Verbotene Zeit

Verbotene Zeit

Als geschlossene Zeit (lat. Tempus clausum), im früheren römisch-katholischen Kirchenrecht auch: verbotene Zeit (lat. Tempus feriatum), werden Zeitspannen im Kirchenjahr – in der Regel der Advent und die Fastenzeit – bezeichnet.

Während dieser Wochen sollen die Christen in ihrer persönlichen Lebensführung den Ernst der Vorbereitungszeit auf die Hochfeste der Erlösung (Weihnachten und Ostern) verwirklichen. Hierzu gehört u.a., dass jeweils in dieser Zeit feierliche Eheschließungen und große Feste unterbleiben sollten, weil allzu großer Festaufwand nicht dem gebotenen Ernst der Vorbereitungszeit entsprechen würde. Entsprechend wurden die Flügelaltäre in dieser Zeit geschlossen.

Während der Schaffenszeit von Johann Sebastian Bach in Leipzig wurden während der geschlossenen Zeiten vom zweiten bis vierten Advent sowie an den Sonntagen in der Fastenzeit, also vom ersten Fastensonntag (Invocavit) bis Palmsonntag (Palmarum) – mit Ausnahme des Festes der Verkündigung Mariens am 25. März – keine umfangreichen Kirchenmusiken (Figural-Musik) aufgeführt.

Heute stehen in den meisten christlichen Gemeinden während der „geschlossenen Zeiten“ weniger die kirchlichen Verbote als der selbstbestimmte Verzicht auf Vergnügungen und Feiern sowie die persönliche und gemeinschaftliche Vorbereitung auf die bevorstehenden Hochfeste im Vordergrund. In vielen Kirchengemeinden, Pfarreien und Gemeinschaften gibt es in diesen Wochen zusätzliche liturgische Formen der Vorbereitung, indem sich die Gemeinde oder Gruppen von Gläubigen zu morgendlichen-, abendlichen- und/oder nächtlichen meditativ gestalteten Wortgottesdiensten („Frühschicht“, „Spätschicht“, „Nachtgebete“, „Betstunden“, „Bußandacht“, „Fastenandacht“, „Kreuzwegandacht“) versammeln. Auch kirchenmusikalisch werden alle katholischen Gottesdienste der jeweiligen „geschlossenen Zeit“ entsprechend gestaltet. In der evangelischen Kirche werden in der Passionszeit Passionsandachten gefeiert. Traditionell wird die Passionsgeschichte in jedem Jahr jeweils nach einem der vier Evangelien fortlaufend gelesen (lectio continua). Die Passionsandachten finden meist mittwochs oder freitags als Wochengottesdienste statt. Ob diese Andachten neben der Lesung der Passionsgeschichte auch die Feier des Heiligen Abendmahls einschließen, richtet sich nach örtlichen Traditionen. Seit ca. 1970 hat auch die Tradition der Kreuzwegandacht Eingang in evangelische Gemeinden gefunden, vor allem der Ökumenische Kreuzweg der Jugend hat dazu beigetragen. Nur in wenigen evangelischen Gemeinden gibt es in Analogie zu den Passionsandachten auch wöchentliche Adventsandachten in den vier Wochen vor dem Christfest.

In verschiedenen Kirchen und kirchlichen Einrichtungen werden zudem – der jeweiligen geschlossenen Zeit entsprechende – kirchenmusikalische Veranstaltungen (Adventskonzerte, Passionsmusik) und Aufführungen (Krippenspiel, Passionsspiel) dargeboten.

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