Atmosphäre (Astronomie)

Atmosphäre (Astronomie)
Die Himmelskörper des Sonnensystems mit ihren unterschiedlichen Atmosphären

Die Atmosphäre [atmoˈsfɛːrə] (von griechisch ἀτμός, atmós „Dampf, Dunst, Hauch“ und σφαῖρα, sphaira „Kugel“) ist die gasförmige Hülle um einen Himmelskörper. Sie besteht meistens aus einem Gemisch verschiedener Gase, die vom Schwerefeld des Himmelskörpers festgehalten werden können. Die Atmosphäre ist an der Oberfläche am dichtesten und geht in großen Höhen fließend in den interplanetaren Raum über. Sie bestimmt im Falle ihrer Existenz zum größten Teil das Erscheinungsbild eines Himmelskörpers. Die Atmosphären von Sternen reichen tief in den Raum hinein. Die planetare Atmosphäre ist ein Bestandteil der Geosphäre und liegt über der Hydrosphäre und Biosphäre (falls vorhanden), sowie Pedosphäre und Lithosphäre eines Himmelskörpers.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Bei der Ausbildung einer Atmosphäre spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Zuvorderst die Masse des Himmelskörpers, sein Radius und seine Oberflächentemperatur, sowie die molare Masse der einzelnen Gasteilchen. Masse und Radius bestimmen das Schwerefeld an der Oberfläche. Das Schwerefeld muss dabei ausreichend kräftig sein um zu gewährleisten, dass die in der Regel aus Ausgasungen hervorgehenden Gasteilchen an den Himmelskörper gebunden bleiben und sich nicht in den Weltraum verflüchtigen können.

Entsprechend der kinetischen Gastheorie bewegen sich die Gasteilchen ungeordnet und dabei umso schneller, je höher die Temperatur des Gases ist und je leichter sie sind. Reicht die Anziehungskraft nicht aus, um den Verlust schneller Teilchen langfristig derart zu begrenzen, dass es zu einer positiven Teilchenbilanz kommt (also mehr Gasteilchen durch Ausgasungen hinzukommen, als durch die Überwindung der Gravitation verloren gehen), so kann sich auch keine Atmosphäre ausbilden.

Dabei spielt neben der Größe auch die Oberflächentemperatur des Himmelskörpers eine Rolle, die nicht zu hoch sein darf. Auch die Art der zur Verfügung stehenden Gasteilchen ist wichtig, da zum Beispiel eine Atmosphäre aus Wasserstoff oder Helium viel schwerer an den Planeten zu binden ist als eine aus Sauerstoff oder Stickstoff. Dies liegt daran, dass sich leichte Gasteilchen bei gleicher Temperatur wesentlich schneller bewegen als schwere Gasteilchen. Atmosphären, welche Elemente wie Wasserstoff in größerem Umfang enthalten, finden sich daher vor allem bei den sehr massereichen Gasriesen, die über eine ausreichende Gravitation verfügen.

Letztlich ist nur eine kleine Minderheit der Himmelskörper in der Lage, eine Atmosphäre zu bilden und langfristig an sich zu binden. So besitzt zum Beispiel der Mond, als der nächste Nachbar der Erde, keine Atmosphäre.

Atmosphären der verschiedenen Himmelskörper

Vergleicht man die Himmelskörper unseres Sonnensystems und die Sterne miteinander, so zeigt sich der Einfluss der bei der Ausbildung einer Atmosphäre relevanten Faktoren und offenbart recht unterschiedliche Atmosphären.

Atmosphäre von Sternen

Atmosphäre eines Sterns

Siehe auch Sonnenatmosphäre

Die Sonne bzw. die verschiedenen Sterne haben weitreichende Atmosphären, die mit der Photosphäre, Chromosphäre und Übergangsregion beginnen und mit Korona, Sonnenwind und Heliosphäre im weitestgehenden Sinne tief im interplanetaren Raum an der Heliopause enden. Die Atmosphäre der Sonne besteht weitgehend aus Wasserstoff (ca. 73 %) und Helium (ca. 25%), die in Form ionisierten Plasmas (Sonnenwind und Sonnensturm) die Atmosphären der restlichen Himmelskörper im System beeinflussen.

