Zollkodex

Zollkodex

Der Zollkodex ist eine vom Rat der Europäischen Gemeinschaft am 12. Oktober 1992 erlassene Verordnung (VO Nr. 2913/92/EWG) zur europaweiten Vereinheitlichung der Zollvorschriften. Der Zollkodex bildet die Grundlage des Zollrechts der Europäischen Union und regelt in erster Linie die Erhebung der Ein- und Ausfuhrabgaben, die beim Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern anfallen. Der Zollkodex ist nur im Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft (Art. 3 ZK) anwendbar und wird teilweise durch die Bestimmungen der Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) sowie durch nationale Regelungen ergänzt.

Durch den Vertrag von Lissabon wurden im primären Unionsrecht terminologische Anpassungen vorgenommen, welche im Zollkodex noch nicht nachvollzogen sind. Daher weichen die Begriffe im Zollrecht von denen im primären Unionsrecht ab, ohne jedoch einen anderen Inhalt zu haben. So entspricht zum Beispiel die Entscheidung (Art. 4 Nr. 5 ZK) dem Beschluss (Art. 288 Absatz 4 Satz 2 AEUV). Im folgenden wird, soweit wie möglich, die Terminologie des derzeit noch gültigen Zollkodex verwandt.

Der Zollkodex ist die Zusammenfassung und Harmonisierung aller Zollvorschriften und dient somit der Zollunion der Europäischen Union. Ausgehend vom Konzept des Binnenmarktes enthält der Kodex allgemeine Bestimmungen, Verfahrensvorschriften und andere Regelungen, welche die Anwendung der zollrechtlichen, zolltariflichen und übrigen Maßnahmen sicherstellen, die im Rahmen des Warenverkehrs zwischen der Union und Drittländern erlassen wurden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mit der Montanunion wurde im Jahre 1952 von Frankreich, Italien, den Benelux-Staaten und Deutschland der erste Schritt zur Verwirklichung einer Zollunion auf europäischen Gebiet getan. Die Binnenzölle zwischen den genannten Staaten wurden stufenweise abgebaut (1938: 33 %; 1960: 7 %; 1990: 1,2 %) und nach langjährigen Verhandlungen entstand 1968 der erste gemeinsame Zolltarif, dem die nationalen Außenzölle schrittweise angepasst wurden.

Zum 1. Januar 1962 wurde dann ein erstes – europaweit gültiges – Zollgesetz erlassen, dessen wesentliches Ziel in der Vereinfachung und Beschleunigung des Zollverfahrens der einzelnen Mitgliedstaaten lag. Wichtigstes Fernziel war jedoch der gemeinschaftliche Binnenmarkt innerhalb der EU. Dieses Ziel wurde mit dem einheitlichen und allgemeingültigen Zollkodex erreicht, der zum 1. Januar 1993 das materielle Zollrecht der einzelnen Mitgliedstaaten ersetzte.

Inhaltliche Zusammenfassung

Der Kodex ist in insgesamt 9 Titel unterteilt und folgt im Prinzip dem natürlichen Ablauf der Vorgänge bei der Wareneinfuhr:

Allgemeines

Der Titel dient der grundlegenden Begriffsbestimmung, der Definition von Zollrechten und -pflichten sowie den Regelungen zur Auskunftserteilung.

Grundlagen

In diesem Titel werden der Zolltarif und die Anwendung auf die Einfuhrgüter geregelt.

Pre-Einfuhrvorschriften

Zusammengefasst sind die Vorschriften, die für in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Waren gelten, bis diese eine zollrechtliche Bestimmung erhalten haben.

Zollrechtliche Bestimmungen

Der 4. Titel dient dem Zollverfahren an sich, also den Bestimmungen zur Anmeldung und Nichterhebung in Fällen des Zolllagers, der aktiven Veredelung, der passiven Veredelung und der nur vorübergehenden Verwendung. Außerdem enthalten sind die Vorschriften zu Freizonen und Freilagern.

Vorzugsbehandlungen

Der sechste Teil regelt die Befreiungen die von der Kommission erlassen werden - u.a. die ZollbefreiungsVO - und die Voraussetzungen für Rückwaren.

Zollschuld

Die Verpflichtung einer Person, die für bestimmte Waren im derzeitigen Unionsrecht vorgesehenen Einfuhrabgaben oder Ausfuhrabgaben zu entrichten sind, Art.4 Nr.9 ZK.

Die Zollschuldentstehungstatbestände sind ab Art.201 ff ZK niedergeschrieben. Überwiegend kommen folgende Entstehungstatbestände in Betracht:

  • Art. 201 = Überführung in den freien Verkehr
  • Art. 202 = Vorschriftswidriges Verbringen
  • Art. 203 = Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung
  • Art. 204 = Pflichtverletzung

Die Bemessung der Ware, für die die Zollschuld entstanden ist, richtet sich, wenn nichts gegenteiliges bestimmt ist, nach Art. 214 ZK.

Rechtsbehelf

Der Rechtsbehelf richtet sich hinsichtlich der Statthaftigkeit nach Art. 243 Abs.1 S.1 ZK. Es kann jede Person (Art.4 Nr.1 ZK) gegen Entscheidungen (Art.4 Nr.5 ZK) – überwiegend Abgabenbescheide – der Zollbehörden (Art.4 Nr.3 ZK) auf dem Gebiet des Zollrechts (Art.1 ZK) einen Rechtsbehelf einlegen.

Beschwert kann jeder sein, den die Entscheidung unmittelbar und persönlich betrifft, Art. 243 Abs.1 S.1 letzter Teil ZK.

Die weiteren Voraussetzungen, insbesondere Frist und Form, richten sich gemäß Art. 245 ZK nach der AO.


Auswirkungen auf das Recht der Mitgliedstaaten

Der Zollkodex ist als Verordnung nach Art. 288 Absatz 2 AEUV in allen Teilen allgemein gültig und verbindlich und wirkt in allen Mitgliedstaaten der EU unmittelbar, ohne dass es einer nationalen Umsetzungsmaßnahme bedarf. Auf Grund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts verdrängt der Zollkodex in seinem Anwendungsbereich anders lautende nationale Vorschriften. Nationale Regelungen sind in diesem Bereich somit nur noch anwendbar, wenn im Zollkodex nichts anderes bestimmt ist oder auf geltendes Recht (Art. 4 Nr.23) verwiesen wird, bzw. wie in Art. 245 ZK ein Verweis vorliegt. In Deutschland sind hiervon hauptsächlich die Vorschriften der Abgabenordnung betroffen. Zur Anwendbarkeit der Abgabenordnung siehe die AO-DV Zoll.

Literatur

  • Peter Witte, Hans-Michael Wolffgang (Hrsg.): Lehrbuch des Europäischen Zollrechts. 6. Auflage. NWB, Herne 2009. ISBN 3-482-43546-4

Siehe auch

Weblinks

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