- Wiedereintritt
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In der Raumfahrttechnik bezeichnet der Wiedereintritt oder auch engl.: Reentry die kritische Phase des Eintritts in die Atmosphäre. Da viel kinetische Energie durch den Luftwiderstand in Wärme umgewandelt wird, entstehen hohe Temperaturen. Soll das Objekt den Wiedereintritt überstehen, so braucht es einen Hitzeschild.
Der Begriff wird nicht nur für bemannte Raumfahrzeuge verwendet, sondern auch für Raumsonden, Sprengköpfe von Interkontinentalraketen, Kapseln mit Probenmaterial, sowie für Objekte, die verglühen dürfen oder sollen, wie ausgebrannte Raketenstufen oder ausgediente Satelliten. Nicht verwendet wird der Begriff für Objekte, die nur einen kleinen Bruchteil der Orbitalgeschwindigkeit erreicht haben, da dann die thermische Belastung gering bleibt.
Oft befindet sich das Objekt zuvor in einer Umlaufbahn und der Abstieg beginnt mit der Bremszündung entgegen der Flugrichtung. Das amerikanische Space Shuttle beispielsweise nutzt für den Deorbit Burn die schwachen OMS-Triebwerke für etwa drei Minuten. Eine Geschwindigkeitsänderung von lediglich 1 % (ca. 90 m/s) reicht aus, um auf einer elliptischen Bahn auf der anderen Seite der Erde – wieder in Flugrichtung gedreht – in die Atmosphäre einzutreten. Form und Anstellwinkel des Raumgleiters erzeugen Auftrieb, der den Abstieg in dichte Luftschichten verzögert und so den Energieumsatz zeitlich streckt.
Inhaltsverzeichnis
Beispiele
In der bemannten Raumfahrt sind es wiederverwendbare Raumfähren (bis jetzt nur vertreten durch das US-amerikanische Space Shuttle), sowie Rückführkapseln (Apollo, Sojus, Shenzhou), die den Wiedereintritt jeweils schadlos überstehen müssen, um die Astronauten nicht zu gefährden.
Jeder Start einer mehrstufigen Rakete hinterlässt ausgebrannte Oberstufen, die nach erfüllter Aufgabe in die Atmosphäre eintreten und teilweise verglühen. Ebenso werden (ausgediente) Satelliten bei einem kontrollierten Absturz durch die entstehende Wärme völlig oder zum größten Teil zerstört, um weiteren Weltraummüll zu vermeiden. Die Eintrittsbahn wird falls möglich so gewählt, dass große Teile, die den Wiedereintritt überstehen könnten, ins Meer stürzen. Spektakuläres Beispiel für einen solchen Vorgang war die russische Mir-Raumstation. Auch das Hubble-Weltraumteleskop könnte nach dem Ende seiner Betriebszeit zum kontrollierten Absturz gebracht werden, da seine Bergung aufgrund des Absturzes des Space Shuttles Columbia nicht mehr in den Plänen der NASA auftaucht und sie mit anderen Mitteln zu kostspielig werden würde.
Weitere Atmospäreneintritte sind Landungen von planetaren Sonden (Cassini-Huygens, Mars-Rover) und das so genannte Aerobraking oder Aerocapture.
Einen Wiedereintritt durchlaufen auch Wiedereintrittskörper (engl.: reentry vehicle) von ICBMs und SLBMs, die sich über weite Bereiche im Weltraum bewegen und danach wieder mit hoher Geschwindigkeit in die Atmosphäre eintreten.
Bedingungen für einen sicheren Wiedereintritt von Raumfähren und Rückführkapseln
Als Eintrittswinkel wird in der Raumfahrt der Winkel bezeichnet, unter der ein Raumflugkörper bezogen auf die Horizontale in die dichteren Schichten der Atmosphäre eines Himmelskörpers eintritt. Die Höhe dieses Punktes ist willkürlich festgelegt. Die NASA gibt beispielsweise für den Eintritt in die Erdatmosphäre eine Höhe von 400.000 Fuß (ca. 122 km) an (Entry Interface).
Beim Wiedereintritt werden hohe Anforderungen an die verwendeten Materialien und die Struktur der Raumschiffzelle gestellt. Die Temperatur an den Hitzeschilden erreicht bei Eintritt in die Erdatmosphäre mehr als Tausend Grad Celsius, außerdem wird die Fluggeschwindigkeit schnell verringert, so dass starke Verzögerungen auftreten.