Atmosphären von Gasriesen

Gasriesen
Siehe auch: Gasplanet

Die Atmoshärenzusammensetzung der Gasriesen wie Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun basieren ähnlich der Sterne im Wesentlichen auf den Stoffen Wasserstoff und Helium. Ihr Kern ist jedoch kalt und der Strahlungsdruck wie bei den Sternen fehlt.

Atmosphären der erdähnlichen Planeten

Erdähnliche Planeten: Merkur, Venus, Erde, Mars (und der Zwergplanet Ceres) …
… und deren Aufbau
  • Die Erdatmosphäre besteht aus einem Stickstoff/Sauerstoff-Gemisch. Sie ist in der Lage, schwere Elemente wie Argon (Ar) in der Atmosphäre zu halten, leichte Elemente/Moleküle wie Wasserstoff (H2) oder Helium (He) verlor sie jedoch im Laufe ihrer Entwicklung.
  • Die Atmosphäre der Venus besteht hauptsächlich aus CO2, ist aber ansonsten der Atmosphäre der Erde am ähnlichsten.
  • Der Mars hat ebenso wie die Venus eine CO2-Atmosphäre. Der größte Teil der Atmosphäre des Mars wurde wahrscheinlich im Laufe der Zeit vom Sonnenwind regelrecht abgetragen und in den Weltraum mitgerissen.
  • Der Merkur hat keine Atmosphäre im herkömmlichen Sinn, sondern vergleichbar mit der Erdatmosphäre nur eine Exosphäre. Die hohen Anteile von Wasserstoff und Helium stammen wahrscheinlich vom Sonnenwind.

Atmosphären von Monden

Monde des Sonnensystems

Siehe auch Monde des Sonnensystems

Atmosphären von Exoplaneten

Exoplaneten in Reichweite

Auch bei Planeten anderer Sternsysteme – den Extrasolaren Planeten – konnte mit verschiedenen Methoden das Vorhandensein von Atmosphären nachgewiesen werden. Bisher jedoch nur im Radius von ca. 300 Lichtjahren um unser Sonnensystem herum.

Atmosphärentabelle

Eine Übersicht der Himmelskörper des Sonnensystems hinsichtlich ihres atmosphärischen Drucks an der Oberfläche und ihrer chemischen Zusammensetzung in Volumenprozent. Gelistet sind die Hauptbestandteile einer Atmosphäre und das Wasservorkommen.

Himmelskörper Druck (hPa) H2 He N2 O2 CO2 SO2 H2O Sonstiges Bemerkungen
Sonne 73,46 % 24,85 % 0,09 % 0,77 % Sonnenatmosphäre
Merkur 10−15 22 % 6 % Spuren 42 % Spuren Spuren 29 % Natrium, 0,5 % Kalium nur Exosphäre
Venus 92.000 12 ppmv 3,5 % 96,5 % 150 ppmv 20 ppmv CO2-Atmosphäre
Erde 1.013 0,5 ppmv 5,24 ppmv 78,084 % 20,946 % 0,04 % ~ 0–4 % 0,93 % Argon, 2 ppmv Methan Erdatmosphäre
Mars 6,36 2,7 % 0,13 % 95,32 % 210 ppmv 1,6 % Argon, ~ 3 ppbv Methan Marsatmosphäre
Jupiter 89,8 % 10,2 % ~ 4 ppm ~ 0,3 % Methan Gasriese
Saturn 96,3 % 3,25 % ~ 0,45 % Methan Gasriese
Uranus ~ 82 % ~ 15 % ~ 2,3 % Methan Gasriese
Neptun ~ 80 % ~ 19 % ~ 1,5 % Methan Gasriese
Pluto 0–0,005 ja Ausdehnung variiert
Mond 3 · 10−10 23 % 25 % Spuren 20 % Argon,
25 % Neon
Erdmond
Europa 10−9 100 %   Jupitermond
Io 90 % Jupitermond
Titan 1.467 98,4 % 0,1 % Argon, 1,5 % Methan Saturnmond
Triton 0,01 99,9 % 0,1 % Methan Neptunmond

