Werkstudent

Werkstudent

Als Werkstudent werden Studenten bezeichnet, die neben dem Studium eine Erwerbsarbeit ausüben, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen oder Praxiserfahrung zu sammeln.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Begriff Werkstudent entstand während des Ersten Weltkrieges und bezeichnete zunächst Studenten, die vom Kriegsdienst dauerhaft oder vorübergehend freigestellt waren und neben dem Studium fehlende Arbeitskräfte in der Industrie oder der Landwirtschaft ersetzen sollten.

Erstmals offiziell verwendet wurde der Begriff vom Erlanger Studententag 1921: Als Werkstudent wurden hier Studenten bezeichnet, die ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise durch zusätzliche Arbeit im Handwerk, in Fabriken, Bergwerken oder in der Landwirtschaft verdienen mussten.[1] Der Werkstudent war eine typische Erscheinungsform der Weimarer Republik, deren wirtschaftlichen Probleme besonders die Studentenschaft betrafen. Aufgrund der zahlreichen Werkstudenten während der Wirtschaftskrise 1923, die eine erhebliche Beeinträchtigung des universitären Lehrbetriebs nach sich zogen, bemühten sich die Universitäten um materielle Unterstützung wie die Schaffung von Mensen oder die Errichtung von Stipendienstiftungen (z.B. die Studienstiftung des Deutschen Volkes). Die Zahl der Werkstudenten in Deutschland betrug 1920 etwa 10.000, infolge der Inflation 1923 bereits 64.000. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg der Anteil der Werkstudenten in der BRD erheblich an und betrug 1956 44,9 %, 1959 noch 30,2 % (jeweils bezogen auf die Zahl aller Studenten).[2]

Heutige Bedeutung

Ein Werkstudent ist heute in der Regel ein ordentlich eingeschriebener Student, der neben dem Studium maximal 20 Stunden pro Woche während der Vorlesungszeit arbeitet und dabei ein Gehalt bezieht. Teilweise erhöht sich die Arbeitszeit außerhalb der Vorlesungszeiten auf ein Vollzeitniveau. Von normalen Studentenjobs unterscheidet sich eine Tätigkeit als Werkstudent dann, wenn durch eine fachliche Nähe zum Studium das Erreichen des Ziels der Ausbildung durch den Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten befördert wird. So bietet der Arbeitgeber in der Regel Unterstützung bei Fach- und Bachelorarbeiten an. Ein oft praktizierter Ansatz ist es, die theoretischen Kenntnisse aus dem Studium praktisch in der Tätigkeit als Mitarbeiter anzuwenden oder sogar später zu erwerbende Kenntnisse aus dem Studium vorwegzunehmen. Die so erworbenen praktischen Kenntnisse und die allgemeine Berufserfahrung können sich später positiv auf eine mögliche Einstellung auswirken, weswegen besonders diese Form der Erwerbsarbeit neben dem Studium sich großer Beliebtheit erfreut. Ein Beispiel für eine derartige Ausbildung ist die zum Diplom-Verwaltungswirt. Es geht hier also nicht um den einfachen Hinzuverdienst zur Finanzierung des Studiums bzw. des Lebensunterhalts, sondern um das Ausbildungsziel selbst.

Einordnung in der Sozialversicherung

In der deutschen Sozialversicherung sind derartige Beschäftigungsverhältnisse regelmäßig versicherungsfrei; die Rechtsgrundlagen sind u. a. § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V und § 27 Abs. 4 SGB III, die konkrete Ausgestaltung wurde durch die Rechtsprechung des BSG im Laufe der Zeit herausgearbeitet: Das Studium soll im Vordergrund stehen, die wöchentliche Arbeitszeit darf daher 20 Stunden ("halbtags") nicht überschreiten. In den Semesterferien hingegen spielt die Stundenzahl keine Rolle, auch muss sozialversicherungsrechtlich kein konkreter Bezug zum Studium bestehen. Wenn das Arbeitsentgelt jedoch die Grenze für die kostenlose Familienversicherung (in der Kranken- und Pflegeversicherung) überschreitet, dann tritt Versicherungs- und Beitragspflicht als Student ein. Solche Studentenjobs sind nicht mit in Studien- und Prüfungsordnungen vorgeschriebenen Praktika zu verwechseln; näheres dazu siehe hier.

Für Arbeitgeber stellen Werkstudenten somit eine wichtige Möglichkeit dar, Nachwuchskräfte zu finden, an ihr Unternehmen heranzuführen und zugleich Kosten für Sozialabgaben zu sparen. Daher beschäftigen viele großen Unternehmen in Deutschland Werkstudenten.

Einzelnachweise

  1. studentenwerke.de: Das Erlanger Programm von 1921
  2. Friedhelm Golücke: Studentenwörterbuch. Graz/Wien/Köln 1987, S. 499.

Siehe auch

Literatur

  • Erich Brautlacht: Der Werkstudent. München 1924.
  • J. H. Mitgau (Hrsg.): Erlebnisse und Erfahrungen Heidelberger Werkstudenten. Eine Sammlung von Berichten. Heidelberg 1925.
  • Wilhelm Schenkel: Der Werkstudent. Potsdam 1927.
  • Spitzenvernände der Sozialversicherung: Gemeinsames Rundschreiben Beschäftigte Studenten, Praktikanten und ähnliche Personen vom 27. Juli 2004

Weblinks


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