- Zentralmoschee Köln
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Die DITIB-Zentralmoschee Köln (türk. Merkez Camii) ist eine geplante Moschee in Köln-Ehrenfeld, die der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DİTİB) als Zentralmoschee dienen soll. Heftige Kontroversen wurden über das Neubauprojekt geführt. Der Auftrag für den Abriss des Fabrikgebäudes, in dem die alte Moschee ca. 20 Jahre lang untergebracht war, ist inzwischen ausgeschrieben.[1]
Inhaltsverzeichnis
Bauplanung
Das Bauwerk soll auf dem Gelände der Deutschland-Zentrale der DİTİB an der Venloer Straße/Ecke Innere Kanalstraße in Köln-Ehrenfeld entstehen. Die Architekten Gottfried und Paul Böhm planen das Gebäude als Kuppelbau mit zwei Minaretten.[2] Das fünfstöckige Gebäude mit einer 35 Meter hohen Kuppel und zwei Minaretten von je 55 Metern Höhe soll 1.200 Gläubigen Platz bieten.[3] Neben den Gebetsräumen sind im Gebäudekomplex auf rund 16.500 m² Nutzfläche eine Bibliothek, Schulungs- und Seminarräume, Flächen für Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe und eine Tiefgarage vorgesehen.[4]
Am 22. August 2007 lehnten es DİTİB und Architekt Paul Böhm ab, die Moschee mit niedrigeren Minaretten zu bauen. Böhm erklärte, eine stimmige Architektur erreiche man nicht durch Kompromisse. Der Architekt zeigte anhand eines Modells und vieler Zeichnungen auf, dass die Moschee sich recht gut in das bauliche Umfeld einfüge. Mehrere Bürogebäude in der Nähe seien sogar höher als die geplanten Minarette. Diese sollen nun aber nicht mehr eckig werden, wie es das Modell noch zeigt, sondern rund und in sich gedreht: So würden sie leichter und abstrakter wirken. Der Architekt rechnete damals mit einem Baubeginn im Frühjahr 2008.[5]
Am 23. Januar 2008 wurden der Öffentlichkeit neue Pläne mit reduziertem Raumprogramm vorgestellt.[6] Am 28. August 2008 beschloss der Kölner Stadtrat schließlich die notwendige Änderung des Bebauungsplanes und schuf damit die rechtlichen Voraussetzungen für den Bau der Moschee.[7] Am 7.November 2008 erteilte die Stadt Köln der DITIB die Baugenehmigung.
Kölner Zentralmoschee e. V.
Neben den Plänen der türkisch-staatlichen Organisation DITIB strebt der Trägerverein Kölner Zentralmoschee e. V. (ein Zusammenschlusses von zehn muslimischen Vereinigungen in Köln) die Errichtung einer Zentralmoschee für alle Nationalitäten an. Durch den Vorstoß der DITIB sieht der Verein sein Ziel, eine Moschee für alle Kölner Muslime anzustreben, in Gefahr. Möglicherweise wird es neben der Gebetsstätte der DITIB im Linksrheinischen eine weitere repräsentative Moschee im Rechtsrheinischen geben.[8][9][10][11] Nach Aussagen der Amtsleiterin im Stadtplanungsamt Anne Luise Müller habe dieser Verein jedoch nie ein Konzept vorgelegt.[12]
Rezeption
Eine im Auftrag des Kölner Stadtanzeigers im Juni 2007 durchgeführte repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Omniquest hat ergeben, dass 35,6 % der Kölner den Bau der Moschee uneingeschränkt befürwortete, weitere 27,1 % befürworteten den Bau bei Reduzierung der seinerzeit geplanten Größe und 31,4% lehnten den Bau unabhängig von der Architektur ab. Insgesamt befürwortet die Mehrheit den Neubau dieser Moschee, wenn auch mit Einschränkungen.[13]
Die rechtpopulistische Bürgerbewegung pro Köln protestierte gegen die Moschee. Ein Bürgerbegehren gegen den Neubau scheiterte Anfang Mai 2007 an zu vielen ungültigen Unterstützerunterschriften.[14]
Ralph Giordano protestierte gegen die Moschee-Planungen mit dem Argument, dass „sie angesichts der gescheiterten Integration ein falsches Bild von den wahren Beziehungen zwischen muslimischer Minderheit und Mehrheitsgesellschaft entwerfen.“ [15] Dadurch kam die geplante Moschee bundesweit und international in die Schlagzeilen.[16]
Am 14. August 2007 sprach sich die Kölner CDU auf einem Parteitag mehrheitlich gegen einen Bau der Moschee in der geplanten Größe aus, obwohl sowohl Oberbürgermeister Fritz Schramma wie auch NRW-Integrationsminister Armin Laschet sich für den Bau eingesetzt hatten.[17][18]
