Familienversicherung

Familienversicherung

Die Familienversicherung, auch beitragsfreie Familienmitversicherung genannt, erfasst in Deutschland die beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen der in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Pflicht- und freiwilligen Mitglieder. Dazu gehören maßgeblich der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner und die Kinder. Ein angenommenes Kind ist gemäß § 1754 BGB rechtlich "Kind" der/des Annehmenden. Den leiblichen Kindern sind Stiefkinder und Enkel gleichgestellt, wenn sie mit dem Mitglied in einem gemeinsamen Haushalt leben und deren Lebensunterhalt überwiegend vom Mitglied bestritten wird. Familienversichert sind schließlich auch die Kinder von familienversicherten Kindern. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn das Kind eines Mitglieds aufgrund einer Ausbildung bzw. eines Studiums selbst familienversichert ist und seinerseits Nachkommen hat.

Inhaltsverzeichnis

Voraussetzungen

Kraft Gesetzes müssen in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (nach § 25 des Elften Buches Sozialgesetzbuch für die beitragsfreie Versicherung in der Pflegeversicherung) u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Ein Ehegatte, Kind und eine ihm gleichgestellte Person kann nur dann familienversichert sein, wenn der andere Ehegatte, ein Elternteil des Kindes oder bei Stiefkindern und Enkeln die sonstige Bezugsperson Pflicht- oder freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung ist.
  • Der Familienangehörige muss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Dies ist bei Personen, die sich im Ausland befinden, wie z. B. Studenten während ihrer Auslandssemester, selbst dann - ohne zeitliche Begrenzung - noch der Fall, wenn sie ihren Lebensmittelpunkt noch in Deutschland haben und die Absicht erkennbar ist, dass sie wieder nach Deutschland zurückkehren werden.
  • Der Familienangehörige darf nicht Pflichtmitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (z. B. als Arbeitnehmer mit einem monatlichen Arbeitsentgelt in Höhe von mehr als 400 €, als Azubi, Rentner etc.) sein. Der Familienangehörige darf außerdem nicht versicherungsfrei (z. B. als höherverdienender Arbeitnehmer oder Beamter) sein. Bei Personen, die während ihrer *Erwerbstätigkeit als höherverdienende ArbeitnehmerInnen versicherungsfrei waren und sich in der Mutterschutzfrist gem. § 3 Abs. 2 MuSchG (6 Wochen vor der Entbindung) und § 6 Abs. 1 MuSchG (acht Wochen oder zwölf Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten) oder in Elternzeit befinden, endet die Versicherungsfreiheit mit dem Wegfall des bisherigen Arbeitsentgelts. Sie können aber während der Mutterschutzfristen bzw. der Elternzeit nur dann familienversichert sein, wenn sie gem. § 10 Abs. Abs. 1 Satz 4 SGB V zuletzt (unmittelbar zuvor), gesetzlich, d. h. freiwillig, versichert waren. Anders ist es dagegen bei Personen, die während ihrer Erwerbstätigkeit als Beamte oder gleichgestellte Personen im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V versicherungsfrei waren. Während der Elternzeit bleibt der "Beamtenstatus" - trotz Wegfalls der Bezüge - bestehen; damit sind sie auch während der Elternzeit versicherungsfrei und können nicht familienversichert sein.
  • Familienangehörige, die selbstständig erwerbstätig sind als gewerbliche Unternehmer oder Freiberufler können nur dann familienversichert sein, wenn sie ihre Tätigkeit nicht „hauptberuflich“ im Sinn der gesetzlichen Krankenversicherung ausüben. Dies ist bereits dann der Fall, wenn sie mindestens einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer (Arbeitsentgelt höher als 400 € im Monat) beschäftigen oder – ohne Arbeitnehmer – mehr als 18 Stunden in der Woche für ihre Tätigkeit aufwenden. Als hauptberuflich selbstständige Tätigkeit gilt (bis zum 31. Dezember 2013) nicht die Tätigkeit einer Tagespflegeperson, die bis zu 5 gleichzeitigig anwesende, fremde Kinder in Tagespflege betreut. Die Krankenkasse muss allerdings jeden der beiden genannten Fälle anhand weitergehender feststehender Kriterien im Einzelnen beurteilen.
  • Das regelmäßige Gesamteinkommen des Familienangehörigen darf im Jahr 2011 nicht den Betrag von 365,00 € im Monat (ein Siebtel der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV) übersteigen. Bei Ausübung einer geringfügig entlohnten Tätigkeit (Minijob) liegt die Grenze bei 400,00 € im Monat. Unschädlich ist es, wenn die genannten Grenzen in höchstens zwei aufeinanderfolgenden Monaten überschritten werden. Allerdings sind in allen Fällen auch anderweitige Einnahmen, wie z. B. Einnahmen aus Kapitalvermögen (Zinsen, Dividenden) oder Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, zu berücksichtigen. Da es sich bei dem maßgeblichen Gesamteinkommen gem. § 16 SGB IV um die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts handelt, sind von den Bruttoeinkünften auf jeden Fall Werbungskosten abzuziehen. Bei Einnahmen aus einer nichtselbstständigen Tätigkeit (Beschäftigung) geschieht dies durch Abzug des Arbeitnehmerpauschbetrages i.H.v. 920 € pro Kalenderjahr [1]; bei Einnahmen aus Kapitalvermögen wird der Sparerpauschbetrag i.H.v. 801 € pro Kalenderjahr abgezogen.[2] Der Abzug der jeweiligen Pauschale ist unabhängig davon, ob tatsächlich Werbungskosten angefallen sind. Über die Pauschale hinausgehende - steuerrechtlich anerkannte - Kosten müssen ausdrücklich geltend gemacht werden.

