Sanaa

Sanaa
Sanaa
Sanaa
Basisdaten
Gouvernement Sanaa
Koordinaten 15° 21′ N, 44° 12′ O15.34833333333344.206388888889Koordinaten: 15° 21′ N, 44° 12′ O
Höhe 2.200 m ü. NN
Einwohner 2.079.158 (2010) [1]
Lage
Yemen map (German).png
Altstadt von Sanaa*
UNESCO-Welterbe Welterbe.svg

Sana.jpg
Staatsgebiet JemenJemen Jemen
Typ Kultur
Kriterien iv,v,vi
Referenz-Nr. 385
Regionª Asien und Ozeanien
(† Arabische Staaten)
Geschichte der Einschreibung
Einschreibung 1986  (Sitzung 10)

* Der Name ist auf der Welterbe-Liste aufgeführt.
ª Die Region ist von der UNESCO klassifiziert.

Die Residenz des Imams Yahya im Wādī Ẓahr nahe Sanaa
Logo der arabischen Kulturhauptstadt 2004
typische Turmhäuser

Sanaa (arabisch ‏صنعاءṢanʿāʾ) [sˤɑnʕaːʔ], manchmal auch Sana oder Sana'a[2] geschrieben, ist die Hauptstadt Jemens mit 2.079.158 Einwohnern (Stand 1. Januar 2010).

Sanaa ist das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Die Stadt liegt 2200 Meter über dem Meeresspiegel am Westfuß des durch seine Eisengruben berühmten Bergs Nokum, 320 Kilometer nördlich von Aden und rund 150 Kilometer östlich von der Küste des Roten Meeres entfernt. Das heute bereits bebaute Gebiet der Stadt bedeckt eine Fläche von fast 200 Quadratkilometern, der Flächenverbrauch schreitet schnell voran.

Geschichte

Die ältesten Inschriften, die Sanaa als Stadt erwähnen, gehen auf das 1. Jahrhundert zurück. Es wird aber vermutet, dass an dieser Stelle schon früher gesiedelt wurde. Im 10. Jahrhundert nennt Muhammad al-Hasan al-Hamdani den sabäischen König Sha'r Awtar als Gründer der Stadt, der auch den berühmten Ghumdan-Palast erbaut haben soll. Sha'r Awtar lebte in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhundert. Eine Gründungslegende nennt Noachs Sohn Sem als den Gründer der Stadt (Madinat Sam, die Stadt Sems), wobei der alte Name der Stadt Azal angeblich auf Uzal, einen Nachkommen Sems, zurückgeht. Daneben wird das Reich der Sabatäer verantwortlich für die Stadtgründung gemacht. Als Hauptstadt der Himyariten (seit 520) war Sanaa im 6. Jahrhundert zwischen Persien und Abessinien umkämpft. Während der 50jährigen Herrschaft der Abessinier (siehe: Abraha) wurde mit Hilfe des byzantinischen Kaisers Justinian I. eine große Kathedrale gebaut, welche als die größte südlich des Mittelmeerraums galt.

628 nahm Jemen den Islam an, und der Prophet Muhammad persönlich soll die Anweisungen zum Bau der ersten Moschee in Sanaa gegeben haben. Im 12. Jahrhundert fiel es unter die Herrschaft der Ayyubiden.

Die Stadt wurde von einem Imam beherrscht, welcher die weltliche und geistliche Macht in sich vereinigte, und dessen Würde erblich war. Durch das Eindringen des Paschas von Ägypten nach Jemen – 1517 wird Sanaa autonomes Sultanat – wurde die Macht des Imams nach und nach auf die Stadt Sanaa und einige andere Plätze beschränkt, bis Mitte der 1850er Jahre die herrschende Familie definitiv abgesetzt wurde und an Stelle der Imams wähl- und absetzbare Scheichs traten.

Im 18. Jahrhundert betrat mit Carsten Niebuhr der erste Europäer der Neuzeit die Stadt. Seine Expedition stand im Auftrag von König Friedrich V. (Dänemark). Von 1872 bis 1890 wurde es osmanisch regiert. Die Osmanen leiteten ein Modernisierungsprogramm für die Stadt ein.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wies die Stadt ein Kastell und Mauern mit Türmen, 50 Moscheen, Karawansereien, öffentliche Bäder, Gärten und Weinberge, lebhaften Handel (besonders mit Kaffee), und ca. 30.000 Einwohner auf. Darunter waren auch 1500 Juden. Eine Wasserleitung führte das Wasser vom Berg Nokum in die Stadt.

Sanaa war Hauptstadt des Imams Yahya bin Muhammad (1904–1948). Nach dessen Ermordung 1948 verlegte sein Sohn, Ahmad ibn Yahya (1948–1962), die jemenitische Hauptstadt nach Taizz. Nach dessen Tod wurde 1962 die Arabische Republik Jemen (Nordjemen) ausgerufen. Es kam zum Bürgerkrieg, der bis 1969 währte. Die Verbündeten Nordjemens, Ägypten und die Sowjetunion, unternahmen große Vorhaben zur städtebaulichen Entwicklung. Nach der Wiedervereinigung beider Jemen 1990 wurde Sanaa Hauptstadt des gesamten Jemen.

