Wolf Graf von Baudissin

Wolf Graf von Baudissin
Wolf Graf Baudissin, 1954 bei einer Diskussion mit Jugendlichen in Köln

Wolf Stefan Traugott Graf von Baudissin (* 8. Mai 1907 in Trier; † 5. Juni 1993 in Hamburg) war ein deutscher General, Militärtheoretiker und Friedensforscher. Er war Sohn des preußischen Regierungspräsidenten in Trier, Theodor Graf von Baudissin und seiner Frau Elis, geb. von Borcke. Baudissin war maßgeblich am Aufbau der Bundeswehr und insbesondere an der Entwicklung der Inneren Führung beteiligt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wappen der Grafen Baudissin

Von 1925 bis 1926 studierte Baudissin in Berlin zwei Semester Rechtswissenschaften, Geschichte und Nationalökonomie. Anschließend trat er als Fahnenjunker in das Infanterie-Regiment 9 der Reichswehr ein, kehrte jedoch bereits 1927 ins Zivilleben zurück, um eine landwirtschaftliche Ausbildung zu absolvieren. Nach deren Abschluss trat er 1930 wieder in den aktiven Dienst und wurde nach weiterer militärischer Ausbildung 1933 zum Leutnant befördert. 1935 wurde er Regimentsadjutant und besuchte ab 1938 die Ausbildung zum Generalstabsoffizier an der Kriegsakademie in Berlin. 1939 zum Hauptmann befördert wurde er 1941 auf Wunsch Erwin Rommels zum Generalstab des Afrikakorps versetzt.

Bereits nach kurzer Zeit fiel er 1941 in britisch-australische Kriegsgefangenschaft, die er bis 1947 im Kriegsgefangenenlager Durringhile (Victoria, Australien) verbrachte. Während dieser Zeit wurde er zum Major in absentia befördert. Im Lager hatte er die Idee der so genannten „Kriegsgefangenenuniversität“. Dort unterrichteten die fachkundigen deutschen Kriegsgefangenen ihre Kameraden in Fächern wie Strategie, aber bereiteten sie auch auf ein Leben nach dem Krieg vor.

Nach Deutschland zurückgekehrt, wurde Baudissin schon bald zu jener Gruppe von Militärexperten der Regierung Adenauer hinzugezogen, die im Oktober 1950 die geheime „Himmeroder Denkschrift“ verfassten. Baudissin war der zweitjüngste im Kreise meist sehr viel höherrangiger ehemaliger Offiziere. Er befasste sich besonders mit dem inneren Gefüge künftiger Streitkräfte und wurde zusammen mit Johann Adolf Graf von Kielmansegg und Ulrich de Maizière zu einem der geistigen Väter der Reformkonzeption der Inneren Führung.

1951 trat er als Referatsleiter in das Amt Blank ein, wurde 1955 Unterabteilungsleiter im BMVg und 1956 als Oberst in die Bundeswehr übernommen. 1958 bis 1961 kommandierte Baudissin eine Kampfgruppe, die spätere Panzerbrigade 4. 1961 wurde er als Abteilungsleiter „Operations and Intelligence“ in das NATO-Hauptquartier nach Fontainebleau versetzt. Von 1963 bis 1965 war er Kommandeur des NATO Defence College in Paris und anschließend als Generalleutnant Stellvertretender Chef des Stabes für Planung und Operation beim NATO-Oberkommando Europa (SHAPE) in Paris und später in Casteau (Belgien).

Noch während seiner aktiven Dienstzeit trat Baudissin 1966 der Gewerkschaft ÖTV bei. Mit Erreichen der Altersgrenze trat Baudissin 1967 in den Ruhestand und wurde wissenschaftlich und politisch tätig. 1968 in die SPD eingetreten, unterstützte Baudissin 1972 öffentlich den Wahlkampf von Willy Brandt. Baudissin war Mitglied der 1981 im Rahmen der Friedensbewegung gegründeten Gruppe Generale für den Frieden, die sich später als vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gesteuert herausstellte.

Von 1971 bis 1984 war er Gründungsdirektor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, wo er 1979 zum Professor ernannt wurde. 1980 bis 1986 war er außerdem Dozent für Sozialwissenschaften an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg.

Baudissin war mit der Bildhauerin Dagmar Burggräfin und Gräfin zu Dohna-Schlodien (1907-1995) verheiratet. Sie war eine Tochter des Juristen und Politikers Alexander Graf zu Dohna-Schlodien.

Ehrungen

  • 1965 Verleihung des „Freiherr-vom-Stein-Preises“ der Körber-Stiftung zusammen mit den Generalen Graf von Kielmannsegg und Ulrich de Maiziere
  • 1967 bekam er den Theodor-Heuss-Preis und das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband verliehen
  • Am 19. April 1994 wurde der Aula des Hörsaalgebäudes des Zentrums für Innere Führung der Bundeswehr in Koblenz der Name „Forum Wolf Graf v. Baudissin“ verliehen.
  • Am 7. Juni 1994 wurde die „General-Schwartzkopff-Kaserne“ in Hamburg-Osdorf in „Generalleutnant-Graf-von-Baudissin-Kaserne“ umbenannt.

Veröffentlichungen

  • Soldat für den Frieden. Entwurf für eine zeitgemäße Bundeswehr. Beiträge 1951-1969. Piper, München 1969 (Neuauflage 1982, ISBN 3-492-01792-4)
  • Nie wieder Sieg. Programmatische Schriften 1951-1981. Herausgegeben von Cornelia Bührle und Claus von Rosen. Piper, München 1984, ISBN 3-492-00542-X
  • Zur Friedensforschung, so wie Graf Baudissin sie verstand und betrieb, vgl. die umfassende "fachliche" Festschrift Im Dienst fuer Frieden und Sicherheit [Baden-Baden (Nomos) 1985, ISBN 3-7890-1046-4], herausgegeben von Dieter S. Lutz, anlässlich der Verabschiedung von Graf Baudissin als Institutsdirektor des IFSH 1984 aus Altergruenden.
  • ...als wären wir nie getrennt gewesen. Briefe von Wolf Graf von Baudissin und Dagmar Gräfin zu Dohna. Hrsg. von E. Knoke. Bouvier, Bonn 2001, ISBN 3-416-02987-9 (Darin auch [S.258 ff] Baudissins Abschiedsrede 1986 im Hamburger Institut, die einen guten knappen Ueberblick ueber seine Problemsicht gibt. Ebenfalls dort eine kurze aber lebendige Darstellung des Familien- und gesellschaftlichen Hintergrundes von Baudissin und seiner Frau.)
  • Graf von Baudissin. Als Mensch hinter den Waffen. Quellenedition, herausgegeben und kommentiert von Angelika Dörfler-Dierken. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 3-525-57121-6 (Rezension)
  • Wolf Graf von Baudissin 1907-1993. Modernisierer zwischen totalitärer Herrschaft und freiheitlicher Ordnung, herausgegeben im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes von Rudolf J. Schlaffer und Wolfgang Schmidt. R. Oldenbourg Verlag, München 2007, ISBN 978-3-486-58283-3

Literatur

  • Schlaffer, Rudolf J.; Schmidt, Wolfgang (Hrsg.): Wolf Graf von Baudissin 1907-1993. Modernisierer zwischen totalitärer Herrschaft und freiheitlicher Ordnung. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2007. ISBN 978-3-486-58283-3

Rezension: [1]

Weblinks


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