Willi Studer

Willi Studer

Wilhelm „Willi“ Studer (* 17. Dezember 1912 in Zürich; † 1. März 1996 in Wetzikon) war ein Schweizer Unternehmer, bekannt als Gründer der Marke Revox.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend

Studer wurde unehelich als Wilhelm Mosimann geboren, sein Vater blieb unbekannt. Seine Mutter Emma Mosimann konnte aus finanziellen Gründen nicht für ihr Neugeborenes aufkommen. Im März 1913 erklärte sich das kinderlose Ehepaar Hermann und Elisabeth Müller im luzernischen Neudorf bereit, den Jungen bis auf weiteres in Pflege zu nehmen. Im April 1913 kam er zu seinen endgültigen Eltern, die ihn adoptierten und deren Namen er ab 1927 auch trug: Gottfried Studer, ein Möbelschreiner und seine Frau Rosette.

Im April 1928 beendete Studer das 9. Grundschuljahr in Lotzwil. In fast allen Schulfächern hatte er nur Bestnoten. Er begeisterte sich in seiner Freizeit für Radiogeräte und den Selbstbau dieser. Seine erste Begegnung mit dem neu aufkommenden Medium Rundfunk hatte Wilhelm Studer 1925 bei der ersten Radioausstellung der Schweiz in der Zürcher Tonhalle, sie wurde von der Radiogenossenschaft Zürich organisiert. Am 4. Juni 1928 begann Studer eine Ausbildung zum Elektrofeinmechaniker in einem Vorort von Bern und verwirklichte damit seinen Berufswunsch. Im Dezember 1928 eröffnete ihm sein Chef Robert Utz, dass er ihn entlassen werde, weil er ihm nichts mehr beibringen könne. Statt dessen verschaffte er ihm eine Anstellung im Foto- und Radiogeschäft von Otto Roth in Herzogenbuchsee. Studer blieb dort bis Januar 1931.

Unternehmer

Anfang Juni 1932 gründete Studer in Lotzwil die Einzelfirma Helvetia Radioapparate-Fabrik und baute den Tell-Radioempfänger. Das Startkapital von 3.000 Schweizer Franken gab ihm die Familie von Margrit Beck. Sie war die 25-jährige Tochter des Zürcher Schreinermeisters Hermann Beck, in die sich Studer mit 20 Jahren während seiner Anstellung bei der Firma Bansi-Ansmann AG verliebt hatte. Wegen der zunehmend schlechten wirtschaftlichen Lage auch in der Schweiz verkauften sich seine Geräte aber mehr schlecht als recht. Am 14. April 1934 eröffnete deshalb das Konkursamt Aarwangen den Konkurs über seine Firma. Was blieb, waren einige unverkaufte Geräte und ein Konkursbetrag von 680 Franken der von Studers Verlobten, Margrit Beck, übernommen wurde.

Nach einer Zwischenstation mit Anstellung bei seinem Freund Hermann Holzheu, der ihn als Chefkonstrukteur in seine Firma holte, wurde Studer im Juli 1942 im Rahmen der Generalmobilmachung Rechnungsführer in einem Auffanglager für Kriegsflüchtlinge. Vier Wochen später wurde er dort vom Nachrichtendienst-Offizier Hans Hausmann in das Büro Ha abkommandiert. Bis zu seiner Entlassung aus dem militärischen Hilfsdienst im Dezember 1942 war Studer für den technischen Unterhalt der umfangreichen Sende- und Empfangsanlagen des Büros Ha an den Standorten Teufen und Kastanienbaum verantwortlich.

Im April 1943 gründete Studer zusammen mit seinem Freund Berthold Suhner die Firma Metrohm die sich vor allem auf die Entwicklung und Herstellung von Messgeräten für Strom, Spannung und Leistung spezialisiert hatte. Gegen Ende 1947 kam es nach einigen Schwierigkeiten zur Aussprache zwischen Studer und Suhner wobei in gegenseitigem Einvernehmen die Trennung beschlossen wurde. Am 5. Januar 1948 gründete Studer dann in Herisau die Einzelfirma Will Studer, Fabrik für elektronische Apparate. Dort begann er – noch in den Räumen der Metrohm – mit der Auftragsproduktion von 30 Hochspannungs-Oszillographen für die Firma Emil Haefely.

1946 brachte die New Yorker Brush Development Company eines der ersten amerikanischen Tonbandgeräte überhaupt auf den Markt: den Soundmirror-Recorder. Der erste Importeuer dieser Geräte war der Unternehmer Dr. Hans Caspar und seine Firma Traco Trading Co. Ltd. in Zürich. Obwohl Studer bis zu diesem Zeitpunkt nicht ernsthaft vor hatte, Tonbandgeräte selber herzustellen, hatte er sich mit deren Technik bereits beschäftigt. Über die neue Tonbandtechnik referierte er an der Gewerbeschule Zürich vor Radioelektriker-Lehrlingen und an der Abendschule wo er – der AutodidaktElektriker zu Elektronikern ausbildete.

Im Januar 1949 stellte Caspar ihm ein Soundmirror-Gerät, welches er aus den USA importiert hatte, vor und sagte: „Wenn Sie diese Kiste zum Laufen bringen, können wir beide ein gutes Geschäft machen.“ Studer erkannte damals schnell, dass die Reparatur und Umrüstung für das Schweizer Stromnetz ein „hoffnungsloses Unterfangen“ sein würde. Über diese Tatsache reifte in Studer die Entscheidung, selber Geräte herzustellen. Caspar erklärte sich daraufhin bereit, den Vertrieb der Neuentwicklung zu übernehmen.

