nahe Cremona am 14. April 69 bei, Otho beging am Morgen danach Selbstmord. Vitellius, der neue Alleinherrscher, erfuhr davon wenige Tage nach seinem Aufbruch aus Köln in Richtung Italien. Nachdem er im Januar die Rheingrenze zum Großteil von Truppen entblößt hatte, sandte er nun die Masse seiner Truppen zurück, darunter auch acht Batavische Auxiliarkohorten.

Juli/August 69: Vespasian beansprucht den Thron, Aufstand der Bataver

Doch kaum waren diese Kohorten wieder in Mainz, wurden sie erneut nach Italien beordert, denn inzwischen beanspruchte Titus Flavius Vespasian den Thron. Der befähigte Kommandeur und Statthalter hatte sich am 1. Juli in Alexandria zum Kaiser proklamieren lassen und rückte nun mit seinen Legionen aus Judäa an. Vitellius, der Mitte Juli in Rom angekommen war, forderte weitere Truppen von der Rheingrenze an, deren Entsendung der dortige Kommandeur, Hordeonius Flaccus, jedoch verweigerte. Daraufhin sollten weitere Truppen unter den Batavern ausgehoben werden, was im August 69 den eigentlichen Aufstand der Bataver auslöste. Ihnen ging es nun nicht mehr um die Herrschaft dieses oder jenes römischen Kaisers, sondern um das Ende der römischen Herrschaft über ihr Volk.

Zu diesem Zeitpunkt wurde der batavische Adlige Julius Civilis unter Anklage gestellt, nachdem sein Bruder bereits wegen Verrats hingerichtet worden war. Julius Civilis war als Bundesgenosse Roms zum Offizier ausgebildet und mit der römischen Armee bestens vertraut. Er kommandierte eine der Auxiliarkohorten, die sich auf dem Rückmarsch befanden.

Für die römischen Kommandeure in Germanien war die Lage schwierig. In Italien tobte der Bürgerkrieg mit ungewissem Ausgang. Die Truppen in Germanien neigten dabei großteils dem Vitellius zu.

Tacitus berichtet, dass sich die Truppen des Vitellius und die Vespasian-treuen Truppen im Spätsommer und Herbst 69 in einer Art Stellungskrieg gegenseitig belauerten. Das Eintreffen Vespasians in Oberitalien brachte schließlich die Entscheidung.

Spätjahr 69: Vespasian siegt in Italien, Aufstand im Norden

Als Operationsbasis wählte Vespasian Verona, da er noch mit einem Angriff von Vitellius-treuen Truppen aus Germanien rechnete. Von dort aus siegten die Flavier am 24./25. Oktober in der Zweiten Schlacht von Bedriacum bei Cremona. Die Ermordung des Vitellius am 20. Dezember 69 in Rom brachte die Entscheidung. Er war unter Führung von Marcus Antonius Primus aus dem Kaiseramt gejagt worden, wurde öffentlich vorgeführt, am Haken durch Rom geschleift und tot in den Tiber geworfen.

In Germanien hatten unterdessen die aufständischen Bataver-Kohorten nach einem Durchmarsch bei Bonn, der ihnen vom römischen Befehlshaber gestattet worden war, die römischen Truppen der Rheinarmee beim Legionslager Vetera (nahe dem heutigen Xanten) eingeschlossen.

Ein römischer Entsatzangriff war zunächst erfolgreich, doch wurde die Masse der Truppen nach einem Aufstand der mit den Batavern eng verwandten Chatten, der die wichtige Basis Mogontiacum (Mainz) bedrohte, vom Niederrhein wieder nach Süden beordert. Auf dem Marsch wurde während der Saturnalien (17./23. Dezember) der Befehlshaber Hordeonius Flaccus von den Soldaten ermordet, da er Vespasian zuneigte.

Weitere Stämme sagten sich von Rom los und wurden dabei von rechtsrheinischen Germanen unterstützt, die die Gelegenheit zu Plünderungen nutzten. Die Besatzung des Legionslagers Vetera ergab sich, nachdem die Vorräte aufgezehrt waren. Nach dem Abzug aus der Festung wurden die meisten Legionäre von den Belagerern umgebracht.

Nach dem Sieg Vespasians in Italien Ende Oktober standen Truppen zur Verfügung, um diesen Aufstand niederzuschlagen. Sie wurden von Quintus Petilius Cerialis geführt, einem Vertrauten und wahrscheinlich Schwiegersohn Vespasians. Petilius Cerialis hatte bereits in Britannien bei der Niederschlagung des Boudicca-Aufstandes militärische Erfahrung gesammelt und hatte Vespasian in den Kämpfen in Italien unterstützt.