Aufbau und Gradienten am Beispiel der Erdatmosphäre

Aufbau am Beispiel der Erdatmosphäre

Druckverlauf

Der Druckverlauf einer Atmosphäre, im Fall der Erdatmosphäre des Luftdrucks, ist in den unteren Bereichen durch die hydrostatische Gleichung bestimmt, die bei im Vergleich zum Planetenradius dünnen Atmosphären wie folgt geschrieben werden:

{\mathrm{d}p \over \mathrm{d}h} = - g \rho (h)

Die Einflussgrößen sind der Druck p, die Höhe h, die Schwerebeschleunigung g und die Dichte ρ. Im Falle konstanter Temperatur reduziert sich die Gleichung zur barometrischen Höhenformel. Im äußeren Bereich ist diese Beschreibung jedoch nicht mehr gültig, da sich die Bestandteile aufgrund der geringen Dichte auf Keplerbahnen oder den Magnetfeldlinien bewegen und sich gegenseitig kaum noch beeinflussen. Zur technischen Modellierung wird die Internationale Standardatmosphäre (ISA) verwendet, welche eine reine idealisierte Betrachtung über den gesamten Planeten darstellt. Die ISA beschreibt den Temperaturverlauf nach den polytropen Zustandsgleichungen. Dazu wird die Atmosphäre in Troposphäre und obere und untere Stratosphäre unterteilt. In der unteren Stratosphäre (11–20 km Höhe) findet überwiegend der internationale Flugverkehr statt. Überschallflüge hingegen in der oberen Stratosphäre.

Untergliederungen

In der Regel ist eine Atmosphäre keine homogene Gashülle, sondern aufgrund zahlreicher innerer und äußerer Einflüsse in mehrere, mehr oder weniger klar gegeneinander abgegrenzte, Schichten einzuteilen, die vor allem durch die Temperaturabhängigkeit chemischer Prozesse in der Atmosphäre und die Strahlungsdurchlässigkeit abhängig von der Höhe entstehen. Im Wesentlichen kann man folgende Schichten nach dem Temperaturverlauf unterscheiden:

  • An der Planetenoberfläche beginnt in der Regel die Troposphäre, in der Konvektionsströmungen vorherrschen. Sie wird begrenzt durch die Tropopause.
  • Darüber liegt die Stratosphäre, in der die Strahlung beim Energietransport dominiert. Sie wird begrenzt durch die Stratopause.
  • In der Mesosphäre wird, vor allem durch Kohlenstoffdioxid, Energie abgestrahlt, so dass in dieser Schicht eine starke Abkühlung erfolgt. Sie wird begrenzt durch die Mesopause.
  • In der Thermosphäre und der Ionosphäre werden die meisten Moleküle durch absorbierte Sonnenstrahlung dissoziiert und sogar ionisiert. Dabei wird die Temperatur deutlich erhöht.
  • Die äußerste Schicht ist die Exosphäre, aus der die vorwiegend atomaren beziehungsweise ionisierten Bestandteile aus dem Schwerefeld des Planeten entweichen können. Sie wird bei Vorhandensein eines Magnetfeldes durch die Magnetopause begrenzt.

Diese Gliederung gibt nur eine grobe Einteilung wieder, und nicht jede Schicht ist bei allen Atmosphären nachweisbar. So besitzt die Venus zum Beispiel keine Stratosphäre, kleinere Planeten und Monde besitzen nur eine Exosphäre, zum Beispiel der Merkur. Für Entstehung und Ausprägung der Dämmerungsfarben ist der vertikale Aufbau der Atmosphäre maßgeblich. Es ist auch möglich die Atmosphäre nicht nach dem Temperaturverlauf, sondern nach anderen Gesichtspunkten zu gliedern, wie:

Siehe auch

Literatur

  • Walter Steiner: Europa in der Urzeit. Die erdgeschichtliche Entwicklung unseres Kontinents von der Urzeit bis heute. Mosaik Verlag, München 1993, ISBN 3-576-10276-0
  • John S. Lewis, et al.: Planets and their atmospheres - origin and evolution. Acad. Press, Orlando 1984, ISBN 0-12-446580-3.
  • Richard P. Wayne: Chemistry of atmospheres - an introduction to the chemistry of the atmospheres of earth, the planets, and their satellites. Oxford University Press, Oxford 2000, ISBN 0-19-850376-8.

Weblinks

 Commons: Planetarische Atmosphären – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Atmosphäre – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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