Bund der Steuerzahler (Deutschland)

Bund der Steuerzahler (Deutschland)
Die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler zeigt dessen Prognose über die Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland

Der Bund der Steuerzahler e. V. (BdSt) ist ein eingetragener Verein, der im Jahre 1949 durch Karl Bräuer gegründet wurde. Als seine Ziele nennt der Verein die Senkung von Steuern und Abgaben, sowie die Verringerung von Bürokratie, Steuerverschwendung und Staatsverschuldung. Er ist jedoch nicht berechtigt, Steuerberatung zu leisten.

Inhaltsverzeichnis

Organisation

Der eingetragene Verein ist laut seiner Satzung überparteilich, unabhängig und gemeinnützig. Der Verein hatte nach eigenen Angaben 2000 etwa 426.000 Mitglieder, 2005 etwa 395.000 Mitglieder[1] und 2010 rund 310.000 Mitglieder.[2] Damit ist der BdSt die größte Steuerzahlerorganisation der Welt. Neben Mitgliedsbeiträgen, Spenden und den finanziellen Vorteilen aus seiner Gemeinnützigkeit hat er keine anderen Einnahmequellen. Er besteht aus 15 eigenständigen Landesverbänden und verfügt mit dem Karl-Bräuer-Institut (KBI) über eine eigene finanzwissenschaftliche Forschungseinrichtung.

Der BdSt gibt an, dass seine Mitglieder zu 60 bis 70 Prozent aus Unternehmen des gewerblichen Mittelstands bestünden, die übrigen Mitglieder seien in ihrer Mehrheit Privatpersonen.

Präsident des BdSt ist Karl Heinz Däke. Sitz des Vereins ist Berlin.

Veröffentlichungen

Jeweils im Herbst veröffentlicht der BdSt das Schwarzbuch Die öffentliche Verschwendung. Darin erhebt der Verein regelmäßig den Vorwurf, dass die öffentliche Hand jährlich viele Milliarden Euro fehlinvestiere. Seine Zahlen basieren auf den Schätzungen der Rechnungshöfe, die davon ausgehen, dass bis zu 95 Prozent aller öffentlichen Investitionen korrekt getätigt werden. Im Umkehrschluss geht der BdSt von einer Verschwendung von 5 bis 10 Prozent aus, was derzeit einer Summe von etwa 30 Milliarden Euro entspricht.

Auf diese Zahl, bei der Vorstellung des Bundesrechnungshofsberichtes 2006 angesprochen, antwortete der aktuelle Präsident des Bundesrechnungshofes jedoch, er könne die Zahl in keiner Weise nachvollziehen, er halte die Schätzung des BdSt für unseriös, da dieser seine Berechnungsgrundlagen nicht veröffentlichte, und der Bundesrechnungshof gehe von ca. 2,2 Milliarden aus. Der Bundesrechnungshof kritisiert allgemein die seiner Einschätzung nach im Schwarzbuch verwendeten hochgerechneten Zahlen und mangelhaften Belege.[2]

Die Mitgliederzeitschrift Der Steuerzahler erscheint monatlich mit einer Auflage von 450.000 Exemplaren. Am Eingang seiner Zentrale veröffentlicht der Verein auf der Schuldenuhr seine Schätzung (Staatsverschuldung des vergangenen Jahres + eine geschätzte voraussichtliche Kreditaufnahme für das laufende Jahr) der deutschen Staatsverschuldung.

Musterverfahren und sonstige Tätigkeiten

Der BdSt unterstützt eine Reihe von Musterverfahren. Damit wendet sich der Verband insbesondere gegen seiner Meinung nach systemwidrige und ungerechtfertigte steuerliche Änderungen oder Gesetze. Zu den bekanntesten Verfahren gehört die Klage gegen die Abschaffung der Entfernungspauschale. Am 9. Dezember 2008 gaben die Richter des Bundesverfassungsgerichtes dem vom Verband unterstützten Kläger Recht (Az. 2 BvL 1/07).

Alle drei Jahre verleiht der Bund der Steuerzahler den Karl-Bräuer-Preis für hervorragende publizistische und wissenschaftliche Arbeiten über die deutsche öffentliche Hand. Zudem ruft er jedes Jahr den Steuerzahlergedenktag aus.

Der sächsische Bund der Steuerzahler vergibt jährlich den Schleudersachsen für die Verschwendung von Steuergeldern.

Zweifel an Unabhängigkeit

Der Anspruch des Bundes der Steuerzahler, die Interessen aller Steuerzahler zu vertreten, wird von dem Politologen Peter Lösche als „Teil einer PR-Strategie“ kritisiert.[3] Der Bund sei beim Deutschen Bundestag in der Lobbyliste registriert.[3] Von der Mitgliederzusammensetzung seien im Bund vor allem mittelständische Unternehmer und Freiberufler vertreten; von der programmatischen Ausrichtung her konvergiere er mit der FDP.[3]

Auch in einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung wird dargelegt, dass der BdSt kein repräsentatives Abbild der steuerzahlenden Bevölkerung darstellt. Die Mitgliederstruktur wirke sich auf die politischen Forderungen des Steuerbundes aus: schlanker Staat und niedrige Steuersätze.[4] Diese Einschätzung deckt sich mit den Erkenntnissen, die eine Studie für das Ressort Jugendarbeit und -politik im Vorstand der IG Metall bereits ein halbes Jahr vorher gewonnen hatte.[5] Wolfgang Lieb bezeichnet die Studien des BdSt als "sozialstaatsfeindlich"[6] und den Namen als "Etikettenschwindel"[7], Karl Weiss der Berliner Umschau warf dem Bund im April 2010 Manipulation von Statistiken vor.[8]

Kritisiert wird auch die Kooperation mit der Hamburg-Mannheimer Versicherung und die Höhe der Gehälter des Vorsitzenden Karl Heinz Däke.[9] Durch Aufsplitterung in drei verschiedene Gehälter als Präsident des Bundesverbandes, als Präsident des Karl-Bräuer-Instituts und als Vorstandsmitglied des Bundes der Steuerzahler in NRW verschleiere Däke nach Auffassung der Presse sein Gesamteinkommen in Höhe von 187 000 Euro.[10]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Schleichender Bedeutungsverlust“: Dem Steuerzahlerbund laufen die Mitglieder davon. 3. August 2008
  2. a b Spiegel: "Die haben sich unglaubwürdig gemacht", 28. Oktober 2010
  3. a b c Peter Lösche: „Verbände und Lobbyismus in Deutschland.“ Kohlhammer 2007. S. 58.
  4. Rudolf Speth: Arbeitspapier 161. Steuern, Schulden und Skandale. Für wen spricht der Bund der Steuerzahler?, Juli 2008]
  5. Andreas Becker: „Getrennt marschieren und vereint schlagen“. Für wen spricht der Bund der Steuerzahler?, Dezember 2007]
  6. Wolfgang Lieb: Sozialstaatsfeindlich, 10. Juli 2007
  7. Wolfgang Lieb: Wessen Interessen vertritt der Bund der Steuerzahler?, 21. Januar 2011
  8. Berliner Umschau: Steuerzahlerbund manipuliert. Wie man die ‚Steuern‘ hochrechnet., 7. April 2010
  9. Tagesspiegel: Geiz macht reich, 30. März 2005
  10. Peter Lösche: „Verbände und Lobbyismus in Deutschland.“ Kohlhammer 2007. S. 59.

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