Für Aufsehen sorgte ein Vorschlag Günter Wallraffs im September 2007. Nachdem die islamische Organisation DITIB in der Diskussion um ihre geplante Großmoschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld ankündigte, diese auch für kulturelle Veranstaltungen zu öffnen, schlug Wallraff zur Besänftigung der Kritiker des Baus vor, dort aus Salman Rushdies Werk Die Satanischen Verse zu lesen. Dies könne die Integration der in Deutschland lebenden Muslime erleichtern, indem ein Zeichen für die demokratisch-aufgeklärte Grundordnung gesetzt und ein deutliches Zeichen gegen den Islamismus gesetzt würde. DITIB lehnte den Vorschlag ab. Wallraff wurde unterdessen in Internetforen von Islamisten bedroht.[19] Der Verband warf Wallraff Kompromisslosigkeit und mangelndes Verständnis für die religiösen Gefühle und Belange der muslimischen Gemeindemitglieder vor.[20] Die türkische Religionsanstalt hält es für legitim, dass man in einer Demokratie auch zu dem Schluss kommen könne, dass eine von einem prominenten Schriftsteller angefragte Veranstaltung nicht mit der religiösen Auffassung einer Moscheegemeinde zu vereinbaren sei.
Volker Beck, erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen und ihr menschenrechtspolitischer Sprecher meinte, dass die Anstalt, eine Tochter des staatlichen türkischen Präsidiums für Religiöse Angelegenheiten in Ankara, in Deutschland ganz selbstverständlich repräsentative Moscheen bauen dürfe. Anderen Religionsgemeinschaften (Christen, Juden, Aleviten) werde dieses Recht in der Türkei verwehrt. „Das ist eine Frechheit“, so Beck. Dies sei eine Verletzung der kollektiven Glaubensfreiheit durch den türkischen Staat. Es gebe keinen Grund, zu diesen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei zu schweigen.[21]
Der Landesvorstand NRW des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA e.V.) verurteilt die „Stimmungsmache“ gegen den Moscheebau in Köln-Ehrenfeld. Auch wenn Moscheen, Kirchen, Synagogen und Tempel „systematische Falschdenkschulen“ seien, gelte dennoch: „Wer eine Moschee bauen will, sich dabei an die allgemein geltenden Vorschriften hält und auch sonst rechtskonform ist, hat nach dem Grundgesetz und nach den allgemeinen Menschenrechten einen Anspruch darauf. Es ist und bleibt ein Grundrecht der Gläubigen, auch derlei archaische Religion zu praktizieren und sich entsprechende Einrichtungen aus eigenen Mitteln zu schaffen.“ [22]
Salomon Korn, Architekt und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hält die sich abzeichnende „formale Diskrepanz“ bei der Kölner Großmoschee vorrangig für kein ästhetisches Phänomen, sondern, ähnlich wie bei der Dresdner Synagoge, Symptom eines gesellschaftlichen.[23]
Weblinks
- Webpräsenz der DITIB Köln
- Informationen zum Konzept des Projekts Zentralmoschee Köln auf der Website des Architekturbüros Paul Böhm
- Zentralmoschee für Köln - Kontroverse Konzepte für einen repräsentativen Moscheebau, November 2003
- Der Streit um Moscheebauten, Schwerpunkt auf eurotopics.net (Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung)
- Tradition gewinnt. Wettbewerb für die Kölner DITIB-Zentralmoschee entschieden., 16. März 2006 (mit Modellfotos)
- Ralph Giordano: „Nicht die Kölner Moschee, sondern der Islam ist das Problem“, Focus am 26. September 2007
- Necla Kelek: „Das Minarett ist ein Herrschaftssymbol“, FAZ am 6. Juni 2007
- Schäuble und Giordano über Integration und Moscheebau in Köln, FAZ am 2. März 2008
Einzelnachweise
- ↑ Weg für kölsche Zentralmoschee frei, Domradio am 29. August 2008
- ↑ Kölner Stadtanzeiger: Moderner Kuppelbau mit zwei Minaretten. 26. September 2006
- ↑ Köln Nachrichten: Köln-Ehrenfeld: „Vorgezogenene Öffentlichkeitsbeteiligung“ für Moscheeneubau verlief turbulent. 29. Mai 2007
- ↑ Zentralmoschee Köln. In: wettbewerbe aktuell. 36, Nr. 4, 2006, S. 47–60.