Auszeichnungen

1970 wurde Studer aufgrund seiner Verdienste im Bereich der Magnetton- und Studiotechnik von der Audio Engineering Society (AES) zum AES-Fellow und 1975 zum AES-Governor ernannt. Am 1. Dezember 1978 wurde Studer von der ETH Zürich der Doktortitel der Technischen Wissenschaften ehrenhalber verliehen.

Am 1. September 1979 erhielt er auf Grund seiner Verdienste um die Musikindustrie in Nashville, Tennessee vom Stadtpräsidenten Mayor Richard Fulton die Ehrenbürgerschaft. Am 10. November 1979 bekam er wegen seiner Verdienste bei der Entwicklung von professionellen Studiogeräten in Belgrad das Goldene Mikrofon von Radio Belgrad. Am 6. März 1982 wurde Studer mit der Goldmedaille der amerikanischen Audio Engineering Society ausgezeichnet. Am 8. Mai 1982 verlieh ihm Ministerpräsident Lothar Späth die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg.

1988 wurde er in Würdigung seiner Leistungen auf dem Sektor der Tonaufnahme und -wiedergabe mit dem Michael-de-Coanda-Preis „im Dienste der Musik“ ausgezeichnet. Am 2. Januar 1989 erhielt Studer in Anerkennung seines Lebenswerkes in Bonndorf durch den Bürgermeister Peter Folkerts die Ehrenmedaille der Stadt Bonndorf.

Produktentwicklungen

Tonbandgerät Dynavox

Der 37-jährige Studer entwickelte einen Prototyp, der mit dem Soundmirror nichts mehr zu tun hatte. Er konstruierte nicht nur einen neuartigen Band-Schnellantrieb, sondern auch einen neuartigen von 110 auf 220 Volt umschaltbaren Netzanschluss. Zusätzlich entwickelte er einen Tonkopf, mit dem das Gerät statt den damals üblichen Papiertonbändern auch Magnettonbänder abspielen und aufnehmen konnte.

Als Studer seinen Prototyp im Juni 1949 bei Hans Caspar vorstellte, bestellte dieser eine Serie von 500 Stück. Studers Firma stellte sechs neue Mitarbeiter ein, und vor Weihnachten 1949 brachte die Taco & Co. die ersten Studer-Tonbandgeräte unter dem Namen Dynavox auf den Markt. Die Preise für die zwei erhältlichen Ausführungen lagen bei 1.275 und 1.470 Schweizer Franken.

Revox

  • 1949: Dynavox – das erste Tonbandgerät von Wilhelm Studer
  • 1951: Revox T26 – das erste Tonbandgerät mit dem Namen Revox
  • 1954: Revox 60 – der erste Revox-Mono-Plattenspieler
  • 1967–1977: Revox A77 (MK I bis MK IV) – die erfolgreichste Tonbandgeräteserie von Revox mit über 186 verschiedenen Versionen und mehreren Hunderttausend verkauften Exemplaren
  • 1969–1977: Revox A76 (MK I bis MK III) – der erste FM-Tuner
  • 1977–1982: Revox B790 – erster Plattenspieler mit Tangentialtonarm
  • 1977–1999: Revox B77 – Tonbandmaschine
  • 1983: Revox B225 – der erste CD-Player von Revox
  • 1981–1984: Revox B710 – Kassettentonbandgerät; das weltweit nach wie vor einzige Gerät (neben den Studer-Typen) mit Viermotorenlaufwerk
  • 1988: Die Revox-C-Serie (Modelle C270, C274, C278) – die zuletzt entwickelte Bandmaschinenserie

Studer

  • 1951: Studer A27 – die erste von Studer entwickelte Tonbandmaschine
  • 1958: Studer 69 – das erste Mischpult
  • 1961–1970: Studer C37 – Röhren-Tonbandmaschine
  • 1963–1970: Studer J37 – die erste Mehrkanaltonbandmaschine mit Röhrentechnik, auf der auch die Beatles in den Abbey Road Studios das Album Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band und weitere Platten produzierten
  • 1970–1988: Studer A80 – die am längsten gebaute und am häufigsten verkaufte Studer-Tonbandmaschine mit den meisten Lieferversionen. Nahezu alle berühmten Musikproduktionen aus dieser Zeit wurden mit der A80 produziert. Unter anderem produzierten Abba, Pink Floyd (The Dark Side of the Moon) und Frank Zappa mit diesem Gerät.
  • 1985: Studer A725 und A725 QC – die ersten CD-Player von Studer in Zusammenarbeit mit Philips
  • 1986: Studer A807 – auch heute noch stark verbreitete Universal-Tonbandmaschine. Zudem das kleinste von Studer gefertigte Tonbandgerät.
  • 1986: Studer D820X – erstes Digitaltonbandgerät
  • 1989: Studer D820 MCHDASH-Mehrkanaltonbandmaschine mit bis zu 48 Kanälen. Dies war das letzte Gerät, bei dem Studer im Alter von 77 Jahren noch bei der Entwicklung mitwirkte.

Literatur

  • Peter Holenstein: Die sprechenden Maschinen. Studer-Revox – Das Lebenswerk des Audiopioniers Willi Studer. Schweizer Verlagshaus, Zürich 1996; 3. A. Oesch, Zürich 2001, ISBN 3-85833-788-9
  • Kurt Eggmann: Die Studer-Legende. In: Cut, 11/2008, S. 16–21

Weblinks


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