Altersgrenzen bei Kindern

Kinder können gemäß § 10 Abs. 2 SGB V nur bis zu bestimmten Altersgrenzen familienversichert sein.

1. Die Familienversicherung ist grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres durchführbar.

2. Fortgeführt wird sie bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Als Erwerbstätigkeit in diesem Sinne gilt jede regelmäßige abhängige oder selbstständige Tätigkeit, in der mehr als 400 € im Monat an Einnahmen erzielt wird.

3. Die Familienversicherung wird schließlich bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres durchgeführt, wenn sich das Kind in Schul- oder Berufsausbildung befindet (z. B. Studium) oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr ohne Anspruch auf Taschengeld und Sachbezüge[3] leistet. Wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht (Wehrdienst, Zivildienst) unterbrochen oder verzögert, besteht die Familienversicherung um den entsprechenden Zeitraum dieses Dienstes über das 25. Lebensjahr hinaus.

4. Kinder sind ohne Altersgrenze familienversichert, wenn sie im Sinne des neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) behindert und außerstande sind, sich selbst zu unterhalten. Voraussetzung ist jedoch, dass die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorgelegen hat, in dem das Kind familienversichert war.

Ausschluss der Familienversicherung

Bei Eheleuten, die nicht beide Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind (z. B. ein Ehegatte ist Mitglied, der andere Ehegatte ist als höherverdienender Arbeitnehmer, selbstständiger Unternehmer oder Beamter in der privaten Krankenversicherung versichert), ist gegebenenfalls die Familienversicherung der Kinder ausgeschlossen. Dies ist im Kalenderjahr 2011 dann der Fall, wenn das Gesamteinkommen des privat versicherten Ehegatten regelmäßig im Monat ein zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze in Höhe von 4.125,00 Euro/Monat übersteigt und zugleich regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des gesetzlich versicherten Ehegatten ist. Ist der privat versicherte Ehegatte aber Arbeitnehmer und bereits seit dem 31. Dezember 2002 bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert, liegt die maßgebliche Grenze bei 3.750,00 € im Monat.

Die Familienversicherung ist gem. § 10 Abs. 1 S. 4 SGB V auch ausgeschlossen bei Ehegatten und Lebenspartnern, die bei Beginn der Mutterschutzfrist (6 Wochen vor dem mutmaßlichen Entbindungstag, § 3 Abs. 2 MuSchG) nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren. Dasselbe gilt für die Schutzfrist nach der Entbindung (8 Wochen bzw. 12 Wochen bei Mehrlingsgeburten, § 6 Abs. 1 MuSchG) und den Beginn der Elternzeit.