- ↑ WDR.de: Nur kein Schwein und keinen Alkohol – Ditib stellt Pläne für Kölner Moschee vor. 22. August 2007
- ↑ WDR.de: Kölner Moschee nun doch kleiner – Pläne wurden überraschend geändert. 23. Januar 2008
- ↑ WDR.de: Grünes Licht für Kölner Moschee – Kölner Stadtrat stimmt Plänen zu. 28. August 2008; Deutsche Welle: In Köln siegt die Vernunft - Moschee wird gebaut, 29. August 2008
- ↑ FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln: Auch Moschee im Rechtsrheinischen. 21. August 2002
- ↑ islam.de: Minarette über Köln - das Stadtbild wird bereichert.. 26. März 2006
- ↑ Islamische Zeitung via FDP-Köln: „Eine Moschee dort, wo Menschen leben“. 7. Dezember 2002 (Interview mit Vahid Catic, dem Vorsitzenden des Zentralmoschee Köln e. V.)
- ↑ Kölnische Rundschau via FDP-Köln: Moschee möglichst in der City – Islamische Organisationen müssen sich auf Träger einigen. 1. Oktober 2002
- ↑ die tageszeitung: Erstes Minarett über Köln. 3. März 2006
- ↑ Kölner Stadtanzeiger: Kölner gegen Moschee in geplanter Größe. 19. Juni 2007 (Ergebnisse der Umfrage als PDF; 526 KB)
- ↑ die tageszeitung: Rechte Dummheit. Wegen ungültiger Stimmen wird das Bürgerbegehren gegen den Bau einer Kölner Moschee nichtig. 9. Mai 2007
- ↑ Kölner Stadtanzeiger: Giordano attackiert erneut Islamisten und Wortlaut von Ralph Giordano. 1. Juni 2007:
- ↑ New York Times: Germans Split Over a Mosque and the Role of Islam. 5. Juli 2007
- ↑ koeln.de: Kölner CDU will Änderung der Moschee-Pläne. 14. August 2007
- ↑ Die Welt: Religion: Kölner CDU stimmt für Moschee-Verkleinerung. 15. August 2007
- ↑ Spiegel Online: Streit um Moscheen-Lesung: Wallraff beschimpft Islamfunktionär. 25. September 2007
- ↑ Pressemitteilung der DITIB: DITIB äußert Unverständnis über Günter Wallraffs Ton. 25. September 2007
- ↑ Volker Beck: Türkei muss bei Glaubensfreiheit und Meinungsfreiheit Fortschritte machen!. 6. Oktober 2007
- ↑ Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten: Atheisten für Grundrecht auf Moscheebau. 1. Juni 2007
- ↑ Moschee auf der Alm: Zu schwach, um Fremdes zu ertragen?
50.9455555555566.9283333333333Koordinaten: 50° 56′ 44″ N, 6° 55′ 42″ O
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