Vespasian setzte eine enorme Streitmacht aus folgenden Legionen in Marsch: Legio VIII Augusta, Legio XI Claudia, Legio XIII Gemina, Legio XXI Rapax und die neu ausgehobe Legio II Adiutrix. Diese Legionen mussten die Alpen überqueren, zusätzlich wurden noch die Legio XIV Gemina aus Britannien und die Legio VI Victrix und Legio I Adiutrix aus Spanien in Marsch gesetzt. Hinzu kamen die verbleibenden Legionen der Rheinarmee. Bedenkt man, dass auch der Aufstand in Judaea, der zur Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 führte, noch nicht vollständig niedergeschlagen war und das gesamte römische Heer ca. 30 Legionen umfasste, kann man die Bedeutung des Bataveraufstandes für Vespasian ermessen.

Das Jahr 70: Niederschlagung des Aufstandes

Nicht alle der nach Germanien entsandten Legionen kamen zum Kampfeinsatz, einige sicherten das Hinterland und die Versorgungsrouten und verhinderten so die Ausbreitung des Aufstands auf weitere gallische oder germanische Stämme.

Trotz der Unterstützung durch die rechtsrheinischen Brukterer und Tenkterer verloren die Bataver im Jahre 70 Schlachten bei Bingen (Bingium), Riol (Rigodulum), Trier (Augusta Treverorum) und Xanten (Juli 70). Nach einem Rückzug über den Rhein wurden sie erneut bei Arenacium, Batavodurum, Grinnes und Vada geschlagen und kapitulierten schließlich. In der Folgezeit wurden sie allmählich romanisiert.

Folgen des Aufstands

Nach den Wirren des Vierkaiserjahres waren die Finanzen des Imperiums schwer zerrüttet. Die umsichtige Sanierungspolitik Vespasians, der auf teure militärische Abenteuer verzichtete, führte zur Überwindung der Krise. In Germanien begann der Wiederaufbau der vielen zerstörten Städte und Kastelle, darunter der Stadt Kempten (Cambodunum), der damaligen Provinzhauptstadt von Rätien. Im Jahre 73/74 n. Chr. ließ Vespasian die Reichsgrenze im heutigen Südwestdeutschland verkürzen: Durch den Bau der Kinzigtalstraße und die Errichtung des Alblimes kam zumindest ein Teil des sog. Dekumatlandes (agri decumates) unter römische Herrschaft. Damit wurden Truppenverschiebungen von Donau an Rhein (und umgekehrt) erleichtert. Um neue Revolten zu verhindern, aber auch um die Staatsfinanzen zu entlasten, ließ Vespasian die Legionen in Germanien reduzieren, große Standorte teilen und die Truppen national stärker mischen.

Rezeption

Als wichtigste künstlerische Bearbeitung des Bataveraufstands gilt die 1612 in Antwerpen publizierte Radierfolge des Batavorum cum Romanis Bellum von Antonio Tempesta nach (heute verlorenen) Vorlagen des Otto van Veen. Rembrandt nutzte 1661 ein Blatt der Serie Tempestas als Inspiration für sein Gemälde Die Verschwörung der Bataver für das Stadhuis von Amsterdam, das nur kurz nach seiner Anbringung aus ungeklärten Gründen wieder entfernt wurde und heute – allseits beschnitten – im Nationalmuseum von Stockholm zu sehen ist. Auch die meisten Gemälde anderer Künstler mit Sujets aus der Geschichte der Bataver im Stadhuis, darunter Ferdinand Bol und Jacob Jordaens, stützen sich auf die von Antonio Tempesta radierten Darstellungen.

Literatur

  • Dirk Schmitz: Der Bataveraufstand im Kontext des römischen Bürgerkrieges 68-70 n. Chr.. In: Martin Müller, Hans-Joachim Schalles, Norbert Zieling (Hrsg.): Colonia Ulpia Traiana. Xanten und sein Umland in römischer Zeit. Zabern, Mainz 2008, ISBN 978-3-8053-3953-7, S. 117–140.
  • Dieter Timpe: Tacitus und der Bataveraufstand. In: Tassilo Schmitt, Winfried Schmitz, Aloys Winterling (Hrsg.): Gegenwärtige Antike – antike Gegenwarten. Kolloquium zum 60. Geburtstag von Rolf Rilinger. München 2005, S. 151–187, ISBN 3-486-56754-3.
  • Ralf Urban: Der Bataveraufstand und die Erhebung des Iulius Classicus. Trier 1985, ISBN 3-923087-07-1.

Belletristik

Weblinks


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