Nachrang der Familienversicherung

Die Familienversicherung kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn die betreffende Person nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert ist.

Dies gilt maßgeblich für

  • versicherungspflichtig Beschäftigte (auch Auszubildende), die regelmäßig mehr als 400 € im Monat verdienen,
  • Landwirte,
  • mitarbeitende Familienangehörige in der Landwirtschaft [1],
  • Bezieher von Arbeitslosengeld I (bei Beziehern von Arbeitslosengeld II [Hartz IV] besteht i. d. R. Anspruch auf Familienversicherung über den Haushaltsvorstand der Bedarfsgemeinschaft),
  • Rentner.

Trotz – an sich bestehender – Versicherungspflicht ist die Familienversicherung aufgrund einer Sonderregelung gleichwohl durchführbar bei Studenten und unentgeltlich bzw. geringfügig beschäftigten Praktikanten.

Reformbestrebungen

Die beitragsfreie Familienmitversicherung ist in Deutschland wiederholt zur Diskussion gestellt worden. Teils geht es dabei um die Art der Lastenverteilung auf Alleinstehende und Paare, teils um die Finanzierung der Krankenversicherung.[4][5]

Sogenanntes „Negatives Ehegattensplitting“

Die Beitragsbemessungsgrenze bewirkt eine unterschiedliche finanzielle Belastung von Familien je nach Aufteilung der Erwerbsarbeit: So zahlen Ehepartner bei gleichem Familieneinkommen, sofern es über der Bemessungsgrenze liegt, in Ein- und in Zweiverdienerehen unterschiedlich hohe Beiträge, da die insgesamt fälligen Beiträge von der Verteilung des Einkommens auf die Ehepartner abhängen.[6] Um sowohl eine Gleichbehandlung unterschiedlicher Erwerbsmodelle als auch eine gerechte Lastenverteilung zwischen Alleinstehenden (Singles) und Paaren zu gewähren, wurde im Jahre 2005 ein Modell (damals „negatives Ehegattensplitting“ genannt) vorgeschlagen, bei dem bei Paaren das Gesamteinkommen bis zur Höhe einer doppelten Beitragsbemessungsgrenze zur Geltung kommen sollte. Dabei wird zur Bestimmung des Krankenversicherungsbeitrages das Gesamteinkommen bei Ehen und Lebenspartnerschaften hälftig auf die Partner aufgeteilt und getrennt berücksichtigt, und der dadurch zusätzlich unter die Beitragsbemessungsgrenze fallende Betrag ist vom besser- oder alleinverdienenden Partner zu zahlen.[4][5][7]

Pauschalbeiträge

Im Gegensatz dazu schlug die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft im Juni 2010 vor, dass Hausfrauen und -männer je einen Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung zahlen sollten.[8]

Die Änderungsvorschläge fanden bisher keine breite Mehrheit.[9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.steuerlexikon-online.de/ArbeitnehmerPauschbetrag.html
  2. http://srbg.de/ab-2009-gilt-der-neue-sparerpauschbetrag.html
  3. Anderenfalls liegt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI mit der Folge der Versicherungspflicht vor.
  4. a b Gutverdiener sollen höhere Kassenbeiträge zahlen. Berliner Zeitung, 25. Oktober 2005, abgerufen am 1. Juli 2011.
  5. a b Gesundheitspolitik: Einigung in der Krankenversicherung? 8. November 2005, abgerufen am 1. Juli 2011.
  6. Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft (HdWW), Band 3, Willi Albers (Hrsg.), 1981, ISBN 3-525-10258-5, S. 331
  7. Finanzreform der Gesetzlichen Krankenversicherung zwischen Bürgerversicherung und Pauschalprämie. Juni 2006, abgerufen am 1. Juli 2011. S. 5
  8. Attacke auf die kostenlose Familien-Mitversicherung. Focus, 29. Juni 2011, abgerufen am 1. Juli 2011.
  9. Spekulation über höhere Beitragsgrenzen. Merkur Online, 26. Oktober 2005, abgerufen am 1. Juli 2011.
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