Zahnradbahn Sassi-Superga

Zahnradbahn Sassi-Superga
Zahnradbahn Sassi-Superga (Talstation)

Die Zahnradbahn Sassi-Superga (italienisch: Tranvia a dentiera Sassi-Superga – oder – Cremagliera Sassi-Superga), in Deutschland auch als Superga-Zahnradbahn oder früher Supergabahn bekannt, ist eine Zahnradbahn in Turin. Sie führt vom Stadtteil Sassi auf den Berg Superga zur Wallfahrtskirche Basilica di Superga in einer Höhe von 672 Meter (2.205 ft). Von hier aus hat man über den Fluss Po eine ausgezeichnete Sicht auf Turin und die schneebedeckten Alpen. Aufgrund des straßenbahnmäßigen Aussehens der Fahrzeuge wird die Bahn oft zu den Straßenbahnen gezählt (Tranvia oder Tramvia) und wird offiziell auch als solche bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Anfänge

Standseilbahn Sassi-Superga nach dem System Agudio (mit komplett offenem Antriebswagen)

Die Bahn wurde am 27. April 1884 als Standseilbahn nach dem System von Tommaso Agudio eröffnet. Diese war eine durch ein Seil angetriebene Zahnradbahn (Zahnradgetriebene Standseilbahn), wobei ein auf Schienenhöhe seitlich angebrachtes umlaufendes Stahlseil einen Antriebswagen („Agudio-Lokomotive“) bewegte. Nach historischen Bildern zu schließen, hatten die Antriebswagen entweder keinen Aufbau oder waren mit einem fensterlosen Kasten versehen. [1]

Das Seil wurde bei Bergfahrt durch eine ortsfeste Dampfmaschine in der Bergstation bewegt und führte beim Antriebswagen über zwei große an den Seiten angebrachte Seilscheiben, die vier unter dem Fahrzeug liegende Zahnräder antrieben. Die Zahnräder griffen paarweise horizontal in eine in Gleismitte angebrachte Zahnstange ein, die dem System Locher ähnelte (Fischgrätenzahnstange). Der Antriebswagen schob ein bis drei Personenwagen bergauf, befand sich also wie bei den meisten frühen Zahnradbahnen aus Sicherheitsgründen immer am talseitigen Zugende.

Die Talfahrt erfolgte mit stehendem Seil, wobei die Geschwindigkeit des Zuges mit den Bremsen des Antriebswagens kontrolliert wurde. Der Antriebswagen selbst transportierte aufgrund des aufwändigen Antriebssystems keine Fahrgäste, sondern war nur mit dem Wagenführer und einem Bremser besetzt. Im Ganzen waren auf der eingleisigen Anlage mit Ausweichstelle mindestens zwei Antriebswagen im Einsatz, die für schwere Züge bei Bedarf auch in Doppeltraktion verkehren konnten.

Die Sassi-Superga-Bahn war die dritte mit diesem System ausgestattete Anlage in Italien. Die 3,135 km (3135 m) lange Strecke besitzt eine Spurweite von 1.445 Millimeter. Sie überwindet auf ihrer Fahrt einen Höhenunterschied von 419 Metern (1.375 Fuß) und hat eine Steigung von bis zu 20 Prozent. In der oberen Hälfte der Strecke fährt sie durch einen kleinen, etwa 60 Meter langen Tunnel. Sie führt vom Turiner Stadtteil Sassi auf den Berg Superga zur Wallfahrtskirche Basilica di Superga in einer Höhe von 672 Meter(2.205 ft). Von hier aus hat man über den Fluss Po eine ausgezeichnete Sicht auf Turin und die schneebedeckten Alpen.

