Zaidismus

Zaidismus

Als Zaiditen wird sowohl eine islamische Rechtsschule als auch eine jeminitische Herrscherdynastie bezeichnet, die dieser Rechtsschule anhing.

Die Zaiditen oder Fünfer-Schiiten führen ihre Lehre auf Zaid ibn Ali Zain al-Âbidin zurück, einen Nachkommen des Propheten Mohammed, der sich 740 in Kufa gegen die Herrschaft der Umayyaden erhoben und dabei den Tod gefunden hatte.

Sie sind die dem sunnitischen Islam am nächsten stehende Gruppe der Schiiten. Sie unterscheiden sich von den Sunniten vor allem durch ihre politische Theorie. Die Führung der Gemeinde ist ausschließlich den Nachkommen des Propheten durch seine Enkel Hasan ibn 'Alī und Al-Husain ibn 'Alī vorbehalten, die sich durch eine Reihe von Qualitäten auszeichnen müssen. Neben der noblen Abstammung müssen sie eine tiefe Kenntnis des islamischen Rechts (Fiqh) vorweisen können, körperlich und geistig ohne Makel, männlichen Geschlechts, volljährig, rechtschaffen, mutig und freigebig sein sowie Organisationstalent aufweisen. Die Bestimmung des Imams erfolgt nicht durch Wahl oder Designation des Vorgängers, sondern durch Autoproklamation bzw. „Ruf“ (da'wa) eines Prätendenten, der alle Bedingungen der legitimen Führerschaft (shurût al-imâma) in sich erfüllt glaubt. Die zaiditische Rechtsschule hat sich nur noch in den nördlichen Regionen der Republik Jemen erhalten. Zaiditen haben im Vergleich mit den sogenannten Imamiten oder Zwölfer-Schiiten kaum iranische Elemente in ihren Glauben aufgenommen.

Geschichte

896 kam Yahya al-Hadi aus dem Irak in den nördlichen Jemen und gewann unter den Stämmen um Sada als Vermittler in Konflikten erheblichen Einfluss. Diesen nutzte er zur Verbreitung des zaiditischen Islam. Yahya wurde der erste von weiteren 65 Imamen der Zaiditen im Jemen (bis 1962). Zwar versuchten die Zaiditen 901 Sanaa zu erobern, doch mussten sie sich in der Folgezeit gegen Angriffe der Dschufiriden, Sulaihiden und Rasuliden behaupten.

Erst um 1324 gelangen die Eroberung von Sanaa und die Ausweitung der Zaiditenherrschaft im jemenitischen Bergland. Nach dem Sturz der Rasuliden (1455) wurde auch der Südjemen unterworfen.

Mit der Entdeckung des Seeweges von Europa nach Indien geriet der Jemen verstärkt in den Blickpunkt der Handelsmächte. Zunächst konnten Angriffe der Portugiesen [1513) und Mamelucken auf Aden (1515-1517) abgewehrt werden. Nach der Eroberung von Ägypten begannen auch die Osmanen mit der Eroberung des Jemen. Zwar gelang diesen die Besetzung von Aden, doch gelang die Unterwerfung des Berglandes (bis 1548) nur unter sehr hohen Verlusten. Zwischen 1537 und 1600 sollen allein 70000 osmanische Soldaten im Jemen gefallen sein.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts erwuchs den Osmanen mit dem Prophetennachkommen al-Qâsim ibn Muhammad ein neuer und gefährlicherer Gegenspieler. Al-Qâsim proklamierte sich 1597 in der Provinz al-Sharaf (nordwestlich von Sanaa gelegen) zum Imam (d.h. zum religiös-politischen Führer der muslimischen Gemeinde) und rief die Bevölkerung zum Dschihad gegen die Osmanen auf. Unter al-Mansûr al-Qâsim (1597–1620) und seinem Sohn al-Mu`ayyad Muhammad (1620–1644) zwangen zaiditische Truppen, die sich vor allem aus Stammesleuten zusammensetzten, die Osmanen zur Räumung des Landes und begründeten damit die qâsimidische Dynastie. Nach heftigen Kämpfen zogen die letzten osmanischen Truppen 1635 aus dem Jemen ab.

Nach dem osmanischen Abzug konnten die Zaiditen unter Imam Mutwakkil Ismail (1644-1676) wieder den gesamten Jemen bis nach Dhofar vereinigen. In dieser Zeit kam es durch den Anbau von Kaffee und dessen Handel zu einem großen Wirtschaftsaufschwung. Zentrum des blühenden Kaffeehandels wurde Mocha, in dem die Holländer, Engländer und Franzosen Handelsniederlassungen errichteten. Im 18. Jahrhundert endete allerdings der Aufschwung, als die Holländer mit dem Kaffeeanbau in ihren Kolonien in Indonesien begannen. Damit war der jemenitische Kaffee nun nicht mehr konkurrenzfähig und es begann der wirtschaftliche Niedergang. Auch konnte sich in dieser Zeit der Südjemen von den Zaiditen lösen.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts geriet der Jemen wieder verstärkt in den Blickpunkt der regionalen und internationalen Großmächte. So besetzten zunächst die Wahabiten die Tihama (1803) wurden aber von den Ägypten abgelöst (1821-1840). Dies führte wiederum zur Besetzung Adens durch Großbritannien, das sich den Zugang zum Roten Meer sichern wollte (1839). In der Folgezeit sollte der Südjemen unter britischer Herrschaft eine gesonderte Entwicklung durchlaufen.

Im Nordjemen gerieten die Zaiditen nach 1872 wieder unter die Herrschaft der Osmanen. Allerdings mussten diese, nach einem heftigen Guerillakrieg der Zaiditen, Imam Yahya bin Muhammad (1904-1948) faktisch als Herrscher im Nordjemen anerkennen. Diesem und seinen Nachfolgern gelang es aber nicht das Land zu modernisieren. Wegen der konservativen Herrschaft der Könige, wurde die Monarchie 1962 gestürzt und damit auch die Dynastie der Zaiditen beendet.

Literatur

  • Cornelis van Arendonk: Les débuts de l'imamat zaidite au Yemen, Leyde, Brill , 1960

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