Soll der Flugkörper die Wärmebelastung unbeschädigt überstehen, so werden in der Regel bei wiederverwendbaren Raumschiffen hitzeresistente Materialien mit einer geringen Wärmeleitfähigkeit wie Keramik in Hitzeschutzkacheln verwendet, die für eine ausreichende Isolation sorgen. Außerdem muss die Wärme wieder abgestrahlt werden; dafür eignen sich keramische Werkstoffe ebenso wie metallische. Möchte man Werkstoffe verwenden, deren Schmelzpunkt zu niedrig ist, so besteht die Möglichkeit der Kühlung durch einen ablativen Hitzeschild. Dabei sublimieren bzw. pyrolisieren die im Hitzeschild verwendeten Werkstoffe. Die dabei entstehende relativ kühle Grenzschicht isoliert die darunterliegenden Schichten und transportiert einen Großteil der Wärme ab. Ein ablativer Hitzeschild ist technisch einfacher und preisgünstiger als ein wiederverwendbarer Hitzeschild; bei entsprechender Auslegung sind (noch) höhere Eintrittsgeschwindigkeiten (mehr kinetische Energie, die umgewandelt werden muss) möglich. Soll ein ablativer Hitzeschild an einem wiederverwendbaren Raumschiff verwendet werden, so ist nach jedem Flug eine Erneuerung notwendig.
Eintrittswinkel und -geschwindigkeit des Flugkörpers müssen genau berechnet werden, wenn ein kontrollierter, gefahrloser Abstieg und eine Landung im vorgesehenen Landegebiet gewährleistet sein soll. Der Eintrittswinkel liegt meist zwischen 6° und 7°. Bei zu flachem Eintritt verlässt das Raumfahrzeug die Atmosphäre wieder (nach jeder weiteren Erdumkreisung würde es zwar weiter abgebremst, das Zielgebiet wird jedoch so verfehlt), bei einem zu steilen Eintritt ist die thermische Belastung zu groß. Beim Wiedereintritt der Apollo-Raumschiffe nach der Rückkehr vom Mond betrug der Eintrittswinkel idealerweise 6,5°, wobei eine Toleranz von plus/minus 0,5° bestand.
Durch den Einsatz von Hitzeschilden wird die Eintrittsgeschwindigkeit des Raumfahrzeugs innerhalb kurzer Zeit wesentlich verringert. Durch die Reibung in der Luft entsteht Plasma, das das Raumfahrzeug umhüllt und die Kommunikation mit der Erde für einige Minuten unmöglich macht. Ist die Geschwindigkeit wesentlich verringert worden, können entweder Fallschirme ausgefaltet (bei Landekapseln bemannter Raumschiffe) oder aerodynamische Strukturen eingesetzt werden (Flügel beim Space Shuttle, Lifting Body). Kurz vor dem Aufsetzen/Aufschlagen der Landekapsel können Bremsraketen gezündet werden, die für eine letzte Verringerung der Landegeschwindigkeit sorgen.
Eine weitere Möglichkeit sind Airbags, die kurz vor der Landung entfaltet werden und das Landegerät beim Aufprall schützen (Mars Exploration Rover). Diese Landemethode ist jedoch recht riskant und kann nur bei leichteren Raumfahrzeugen eingesetzt werden. So wählte die NASA für ihren nächsten Mars-Rover Curiosity eine kontrollierte Landung mit Hilfe von Bremstriebwerken.
Berechnung der Flugbahn
Seit den Anfängen der Raumfahrt war es eine wichtige Aufgabe, den Wiedereintritt verlässlich vorauszuberechnen und insbesondere Zeit und Ort des Verglühens und der Landestelle zu bestimmen.
Die Schwierigkeiten dieser Berechnungen sind/waren unter anderem:
- unzureichende Kenntnis der momentanen Luftdichte in den relevanten Teilen der Abstiegsbahn. Dieses Problem war um 1960 noch völlig ungelöst und hat zu Prognosefehlern von bis zu 2 Tagen geführt.
- dabei ist insbesondere die stark veränderliche Ionosphäre ein die Genauigkeit begrenzender Faktor.
- wechselnder Luftwiderstand des taumelnden und sich drehenden Flugkörpers - bis heute nicht völlig gelöst
- Modellierung des Zerfallens des Flugkörpers (kleinere Teile werden stärker gebremst)
- regionale Einflüsse der Sonnenstrahlung und der Sonnenaktivität
Bei schweren oder regelmäßig geformten Körpern sind die Berechnungen zuverlässiger als bei leichten Satelliten mit verschiedenen Auslegern. Einzelne Abstürze konnten bereits auf wenige Minuten, und die Spur auf einige km genau vorausberechnet werden.
