DITIB-Zentralmoschee Köln

DITIB-Zentralmoschee Köln
Ditib-Zentralmoschee Köln

Baustelle im April 2011

Koordinaten: 50° 56′ 44″ N, 6° 55′ 42″ O50.9455555555566.9283333333333Koordinaten: 50° 56′ 44″ N, 6° 55′ 42″ O
Ort Köln-Ehrenfeld
Grundsteinlegung 7. November 2009
Richtung/Gruppierung DITIB
Architektonische Informationen
Architekt Gottfried und Paul Böhm
Einzelangaben
Kapazität 1.200
Minarett(e) 2
Minaretthöhe 55 m

Website: zentralmoschee-koeln.de

Die DİTİB-Zentralmoschee Köln ist eine sich im Bau befindende Moschee in Köln-Ehrenfeld, die der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DİTİB) als Zentralmoschee dienen soll. Heftige Kontroversen wurden über das Neubauprojekt geführt.

Inhaltsverzeichnis

Planung und Bau

Altes Moscheegebäude kurz vor dem Abriss
Abriss des alten Moscheegebäudes (Mai 2009)

Das Bauwerk entsteht auf dem Gelände der Deutschland-Zentrale der DİTİB an der Venloer Straße/Ecke Innere Kanalstraße in Köln-Ehrenfeld. Die Architekten Gottfried und Paul Böhm planten das Gebäude als Kuppelbau mit zwei Minaretten.[1] Das fünfstöckige Gebäude mit einer 35 Meter hohen Kuppel und zwei Minaretten von je 55 Metern Höhe soll 1.200 Gläubigen Platz bieten. Neben den Gebetsräumen sind im Gebäudekomplex auf rund 16.500 m² Nutzfläche eine Bibliothek, Schulungs- und Seminarräume, Flächen für Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe und eine Tiefgarage vorgesehen.[2]

Am 22. August 2007 lehnten es DİTİB und Architekt Paul Böhm ab, die Moschee mit niedrigeren Minaretten zu bauen. Böhm erklärte, eine stimmige Architektur erreiche man nicht durch Kompromisse. Der Architekt zeigte anhand eines Modells und vieler Zeichnungen auf, dass die Moschee sich recht gut in das bauliche Umfeld einfüge. Mehrere Bürogebäude in der Nähe seien sogar höher als die geplanten Minarette. Diese sollen nun aber nicht mehr eckig werden, wie es das Modell noch zeigt, sondern rund und in sich gedreht: So würden sie leichter und abstrakter wirken. Der Architekt rechnete damals mit einem Baubeginn im Frühjahr 2008.[3]

Am 23. Januar 2008 wurden der Öffentlichkeit neue Pläne mit reduziertem Raumprogramm vorgestellt.[4] Am 28. August 2008 beschloss der Kölner Stadtrat schließlich die notwendige Änderung des Bebauungsplanes und schuf damit die rechtlichen Voraussetzungen für den Bau der Moschee.[5] Am 7. November 2008 erteilte die Stadt Köln der DİTİB die Baugenehmigung.

Seit Mai 2009 wurde die bestehende Bebauung auf dem Grundstück abgerissen und in den folgenden Monaten die Baugrube ausgehoben.

Während der Grundsteinlegung

Am 7. November 2009 fand die Grundsteinlegung für den Neubau statt. Auf der Veranstaltung mit rund 2000 Gästen sprachen u.a. der türkische Staatsminister Faruk Çelik, der Integrationsbeauftragte der Landesregierung Thomas Kufen, der Diyanet-Präsident Ali Bardakoğlu, Architekt Paul Böhm sowie der ehemalige und der amtierende Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma und Jürgen Roters. Im Anschluss an die Festreden wurden die Grundsteine von den Teilnehmern symbolisch mit Zement befüllt und danach mit einem Kran zurück in die Baugrube transportiert.[6]

Am 2. Februar 2011 fand das Richtfest statt, nachdem die Rohbauten der 37 Meter hohen Kuppel und der zwei 55 Meter hohen Minarette fertiggestellt worden waren.[7] Der repräsentative Bau mit seiner abwechslungsreich gestalteten Mantelbebauung soll zum Jahreswechsel 2011/2012 eingeweiht[8] und schließlich im Mai 2012 eröffnet werden.[9]

Im Oktober 2011 wurde die Kündigung der Zusammenarbeit mit dem Planungsbüro des Architekten Paul Böhm durch die Bauherrin DİTİB bekannt.[10][11] Dem Architekturbüro wurden durch die DİTİB Mängel bei Planung und Bau der Moschee vorgeworfen, welche Architekt Böhm bestreitet und der DITIB bewusste Diskreditierung seines Architekturbüros unterstellt.[12],[13]

Kölner Zentralmoschee e. V.

