- Volksüberlieferung
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Der Begriff Folklore (engl. folk "Volk" und lore "Überlieferung") umfasst im engeren Sinne die mündlichen Überlieferungen eines Volks. Im weiteren Sinne bezeichnet Folklore die Gesamtheit aller „volkstümlichen“ Überlieferung.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung des Begriffs
Es handelt sich aus der Sicht des 19. Jahrhunderts um Kulturphänomene des Dritten Standes, also etwa um Stoffe und Figuren, die weder biblisch (zum Klerus gehörig) noch antik (zum Adel gehörig) sind. Apostel, Musen oder Satyrn kommen in der Folklore nicht vor. – Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Folklore erfolgt im Rahmen der Volkskunde beziehungsweise der Erzählforschung.
Da der Begriff geprägt wurde, als die Alphabetisierung der mitteleuropäischen Bevölkerung fortschritt, werden zu den mündlichen Überlieferungen auch Schulbuch-Textsorten hinzugezählt, etwa Sprichwörter, Rätsel, Erzählungen, Märchen, Fabeln, Legenden, Reime, Schwänke, Volkslieder, Balladen, Witze oder Zaubersprüche.
Die Bezeichnung wurde 1846 von William John Thoms für den Begriff „Volkskundliche Altertümer“ (popular antiquities) geprägt. Johann Gottfried von Herder sorgte als einer der ersten im deutschen Sprachgebiet für die Sammlung und Bewahrung der „Folklore“, vor allem in Gestalt des Volksliedes. Er strebte danach, den „Volksgeist“, die Tradition und die Identität des „deutschen Volkes“ zu dokumentieren.
Folklore kann religiöse oder mythologische Elemente enthalten, befasst sich aber normalerweise mit den profanen Überlieferungen des täglichen Lebens. Sie vereint häufig das Reale und das Übersinnliche in einem erzählerischen Miteinander. Andererseits kann Folklore für eine Darstellung verwendet werden, die keinen theologischen oder erbaulichen Inhalt hat, sondern nützliche weltliche Überlieferungen in der Art von Regeln oder Rezepten. Diese weltliche Überlieferung kann Elemente des Fantastischen aufweisen (wie Magie, übernatürliche Wesen oder personifizierte Gegenstände).
Volksmärchen können erbauliche Traditionen aufweisen, handeln aber primär vom weltlichen Bereich. So umfasst das Märchen Hänsel und Gretel Elemente der Hexerei beziehungsweise naturreligiöse Züge. Zugleich weist es – weltlich und moralistisch – auf die Gefahren des Waldes und des Hungers hin. Den Höllenzwang in Grimoires würde man allerdings erst zur Folklore rechnen, wenn er ein harmloser Brauch geworden ist.
Folklore bezieht sich darüber hinaus auf Rituale innerhalb der Zyklen von Jahreszeiten und Lebensaltern (Geburts-, Heirats-, und Bestattungszeremonien) und auf Festtagsbräuche. Ferner äußert sich Folklore in Volkstanz, Volksmusik und Volkstheater.
Folklore findet ihren materiellen Niederschlag in lokalen Varianten des Kunsthandwerks, der Architektur oder in Schmuck, Kleidung und Speisen.
Weitere Bedeutungen
Abwertend gebraucht wird der Begriff für eine verkitschte Darstellung von Volkssitten zum Zweck ihrer Vermarktung oder für Varianten des Aberglaubens.
In der Naturwissenschaft bezeichnet der Begriff ein Standardmodell, über das ein Konsens besteht und das in der Fachwelt jeder kennt, z. B. das Standardmodell der Teilchenphysik.
Siehe auch
Literatur
- Hermann Bausinger: Folklore, Folkloristik. In: Enzyklopädie des Märchens; Band 4 (1984), Sp. 1397-1403.
Weblinks
- "Folklore Europaea" (multimediale Datenbank zum europäischen Brauchtum)
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