Raumflugkörper, die eine Nutzlast wieder sicher landen sollen, sind daher entsprechend geformt. Die Rückkehrkapsel nimmt dadurch im Flug eine aerodynamisch stabile Lage ein, so dass der Flugkörper mit dem Hitzeschild voran in die Atmosphäre eintaucht (Sojus-Raumschiff, Mercury-Raumschiff).
Bis in die 1970er existierte ein eigenes Netz von visuellen Beobachtern namens Moonwatch, das von der US-amerikanischen Smithsonian Astrophysical Observatory (SAO) betreut wurde und weltweit einige hundert ehrenamtliche Teams umfasste. Die Unterstützung der Satellitenkameras (vor allem der Baker/Nunn-Stationen) durch relativ einfach ausgerüstete Amateurastronomen war notwendig, weil die Kameras trotz technischen Aufwands bei gewissen Bedingungen wenig ausrichten, in denen visuelle Beobachter wesentlich flexibler reagieren können.
Solche Problemfelder sind unter anderem
- Messungen in der Dämmerung (Flugkörper nur dann noch im Sonnenlicht, doch lange Belichtungszeiten unmöglich)
- sehr tiefliegende Flugbahnen
- Ungenauigkeit der Vorausberechnungen knapp vor dem Wiedereintritt, was die Programmierung der Kameras erschwert.
Risiken
Generell sind der Start und die Landung eines (raketengetriebenen) Raumschiffs die kritischen Phasen des Fluges, für die eine erhöhte Unfallgefahr besteht.
Im Falle des US-amerikanischen Space Shuttle ist bekannt, dass das verwendete Hitzeschutzsystem (i.w. bestehend aus Reinforced Carbon-Carbon Panelen und Keramikkacheln) zwar sehr hohen Temperaturen widersteht, auf mechanische Einflüsse aber sehr empfindlich reagiert. Im Februar 2003 verglühte das Space Shuttle Columbia der NASA beim Wiedereintritt am Ende der Mission STS-107 teilweise, weil beim Start des Shuttles mindestens eines der am stärksten belasteten Teile des Hitzeschutzsystems an der linken Tragflächenvorderkante beschädigt wurde. Da diese Beschädigungen während der Mission nicht entdeckt wurden (einige warnende Hinweise von NASA-Mitarbeitern wurden von der Flugleitung ignoriert bzw. bagatellisiert), konnte beim Wiedereintritt das in die Tragfläche eindringende Plasma deren Aluminiumstruktur soweit beeinträchtigen, dass die linke Fläche und daraufhin das gesamte Shuttle zerstört wurden.
Rückführkapseln besitzen Fallschirme, die für die notwendige Abbremsung in der Erdatmosphäre sorgen. Versagen diese Systeme, so kann die Kapsel ebenfalls zu Schaden kommen. Jüngstes Beispiel ist die misslungene Landung der Genesis-Sonde der NASA. Ein weiteres bekanntes Beispiel ist die Landung von Sojus 1 im Jahre 1967, als der Hauptfallschirm sich nicht öffnete und die Landekapsel mit dem Kosmonauten Wladimir Komarow auf der Erde zerschellte. Auch bei Apollo 15 öffneten sich nur zwei der drei Landefallschirme, die Landekapsel konnte jedoch trotzdem sicher landen[1].
Landungen auf dem Mars sind aufgrund der geringen Dichte der Mars-Atmosphäre schwieriger durchzuführen, so dass Landesonden mitunter mit zu hoher Geschwindigkeit auf der Oberfläche aufschlagen und beschädigt werden können. Aus dem gleichen Grund bestehen Begrenzungen in den Landehöhen auf der Marsoberfläche, so können derzeit Sonden nur in Höhen von unter 2 km gelandet werden, womit einige der interessanten Marsregionen nicht erreicht werden können. Dagegen sind die Landungen auf der Venus oder auf Titan aufgrund der dichten Atmosphäre wesentlich einfacher durchzuführen, allerdings birgt der hohe Druck und die hohe Temperatur der Venus-Atmosphäre eine weitere Gefahr für die Landefahrzeuge.
Siehe auch
Einzelnachweise
Literatur
- Hayes, Trackers of the Skies (Academic Press, 1975)
- Moonwatch Newsletters 1965-1975 (SAO Moonwatch Center)
- G.Seeber, Satellitengeodäsie (Wichmann-Verlag, engl.Aufl. 2000)
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