Wolgadeutsch

Wolgadeutsch
Bauernehepaar aus dem Wolgagebiet im Flüchtlingslager Schneidemühl, 1920

Wolgadeutsche sind Nachkommen deutscher Einwanderer, die im Russischen Reich unter der Regierung Katharinas der Großen an der unteren Wolga ansässig wurden.

Zusammen mit den Nachkommen deutscher Siedler in anderen Gebieten des ehemaligen Zarenreichs bilden sie den Großteil der Russlanddeutschen. Das Zentrum der Wolgadeutschen war die Stadt Pokrowsk (seit 1924 Engels). Zwischen 1924 und 1942 waren sie innerhalb der Sowjetunion in der Wolgadeutschen Republik organisiert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte der Russlanddeutschen

Die Siedler, die überwiegend aus Bayern, Baden, Hessen, der Pfalz und dem Rheinland kamen, folgten in den Jahren 1763 bis 1767 der Einladung ihrer Landsmännin, der Zarin Katharina II., in ihr neues Siedlungsgebiet, wo sie etwa einhundert Dörfer gründeten. Sie wurden angeworben, um die Steppengebiete an der Wolga zu kultivieren. Die deutschen Siedler fanden im russischen Reich günstige Bedingungen vor, u. a. erhielten sie einen politischen Sonderstatus, der das Recht auf Beibehaltung des Deutschen als Verwaltungssprache sowie auf Selbstverwaltung umfasste. Diese Selbstbestimmungsrechte wurden am Ende des Zarenreiches und nach einer Anfangsphase auch in der Sowjetunion eingeschränkt. 1924 wurde die Autonome Sozialistische Sowjetrepublik der Wolgadeutschen geschaffen, nachdem das Gebiet bereits nach der Oktoberrevolution ab 1918 Autonomie erlangt hatte. Die wolgadeutsche Republik, die 1941 aufgelöst wurde, hatte etwa 600.000 Einwohner, wovon etwa zwei Drittel deutscher Abstammung waren. Nach dem Überfall des 3. Reiches auf die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg wurden die etwa 400.000 Wolgadeutschen der kollektiven Kollaboration beschuldigt und nach Sibirien und Zentralasien deportiert, dort oftmals in Arbeitslager gezwungen. 1964 wurden sie offiziell vom Vorwurf der Kollaboration befreit und die Bundesrepublik Deutschland ermöglichte ihnen seit den 1970er Jahren die Ausreise nach Deutschland.

Berühmte Wolgadeutsche

Berühmte Wolgadeutsche sind:

  • Georg Dinges, Gelehrter, Linguist und Ethnograph
  • Gabriel Heinze, Fußballspieler
  • Cristina Fernández de Kirchner, Präsidentin Argentiniens
  • Tanja Szewczenko (hat russlanddeutsche Mutter), Eiskunstläuferin, Schauspielerin
  • Chris Isaak, US-Russlanddeutscher Sänger
  • Herrmann Gräf, Politiker
  • Naty Hollmann (Naty Petrosino)
  • Paul Rau, Gelehrter, Archäologe
  • Igor Pleve, Gelehrter und Politiker, Historiker
  • Alfred Koch, Mikrobiologe
  • Bernhard Ludwig von Platen, Dichter
  • Andreas Dulson, Gelehrter, Linguist, Ethnograph und Archäologe
  • Andreas Kramer, Dichter und Schriftsteller
  • Alfred Schnittke, Komponist
  • Eduard Rossel, Politiker
  • Bruno Reiter, Politiker und Gelehrter, Biologe
  • Boris Rauschenbach, Gelehrter, Physiker
  • Carl Ferdinand von Wahlberg, Arzt, Schriftsteller
  • Jakob Hamm, ehem. Direktor einer Organisation zur Errichtung von Einrichtungen für deutsche Aussiedler in der Oblast Uljanowsk und Geschäftsmann
  • Robert Korn, Historiker, Schriftsteller, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Wolgadeutschen e.V.

Siehe auch

Weblinks


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