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Franz Wieacker (* 5. August 1908 in Stargard/Pommern; † 17. Februar 1994 in Göttingen) war ein deutscher Jurist und Rechtshistoriker.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Nach dem Abitur in Celle studierte Wieacker Rechtswissenschaften in Tübingen, München und Göttingen. In Tübingen wurde er Mitglied des Corps Rhenania Tübingen. Wieacker begann seine akademische Laufbahn nach dem Referendarexamen 1929 an der Universität Freiburg/Breisgau, an die er seinem akademischen Lehrer Fritz Pringsheim[1] folgte und an der er 1930 mit einer Arbeit über Probleme der kaufrechtlichen Verfallsklausel promoviert wurde. Von diesem und Otto Lenel erfuhr er eine freirechtliche, die klassische Jurisprudenz verehrende Prägung. Nach der Habilitation 1933 ebenfalls bei Fritz Pringsheim wurde er zunächst außerordentlicher, dann 1939 ordentlicher Professor an der als konservativ geltenden, d.h. nicht nationalsozialistisch geprägten Universität Leipzig. Nach Kriegsdienst und Vertreibung wurde er nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst 1948 Professor für Römisches Recht, Bürgerliches Recht und Neuere Privatrechtsgeschichte wiederum an der Universität Freiburg und dann 1953 an der Georg-August-Universität Göttingen. Wieacker wurde 1973 emeritiert.
Kritisch wird vereinzelt sein Verhalten während des Dritten Reiches gesehen. Wieacker lehrte in dieser Zeit unter anderem als junger Freiburger Dozent zwei Semester als Gastdozent an der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Die juristische Fakultät in Kiel sollte damals zu einer nationalsozialistischen Musterfakultät ausgebaut werden und wurde mit besonders linientreuen Dozenten besetzt. In das Umfeld dieser Kieler Schule gehört in zeitlicher Hinsicht auch Wieacker. Gleichwohl wartete der hochbegabte, erst vierundzwanzigjährige vier Jahre auf seine erste Professur , die er gerade an einer nicht nationalsozialistisch geprägten Fakultät erhielt, und ist niemals Mitglied der NSDAP gewesen. Zudem hielt er während dieser Zeit steten Kontakt zu seinem nach Oxford emigrierten akademischen Lehrer Pringsheim. Allerdings arbeitete er seit 1937 als Mitglied der von Hans Frank gegründeten nationalsozialistischen Akademie für Deutsches Recht im Ausschuss Jugendstrafrecht mit und beteiligte sich während des Zweiten Weltkriegs am Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften.[2]
Wieacker war Ehrendoktor der Universitäten Freiburg, Glasgow und Uppsala. 1969 erhielt er den Orden Pour le mérite für Wissenschaft und Künste. Außerdem war er Träger des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland mit Stern sowie des Großen Verdienstkreuzes des Niedersächsischen Verdienstordens. Weiter war er Träger des italienischen Premio Feltrinelli. Die Stadt Göttingen verlieh ihm die Ehrenbürgerwürde und ehrte ihn zum 100. Geburtstag mit einer der Göttinger Gedenktafeln am Michaelishaus, dem ehemaligen Sitz Wieackers Instituts für Römisches und Gemeines Recht, die von Christine Langenfeld enthüllt wurde. [3]
Werk
Als „akademischer Bürger“ alten Stils betrieb Wieacker Rechtswissenschaft im weiten Horizont der Kultur- und Humanwissenschaften. So gehörte er nach dem Zweiten Weltkrieg zu den führenden deutschen Geisteswissenschaftlern überhaupt, was sich u. a. in der Verleihung des Ordens Pour le mérite sowie in seiner Berufung in mehrere Akademien der Wissenschaften (u. a. Heidelberg, Göttingen und Leipzig) zeigte. Die Abteilung für Römisches und Gemeines Recht am Institut für Rechtsgeschichte der Universität Göttingen trägt heute Franz Wieacker zu Ehren seinen Namen. Zu Wieackers wichtigsten Werken gehören:
- Privatrechtsgeschichte der Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung, Göttingen, 2. Auflage 1967.
- Römische Rechtsgeschichte, 2 Bde., im Handbuch der Altertumswissenschaft, München 1988 und 2006.
Literatur
- Okko Behrends: Franz Wieacker 5.8.1908–17.2.1994. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung) 112 (1995), S. XIII–LXII. (online, ohne Fußnoten und Bibliographie).
- Hans-Ludwig Schreiber, In memoriam Franz Wieacker. Akademische Gedenkfeier in Göttingen mit Grußworten von H.-L. Schreiber und U. Mölk, Gedenkworten von R. von Weizsäcker und G. Pugliese sowie der Gedenkrede von J. G. Wolff, Göttingen 1995.
- Christian Wollschläger (Hrsg.): Franz Wieacker: Zivilistische Schriften (1934-1942). Frankfurt am Main: Klostermann 2000, ISBN 978-3-465-03110-9
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Elmar Bund: Familienartikel Pringsheim. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, S. 728.
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 675.
- ↑ Georg-August-Universität Göttingen Enthüllung einer Gedenktafel für Franz Wieacker am Michaelishaus, abgerufen am 22. September 2008
Personendaten NAME Wieacker, Franz KURZBESCHREIBUNG deutscher Jurist und Rechtshistoriker GEBURTSDATUM 5. August 1908 GEBURTSORT Stargard STERBEDATUM 17. Februar 1994 STERBEORT Göttingen
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