Neben den Plänen der türkisch-staatlichen Organisation DİTİB strebt der Trägerverein Kölner Zentralmoschee e. V. (ein Zusammenschluss von zehn muslimischen Vereinigungen in Köln) die Errichtung einer Zentralmoschee für alle Nationalitäten an. Durch den Vorstoß der DİTİB sieht der Verein sein Ziel, eine Moschee für alle Kölner Muslime anzustreben, in Gefahr. Möglicherweise wird es neben der Gebetsstätte der DİTİB im Linksrheinischen eine weitere repräsentative Moschee im Rechtsrheinischen geben.[14][15][16][17] Nach Aussagen der Amtsleiterin im Stadtplanungsamt Anne Luise Müller habe dieser Verein jedoch nie ein Konzept vorgelegt.[18]

Rezeption

Eine im Auftrag des Kölner Stadt-Anzeigers im Juni 2007 durchgeführte repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts OmniQuest hat ergeben, dass 35,6 % der Kölner den Bau der Moschee uneingeschränkt befürwortete, weitere 27,1 % befürworteten den Bau bei Reduzierung der seinerzeit geplanten Größe und 31,4 % lehnten den Bau unabhängig von der Architektur ab. Insgesamt befürwortet die Mehrheit den Neubau dieser Moschee, wenn auch mit Einschränkungen.[19]

Die extrem rechte Bürgerbewegung pro Köln protestierte gegen die Moschee. Ein Bürgerbegehren gegen den Neubau scheiterte Anfang Mai 2007 an zu vielen ungültigen Unterstützerunterschriften.[20]

Ralph Giordano protestierte gegen die Moschee-Planungen mit dem Argument, dass „sie angesichts der gescheiterten Integration ein falsches Bild von den wahren Beziehungen zwischen muslimischer Minderheit und Mehrheitsgesellschaft entwerfen.“[21] Dadurch kam die geplante Moschee bundesweit und international in die Schlagzeilen.[22]

Am 14. August 2007 sprach sich die Kölner CDU auf einem Parteitag mehrheitlich gegen einen Bau der Moschee in der geplanten Größe aus, obwohl sowohl Oberbürgermeister Fritz Schramma wie auch NRW-Integrationsminister Armin Laschet sich für den Bau eingesetzt hatten.[23][24]

Für Aufsehen sorgte ein Vorschlag Günter Wallraffs im September 2007. Nachdem die islamische Organisation DİTİB in der Diskussion um ihre geplante Großmoschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld ankündigte, diese auch für kulturelle Veranstaltungen zu öffnen, schlug Wallraff zur Besänftigung der Kritiker des Baus vor, dort aus Salman Rushdies Werk Die satanischen Verse zu lesen. Dies könne die Integration der in Deutschland lebenden Muslime erleichtern, indem ein Zeichen für die demokratisch-aufgeklärte Grundordnung gesetzt und ein deutliches Zeichen gegen den Islamismus gesetzt würde. DİTİB lehnte den Vorschlag ab. Wallraff wurde unterdessen in Internetforen von Islamisten bedroht.[25] Der Verband warf Wallraff Kompromisslosigkeit und mangelndes Verständnis für die religiösen Gefühle und Belange der muslimischen Gemeindemitglieder vor.[26] Die türkische Religionsanstalt hält es für legitim, dass man in einer Demokratie auch zu dem Schluss kommen könne, dass eine von einem prominenten Schriftsteller angefragte Veranstaltung nicht mit der religiösen Auffassung einer Moscheegemeinde zu vereinbaren sei. Gleichzeitig protestierte die DİTİB öffentlich gegen die Morddrohungen gegen Günter Wallraff.[27]

Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen und ihr menschenrechtspolitischer Sprecher meinte, dass die Anstalt, eine Tochter des staatlichen türkischen Präsidiums für Religionsangelegenheiten in Ankara, in Deutschland ganz selbstverständlich repräsentative Moscheen bauen dürfe. Anderen Religionsgemeinschaften (Christen, Juden, Aleviten) werde dieses Recht in der Türkei verwehrt. „Das ist eine Frechheit“, so Beck. Dies sei eine Verletzung der kollektiven Glaubensfreiheit durch den türkischen Staat. Es gebe keinen Grund, zu diesen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei zu schweigen.[28]

Der Landesvorstand NRW des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA e.V.) verurteilt die „Stimmungsmache“ gegen den Moscheebau in Köln-Ehrenfeld. Auch wenn Moscheen, Kirchen, Synagogen und Tempel „systematische Falschdenkschulen“ seien, gelte dennoch: „Wer eine Moschee bauen will, sich dabei an die allgemein geltenden Vorschriften hält und auch sonst rechtskonform ist, hat nach dem Grundgesetz und nach den allgemeinen Menschenrechten einen Anspruch darauf. Es ist und bleibt ein Grundrecht der Gläubigen, auch derlei archaische Religion zu praktizieren und sich entsprechende Einrichtungen aus eigenen Mitteln zu schaffen.“[29]

