- Werratalbrücke Hedemünden
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Die Werratalbrücken Hedemünden sind je eine Autobahn-Brücke der A 7 und eine Eisenbahnbrücke der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg. Sie befinden sich östlich von Hann. Münden im Süden Niedersachsens (Deutschland).
Die in einem lichten Abstand von ungefähr 33 m parallel verlaufenden Bauwerke überspannen bei Laubach zwischen Hann. Münden und Hedemünden die Werra, die B 80 sowie die Eisenbahnstrecke von Kassel nach Eichenberg in einer Höhe von maximal 59 m über Grund.
Inhaltsverzeichnis
Autobahnbrücke
Geschichte
1937 wurde die erste Autobahnbrücke in Betrieb genommen, bei der es sich um eine fünffeldrige Stahlfachwerkträgerkonstruktion handelte. Sie wurde gegen Ende des Zweiten Weltkrieges am 5. April 1945 von deutschen Pionieren gesprengt, um die vorrückenden amerikanischen Truppen aufzuhalten.
Der Neubau erfolgte bis 1952 mit unveränderten Stützweiten und Stahlvollwandträgerkonstruktionen. Zu Vergleichszwecken wurde der Überbau einer Richtungsfahrbahn mit einer orthotropen Fahrbahnplatte und der anderen mit einer Stahlbetonverbundplatte ausgeführt. Bei den Bauarbeiten verunglückten zwei Arbeiter tödlich; ihnen ist an einem Brückenpfeiler eine Gedenktafel gewidmet. Wegen der Verbreiterung der Autobahn auf sechs Fahrstreifen wurden die Überbauten zwischen den Jahren 1987 und 1993 gegen Stahlverbundhohlkästen ausgetauscht. Die Baukosten betrugen ungefähr 35 Millionen Euro.
Konstruktion
Die Trasse der Autobahn hat im Bereich der Brücke eine Wannenausbildung und steigt in Richtung der Widerlager mit ungefähr 5 Prozent. Die 51 m hohen und 21 m breiten Pfeiler sowie die Widerlager sind mit Buntsandstein verkleidet, bestehen zum großen Teil noch aus dem Stampfbeton der ersten Konstruktion von 1933 und haben eine Flachgründung. Die Gesamtstützweite der fünffeldrigen Brücke beträgt 79,93 m + 95,97 m + 96,00 m + 80,00 m + 64,00 m = 415,90 m. Die Konstruktionshöhe ist konstant 5,85 m. Die Fahrbahnplattenbreite der beiden Stahlverbundhohlkästen beträgt je 14,7 m, die Bodenplatten der Hohlkästen haben eine Breite von 4,0 m.
Bauausführung des Umbaus
Zuerst wurde neben der bestehenden Brücke der neue westliche Überbau auf vier Hilfspfeilern aus Stahlbeton mit den Außenabmessungen von 4,0 m x 6,0 m errichtet. Nach der Verlegung des Verkehrs auf diesen erfolgte der Abbruch der alten Brücke, eine Verbreiterung und Verlängerung der Pfeilerköpfe und die Montage des östlichen Überbaus. Im folgenden wurde der Verkehr auf den östlichen Überbau umgelegt und der westliche Überbau von den Hilfspfeilern auf die Hauptpfeiler querverschoben. Abschließend erfolgte der Abbruch der Hilfspfeiler.
Eisenbahnbrücke
Das zweigleisige Eisenbahnüberführungsbauwerk mit 415,5 Meter Länge ist Teil der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg (Streckenkilometer 120,5). Das Bauwerk wurde zwischen den Jahren 1986 und 1989 gebaut, die Kosten betrugen ungefähr 20 Millionen Euro. Unmittelbar südwestlich der Brücke befindet sich der Mündener Tunnel, 700 m weiter nordöstlich folgt, nach einem Abschnitt mit der Überleitstelle Lippoldshausen, der Rauhebergtunnel.