Bevölkerungsentwicklung

Hatte Sanaa noch 1975 nur 135.000 Einwohner, so waren es 1985 durch Zuwanderung und allgemeine Landflucht bereits 400.000. 2008 waren es bereits über zwei Millionen. Das Bevölkerungswachstum schreitet unkontrolliert voran, die meist einfachen Siedlungen breiten sich in alle Richtungen aus. Die oft selbst errichteten, relativ geräumigen Häuser hinterlassen allerdings nicht den Eindruck von Notunterkünften, wie sie aus Südamerika oder Indien bekannt sind. Die klassische Altstadt wird aber von weniger als 50.000 Menschen bewohnt. Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand.

        Jahr         Einwohner
1911 20.000
1921 23.000
1931 25.000
1940 80.000
1963 100.000
1965 110.000
        Jahr         Einwohner
1975 134.600
1981 280.000
1986 427.505
1994 954.448
2001 1.590.624
2005 1.937.451

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Sanaa ist weltberühmt für seine einzigartige Architektur. Das Nationalmuseum ist heute in einem kürzlich renovierten ehemaligen Palast des Imams (Herrschers) untergebracht. Es befindet sich am Tahrir Square im Zentrum der Stadt.

Die Altstadt [3] ist von einer Stadtmauer umgeben, die von acht Toren unterbrochen wurde, von denen heute nur noch eines, das 1875 errichtete und 1905 von den Türken in seine bis heute bestehende Form gebrachte Bab al-Yaman (Jemen-Tor), erhalten ist.[4] Sie besteht aus Tausenden von bis zu acht Stockwerken hohen Turmhäusern in Lehmbauweise, welche vor mehreren hundert Jahren erbaut wurden.

Sanaa wurde 1988 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt und in der Folge restauriert. Das Restaurierungsprojekt wurde 1995 mit dem Aga Khan Award for Architecture ausgezeichnet. In der Altstadt gibt es verschiedene Museen und einen Basar, auf dem unter anderem mit Schmuck, Silber, Seide, Lederwaren und Teppichen gehandelt wird.

Musik

Der musikalische Regionalstil von Sanaa ist die um 1900 entstandene Liedgattung al-ghināʾ al-Ṣanʿānī, die aus mystischen Sufi-Liedern, deren Tradition bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht, und dem Musikstil, den osmanische Offiziere im 17. Jahrhundert ins Land brachten, entstanden ist. Sänger trugen früher die nach der jemenitischen Umgangssprache benannte Homaynī- Poesie mit der viersaitigen Laute Qanbus oder dem Kupfergong Sahn Nuhasi als Begleitung vor. Beide Instrumente wurden seit Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend durch die arabische Laute Oud (ʿud) ersetzt. Der Qanbus war so mit der Stadt verbunden, dass er auch ʿud ṣanʿānī genannt wurde.[5]

Arabische Kulturhauptstadt 2004

2004 war Sanaa arabische Kulturhauptstadt. [6] Vom 10. Januar bis zum 17. Januar nahm der deutsche Literaturnobelpreisträger Günter Grass am arabisch-deutschen Romanschriftstellertreffen in Sanaa teil.

Am 15. Februar spielte die Europa Philharmonie aus Magdeburg unter der Leitung ihres Chefdirigenten Reinhard Seehafer vor ca. 5000 Zuhörern unter freiem Himmel in der Altstadt von Sanaa Beethoven, Brahms und Mozart. Es war das erste Konzert eines philharmonischen Orchesters im Jemen überhaupt.

Vom 29. Mai bis zum 5. Juni folgte der Chur Cölnische Chor Bonn einer Einladung von Khalid Al-Rewaishan, Minister für Kultur und Tourismus der Republik Jemen und gab drei Konzerte im Kulturzentrum Mercas al-Thaqqafi. Das Konzertprogramm umfasste deutsche weltliche A-cappella-Literatur der letzten fünf Jahrhunderte. Die Reise wurde unterstützt vom Auswärtigen Amt und vom Goethe-Institut.

Wirtschaft und Infrastruktur

Bab Al-Jemen, das „Tor des Jemen“ im Stadtzentrum, einziges verbliebenes Stadttor von ehemals acht Altstadtzugängen
Villa in einem Vorort: Zeichnung von Carsten Niebuhr im 18. Jahrhundert

Die Stadt ist das wichtigste Handelszentrum des Landes. Betriebe für die Textilindustrie, das Handwerk und Munitionsfabriken sind in der Stadt angesiedelt. Sanaa liegt in einer überwiegend vom Obstanbau bestimmten Region.