Salomon Korn, Architekt und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hält die sich abzeichnende „formale Diskrepanz“ zwischen zeitgenössischer Außen- und traditioneller Innengestaltung bei der Kölner Großmoschee vorrangig für kein ästhetisches Phänomen, sondern, ähnlich wie bei der Dresdner Synagoge, für das Symptom eines gesellschaftlichen Phänomens.[30]

Weblinks

 Commons: DITIB-Zentralmoschee Köln – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kölner Stadt-Anzeiger: Moderner Kuppelbau mit zwei Minaretten. 26. September 2006
  2. Zentralmoschee Köln. In: wettbewerbe aktuell. 36, Nr. 4, 2006, S. 47–60.
  3. WDR.de: Nur kein Schwein und keinen Alkohol – DİTİB stellt Pläne für Kölner Moschee vor. 22. August 2007
  4. WDR.de: Kölner Moschee nun doch kleiner – Pläne wurden überraschend geändert. 23. Januar 2008
  5. WDR.de: Grünes Licht für Kölner Moschee – Kölner Stadtrat stimmt Plänen zu. 28. August 2008; Deutsche Welle: In Köln siegt die Vernunft - Moschee wird gebaut, 29. August 2008
  6. Kölner Stadt-Anzeiger: Grundsteinlegung für neue Moschee. 7. November 2009
  7. vgl. Richtfest für Kölner Moschee bei rundschau-online.de, 2. Februar 2011 (aufgerufen am 3. Februar 2011)
  8. vgl. Moschee in Ehrenfeld. In: Kölner Stadt-Anzeiger, 29. Januar 2011, S. 35
  9. Besuch in Kölns neuer Moschee RP Online
  10. Moschee-Bauherr kündigt Paul Böhm in Kölner Stadt-Anzeiger online, abgerufen am 23. Oktober 2011
  11. http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/koelner-moschee-der-beschaedigte-neubau-11515644.html
  12. http:http://www.zentralmoschee-koeln.de/detail1.php?id=18&lang=de//.html
  13. http://www.domradio.de/aktuell/77694/die-maengelliste-ist-nicht-zu-halten.html
  14. FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln: Auch Moschee im Rechtsrheinischen. 21. August 2002
  15. islam.de: Minarette über Köln - das Stadtbild wird bereichert.. 26. März 2006
  16. Islamische Zeitung via FDP-Köln: „Eine Moschee dort, wo Menschen leben“. 7. Dezember 2002 (Interview mit Vahid Catic, dem Vorsitzenden des Zentralmoschee Köln e. V.)
  17. Kölnische Rundschau via FDP-Köln: Moschee möglichst in der City – Islamische Organisationen müssen sich auf Träger einigen. 1. Oktober 2002
  18. die tageszeitung: Erstes Minarett über Köln. 3. März 2006
  19. Kölner Stadt-Anzeiger: Kölner gegen Moschee in geplanter Größe. 19. Juni 2007 (Ergebnisse der Umfrage als PDF; 526 KB)
  20. die tageszeitung: Rechte Dummheit. Wegen ungültiger Stimmen wird das Bürgerbegehren gegen den Bau einer Kölner Moschee nichtig. 9. Mai 2007
  21. Kölner Stadt-Anzeiger: Giordano attackiert erneut Islamisten und Wortlaut von Ralph Giordano. 1. Juni 2007:
  22. The New York Times: Germans Split Over a Mosque and the Role of Islam. 5. Juli 2007
  23. koeln.de: Kölner CDU will Änderung der Moschee-Pläne. 14. August 2007
  24. Die Welt: Religion: Kölner CDU stimmt für Moschee-Verkleinerung. 15. August 2007
  25. Spiegel Online: Streit um Moscheen-Lesung: Wallraff beschimpft Islamfunktionär. 25. September 2007
  26. Pressemitteilung der DİTİB: DİTİB äußert Unverständnis über Günter Wallraffs Ton. 25. September 2007
  27. Franz Sommerfeld, Der Moscheestreit; Beitrag von Günter Wallraff, S. 221
  28. Volker Beck: Türkei muss bei Glaubensfreiheit und Meinungsfreiheit Fortschritte machen!. 6. Oktober 2007
  29. Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten: Atheisten für Grundrecht auf Moscheebau. 1. Juni 2007
  30. Moschee auf der Alm: Zu schwach, um Fremdes zu ertragen?

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