Nördlich der Brücke steigt die Strecke, bis zum Überholbahnhof Jühnde um rund 96 Höhenmeter an.[1]
Die Werratalbrücke gilt als eines der umstrittensten Bauwerke des Neubaustreckenabschnitts Kassel–Göttingen.[2]
Planung
In der Vortrassierung der Neubaustrecke von 1972/1973 war in der Variante Göttingen die Querung der Werra ebenfalls nördlich von Laubach vorgesehen gewesen.[3]
Über Notwendigkeit, Standort und Gestaltung der Brücke diskutierten Bahn, Mündener Bürger, Stadt, Behörden und die Bauherren der geplanten Autobahnbrücke mehrere Jahre.[4]
Als die Eisenbahnbrücke geplant wurde, lagen bereits Pläne für den Ausbau der Autobahn von vier auf sechs Fahrstreifen vor. Das Ergebnis des Raumordungsverfahrens sah eine Talbrücke vor, die so dicht wie technisch möglich neben der Autobahnbrücke stehen sollte (Verkehrswegebündelung). Dies entsprach einem Abstand von 58 m. Das Konzept, drei Brücken (je eine für die beiden Richtungsfahrbahnen der Autobahn, eine für die Eisenbahnstrecke) zu bauen, stieß auf erbitterten Widerstand. Letztlich luden das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft und Verkehr und die Bundesbahn 1982 fünf Ingenieurbüros zu einem Ideenwettbewerb ein. Eine Jury aus elf Fachleuten wählte im April 1983 aus sieben Vorschlägen zwei Favoriten aus: eine kombinierte Bahn- und Straßenbrücke auf den bestehenden Pfeilern − die Gleise der Neubaustrecke sollten unterhalb der Fahrbahnen der Autobahn geführt werden − und eine Zwei-Brücken-Lösung. Die Jury befürwortete die von Fritz Leonhardt entwickelte „Doppelstock-Lösung“.[4][5] Gegen die Drei-Brücken-Lösung sprachen befürchtete Vegetationsschäden im Tal sowie eine zu starke Beeinträchtigung der Talsicht.[2] Aufgrund der Unfallrisiken sprach sich der Bundesminister für Verkehr gegen die Doppelstock-Lösung aus. Die Zwei-Brücken-Lösung ging damit in das Planfeststellungsverfahren.[4][5]
Gründung und Unterbauten
Die Gründung der Pfeiler und Widerlager erfolgte flach auf dem vorhandenen Buntsandstein. Das südliche Widerlager ist der Festpunkt der Brücke, welcher horizontale Kräfte von maximal 14 MN aus Bremsen oder Anfahren der Züge in den Baugrund abtragen muss. Am nördlichen Widerlager treten maximale Längsverformungen von 55 cm auf, dort ist auch der Schienenauszug vorhanden. Die ungefähr 10 m breiten Pfeiler sind innen begehbar und von außen mit Sandstein verkleidet. Sie verjüngen sich mit einem Anzug von 50:1 nach oben.
Überbau
Der Überbau ist als Durchlaufträger mit fünf Feldern konstruiert. Die Querschnittsform besteht aus einer Stahlverbundkonstruktion mit einem einzelligen Hohlkastenquerschnitt aus Stahl. Die Stege des Hohlkastens sind über 0,75 m breite Gurte, auf denen Kopfbolzendübel aufgeschweißt sind, mit der in Querrichtung vorgespannten Stahlbetonfahrbahnplatte verbunden. Der Hohlkasten hat oben eine Breite von 7,0 m und unten von 5,0 m. Bei einer Überbaubreite von 14,3 m betragen die Stützweiten 76,0 m + 96,0 m + 96,0 m + 80,0 m + 67,5 m. Die konstante Konstruktionshöhe beträgt 6,59 m, was einer Schlankheit von ungefähr 1/15 der maximalen Stützweite entspricht.
Bei der Fahrbahnplatte wurde auf die übliche Längsvorspannung des Betons im Abschnitt über den Pfeilern verzichtet. Da die erstmals ausgeführte Bauweise in den Bauvorschriften nicht geregelt war, musste eine Zustimmung im Einzelfall durch das Bundesbahn-Zentralamt München erfolgen.[5] Hierzu waren umfangreiche Untersuchungen und Stellungnahmen erforderlich.
Bauausführung
Die Montage der Brücke erfolgte durch abschnittsweise Zusammenbau von fünf Querschnittsteilen mit je 22 m Länge am nördlichen Widerlager sowie anschließendes Einschieben des Stahlhohlkastens mit dem Taktschiebeverfahren. Die Ortbetonplatte wurde mit einem Schalwagen in Abschnitten von 16 m Länge nachträglich ergänzt.
Literatur
- Bundesministerium für Verkehr: Brücken der Bundesfernstraßen 1994. Verkehrsblatt-Verlag, Dortmund 1994, ISBN 3-89273-070-9.
- Knut Reimers, Wilhelm Linkerhägner: Wege in die Zukunft. Neubau- und Ausbaustrecken der DB. Hestra Verlag, Darmstadt 1987 ISBN 3-7771-0200-8.
Weblinks
Commons: Werratalbrücke Hedemünden – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ DB Projektgruppe Hannover-Würzburg (Nord) (Hrsg.): Neubaustrecke Hannover–Würzburg: Jühnde, Broschüre (14 Seiten, gefaltet) mit Stand vom 1. Oktober 1984.
- ↑ a b Deutsche Bundesbahn, Bundesbahndirektion Hannover, Projektgruppe Hannover–Würzburg Nord der Bahnbauzentrale (Hrsg.): Neubaustrecke Hannover–Würzburg. Der Abschnitt Göttingen–Kassel. 36 A4-Seiten mit Stand von Oktober 1983, Hannover 1983, S. 6.
- ↑ Zentrale Transportleitung Mainz (Hrsg.): Neubaustrecke Hannover-Gemünden. Plan 410.4101Nv101. Bearbeitet im Januar 1972 Langhanki, gezeichnet im Januar 1972 Bönjer, Plan vom 1. Februar 1972 mit Stand vom 20. November 1973, Blatt 2 von 2.
- ↑ a b c Deutsche Bundesbahn, Projektgruppe Hannover–Würzburg Nord der Bahnbauzentrale, Bundesbahndirektion Hannover: Die Neubaustrecke Hannover–Würzburg. Der Abschnitt Göttingen–Kassel. Broschüre (36 Seiten), Oktober 1983, S. 29 f.
- ↑ a b c Michael Baufeld: Die Bahn baut wieder Brücken. In: Hartmut Mehdorn (Hrsg.): Eisenbahnbrücken – Ingenieurbaukunst und Baukultur. Eurailpress-Verlag, Hamburg 2009, ISBN 978-3-7771-0398-3, S. 121−139.
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