Während des Ersten Weltkriegs wurde der Betrieb aufgrund der durch die Umstände bedingten stark rückläufigen Fahrgastzahlen vorübergehend eingestellt, jedoch Anfang 1919 wieder in Betrieb genommen. Im Jahre 1922 wurde die stationäre Dampfmaschine durch einen Elektromotor ersetzt, der das Seil für die Agudio-Lokomotiven noch bis 1934 antrieb.[2]

Der Umbau

Nach dem Riss eines der beiden Seile, der jedoch aufgrund des wirksamen Notbremssystems ohne Folgen blieb, baute man die Bahn vom 24. Oktober 1934 bis 16. April 1935 zu einer konventionellen elektrisch angetriebenen Zahnradbahn mit einer Zahnstange nach System Strub (nach Emil Strub) um. Die Strub-Zahnstange (Schienenzahnstange/Zahnkopfschiene/Zahnschiene) wurde gewählt, da diese einerseits (wie schon bei der Jungfraubahn in der Schweiz) hervorragend bewährt war, andererseits aber auch einfacher und billiger zu installieren war als andere Systeme wie z.B. das verbreitete System Riggenbach (Leiterzahnstange nach Niklaus Riggenbach). In der Folge erhielten die meisten Zahnradbahnen in Italien bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls Strub-Zahnstangen.

Die Fahrzeuge wurden durch neue Triebwagen von OM Stanga mit eingebauten Elektromotoren und einem für die Strub-Zahnstange entsprechend vertikal eingreifenden Zahnradantrieb ersetzt. Diese werden seitdem von einer dritten seitlich angebrachten Stromschiene mit 600 Volt Gleichstrom versorgt. Die nicht mehr benötigten Antriebswagen wurden verschrottet sowie die Personenwagen umgebaut oder an andere Bahnen verkauft. Mit maximal zwei Beiwagen kann ein Zug so maximal 220 Fahrgäste in rund zwanzig Minuten auf den Berg hinaufbefördern.

Das Depot besitzt allerdings interessanterweise keine Zahnstange oder Stromschiene, so dass die Fahrzeuge hier mit Hilfe von über eine eigene Oberleitung mit Strom versorgten kleinen elektrischen Rangierlokomotiven verschoben werden.

Heutige Situation

Die Strecke wird seit dem Umbau mit drei reinen Zahnrad-Triebwagen sowie einigen Beiwagen betrieben. Häufiger werden die Triebwagen vor allem in schwächeren Verkehrszeiten auch solo eingesetzt. Die frühere Ausweichstelle in der Mitte der Strecke ist noch sichtbar, hat aber nur noch ein Gleis, so dass immer nur ein Zug auf der Strecke fahren kann.

Obwohl die Bahn nicht in den Straßen der Stadt Turin verkehrt, haben die Fahrzeuge sowohl Aussehen als auch einige Merkmale von Straßenbahnwagen. Daher wird die Bahn oft auch zu den Straßenbahnen gezählt und wird offiziell auch als solche bezeichnet (Tranvia a dentiera Sassi-Superga = Zahnrad-Straßenbahn Sassi-Superga).

Ein interessantes Kuriosum dabei ist, dass die Bahn über einen Gleisanschluss an das städtische Straßenbahnnetz von Turin der Gruppo Torinese Trasporti (GTT) verfügt, es jedoch in der betrieblichen Praxis zu keinem Wagenübergang kommt. Dieser dient heute ausschließlich dazu, um den Abtransport der Fahrzeuge in die Hauptwerkstatt zu Instandsetzungen zu erleichtern.

Obwohl die Bahn in den 1930er Jahren mit beträchtlichem Aufwand in eine Zahnradbahn umgebaut wurde, kann man an einigen Stellen entlang der Strecke noch immer die Einrichtungen der Seilführung der ehemaligen zahnradgetriebenen Standseilbahn entdecken.

Die Bahn stellt einen festen Bestandteil des Turiner ÖPNV dar. Dennoch kommt es manchmal zu einer zeitweiligen Einstellung der Beförderung.

Einzelnachweise

  1. Walter Hefti: Schienenseilbahnen in aller Welt. Schiefe Seilebenen, Standseilbahnen, Kabelbahnen. Birkhäuser, Basel 1975, ISBN 3-7643-0726-9, S. 113 - 114
  2. In der Talstation ausliegendes Faltblatt

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Zahnradbahn Sassi-Superga – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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