Einen bedeutenden Schritt nach vorn machte die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt, als im Januar 1959 die erste Telefonanlage in Betrieb genommen wurde. Diese Anlage war für 800 Teilnehmer ausgelegt und von Technikern der DDR errichtet worden. Mit einfachen Werkzeugen wurden dafür etwa 35 Kilometer Erdkabel innerhalb der Stadt und bis zum Flughafen verlegt. Zu dieser Zeit wurden auch die ersten Schritte zur Elektrifizierung Sanaa´s unternommen.

Das Trinkwasser für die Stadt kam zum großen Teil aus dem westlich gelegenen Dorf Hadde. Der Grundwasserpegel lag in den 1950er Jahren in etwa 25 bis 30 Metern Tiefe, heute dürfte er auf 150 bis 200 Meter abgesunken sein. Für die Versorgung der Stadt stellt dies ein ernsthaftes Problem dar. Durch die enorme Entwicklung und bauliche Ausdehnung ist Hadde heute zu einem Stadtteil von Sanaa geworden.

Verkehr

Bis in die 1960er Jahre gab es keine befestigte Straße nach Sanaa, auch nicht innerhalb der Stadt. Selbst die Rollbahn des Flughafens war nicht asphaltiert.

Im öffentlichen Personennahverkehr werden privatbetriebene Minibusse und Taxis eingesetzt. Es gibt weiß-gelbe Taxis ohne Zähler und gelbe bzw. rot-gelbe Rahataxis mit Zähler. Der internationale Flughafen befindet sich etwa sieben Kilometer nördlich von Sanaa.

Bildung

Die Universität von Sanaa wurde 1970 gegründet.

Mahwa Aser

Mahwa Aser ist ein Slum-Viertel in Sanaa. Dort leben ca. 17.000 Menschen in improvisierten Behausungen ohne Wasser- und Stromanschluss. Auch gibt es keine Schule im Stadtgebiet.[7] Weiterem Zuzug begegnet die örtliche Polizei bisweilen durch Abriss der Domizile, um einer Ausweitung der Gesundheitsbeeinträchtigungen für die Stadt zu begegnen.[8]

Umgebung

Beliebtes Ausflugsziel der Bevölkerung von Sanaa ist Wadi Dhar. Das Wadi ist berühmt für den Felsenpalast des Imam und seine bunten Obstgärten. Freitags finden auf dem Plateau Hochzeitstänze statt.

Siehe auch

Söhne und Töchter der Stadt

Städtepartnerschaften

Historische Aufnahmen aus Sanaa (1958)

Literatur

  • Jörn Heise: Die Gründung Sana'as – Ein orientalisch-islamischer Mythos?, Berlin, Klaus Schwarz Verlag, Mai 2010, ISBN 978-3-87997-373-6
  • Carmen Rohrbach: Im Reich der Königin von Saba, National Geographic Taschenbuch, März 2004, ISBN 3-442-71179-7
  • Ronald Lewcock/Robert Bertram Serjeant: San'a'. An Arabian Islamic City. London, World of Islam Festival Trust, 1983. (umfangreicher Aufsatzband)
  • Wolfgang Marek: „Tagebuch Sanaà, Jemen, 1958–1959“, Oktober 2007 (bedingt veröffentlicht)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Jemen: Die wichtigsten Orte mit Statistiken zu ihrer Bevölkerung. World Gazetteer (Berechnung)
  2. Die amtliche deutsche Schreibweise ist Sanaa (s. auch Duden, Auswärtiges Amt, Meyers Neuer Weltatlas). Die vor allem im Englischen gebräuchliche Schreibweise Sana'a dürfte aus einem Missverständnis der wissenschaftlichen Transliteration Ṣanʿāʾ und/oder dem Wunsch, die vermeintlich getrennte Aussprache zweier a anzuzeigen (wo im Arabischen tatsächlich nur der Konsonant ع ʿayn und ein langes a steht), entstanden sein.
  3. Sanaa
  4. Gerhard Heck, Manfred Wöbcke, Arabische Halbinsel
  5. Jean Lambert: Al-ghināʾ al-Ṣanʿānī: Poetry and Music in Ṣanʿāʾ, Yemen. In: Virginia Danielson, Scott Marius, Dwight Reynolds (Hrsg.): The Garland Encyclopedia of World Music. Bd. 6. The Middle East. Routledge, New York/London 2002, S. 685–690
  6. Sanaa – Kulturhauptstadt 2004
  7. YEMEN: Residents of Sanaa slum battle disease, lack of water abgerufen am 12. Mai 2011
  8. YEMEN: Police clash with slum-dwellers in Sanaa abgerufen am 12. Mai 2011
  9. Ankara Büyükşehir Belediyesi Kardeş Şehirleri, Turkish & African cultural, social and economical co-opeartion association, abgerufen am 11. März 2008

Weblinks

 Commons: Sana'a – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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