Bunker in Hamburg

Bunker in Hamburg
Bunker in Rothenburgsort (2006)

Etwa 700 Bunker – die meisten unterirdisch – befinden sich auf Hamburger Stadtgebiet. In der Zeit des Nationalsozialismus sind in Hamburg mehr Bunker errichtet worden als in jeder anderen Stadt in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Bunkerbau im Zweiten Weltkrieg

Bis Kriegsbeginn entstanden nur sehr wenige öffentliche Luftschutzräume mit insgesamt 10.000 Plätzen bei einer Einwohnerzahl von etwa 1,7 Millionen. Für den Schutz der Zivilbevölkerung wurden ausgebaute Keller als ausreichend angesehen.

Die unterirdischen Großanlagen wie am Spielbudenplatz oder am Hauptbahnhof (Westseite: Steintorwall, 2.486 Plätze in zwei unabhängigen, aber verbundenen Teilanlagen mit je drei Stockwerken) entstanden erst im Zuge des sogenannten „Führer-Sofortprogramms“, das im Oktober 1940 erlassen wurde. Auslöser waren britische Vergeltungsangriffe der Royal Air Force (RAF) auf Berlin bzw. andere deutsche Städte nach den deutschen Bombardierungen Londons bzw. Coventrys.

U-Boot-Bunker

Wiederaufrüstung im Kalten Krieg

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 kam es zunächst zu einer Phase der so genannten „Entfestigung“, in der auf Veranlassung der Alliierten Kontrollbehörden alle Bunkeranlagen mit einem Fassungsvermögen von über 100 Personen gesprengt werden sollten. Viele Anlagen wurden jedoch als Wohnraum genutzt, bedingt durch die Kriegszerstörungen. Daher wurden solche Bunker von der Zerstörung ausgenommen, „die für die deutsche Zivilbevölkerung notwendig waren“.

Mit der Eskalation des Kalten Krieges durch den Ausbruch des Korea-Krieges 1950, der Einbindung der BRD in das westliche Bündnis und der damit verbundenen Wiederbewaffnung, erfolgte der Aufbau eines neuen Zivilschutzes und damit eine erneute Nutzung der Bunkeranlagen. Dabei entsprachen die „Richtlinien für Schutzraumbauten“ vom 27. Juli 1955 weitgehend denen des „Führer-Sofortprogramms“ von 1940. Ab Oktober 1957 mussten für abgerissene Bunker Ersatzbauten geschaffen werden. Das so genannte „Schutzbaugesetz“ vom November 1962 forderte schließlich die Wiederherstellung bestehender Luftschutzanlagen und Umstellung auf die Erfordernisse eines etwaigen Atomkrieges.

Mehrzweckanlagen (MZA)

MZA Drosselstrasse in Hamburg Barmbek
ABC-Filter U-Bahn-Haltestelle Niendorf-Nord

Bereits zu Zeiten des zweiten Weltkrieges hat man Schutzräume gebaut, die auch in Friedenszeiten eine Aufgabe haben, wie zum Beispiel die Tiefgarage am Spielbudenplatz im Stadtteil St. Pauli.

Bis zum Ende des Kalten Krieges wurden einige neue Schnellbahnstationen als so genannte Mehrzweckanlagen errichtet. Im Kriegsfall wären diese Anlagen innerhalb kurzer Zeit zu Schutzräumen für bis zu 5.000 Menschen umfunktioniert worden. Hierbei dienen die Anlagen selbst als Schutzraum. In den Schnellbahnstationen sollten Züge als Aufenthaltsräume dienen und auf den Bahnsteigen wären Betten aufgebaut worden.

Auch die Ladenpassage (Zwischenebene) über der Station Jungfernstieg hätte im Kriegsfall als Schutzraum gedient.

Als Tiefgaragen genutzte Mehrzweckanlagen befinden sich in den Stadtteilen Neustadt, Barmbek, Bergedorf und Rahlstedt. Aufgrund fehlender Finanzmittel werden dort etwa seit dem Jahr 2000 nur noch dringend notwendige, bauliche Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt.

Rundbunker

Rundbunker am Bahnhof Barmbek

In Hamburg sind in den Jahren 1939 bis 1941 insgesamt elf Luftschutztürme der Bauart „Zombeck“ erbaut worden. Von diesen Zivilschutzbauten stehen heute noch neun Stück im Hamburger Stadtgebiet. Ausgelegt war jeder einzelne Luftschutzturm für 600 Personen, bei den Bombenangriffen auf Hamburg fanden in jedem Zombeck-Turm weit über 1000 Menschen Platz. Diese Türme stehen oftmals in der Nähe der Verkehrsknotenpunkte, wie beispielsweise Schnellbahnhaltestellen oder Straßenbrücken.

Die Rundbunker wurden von außen durch Verklinkerung dem Stadtbild von Hamburg angepasst. Beabsichtigt war für alle Luftschutzhäuser Hamburgs die Verkleidung mit Klinkern als ortstypischem Material. Dies konnte jedoch nicht realisiert werden: Transportprobleme, Baustoff- und Arbeitskräftemangel zwangen zur Reduktion der Ansprüche an die äußere Gestaltung.

Von den Rundbunkern stehen der auf der Moorweide (am Dammtor), der am Bahnhof Barmbek, die beiden im Norden der Veddel (unweit der Elbbrücken) und der Bunker Vorsetzen (der wohl prominenteste von allen, direkt neben der Hochbahnstrecke zwischen Landungsbrücken und Baumwall) unter Denkmalschutz: Der Moorweidenbunker ist besonders reich verziert und beherbergt eine Bar. Die anderen noch existierenden Rundbunker befinden sich im Westen von Rothenburgsort an der Billhorner Brückenstraße, sowie an den Bahnhöfen Berliner Tor, Sternschanze (Sportgelände im Sternschanzenpark) und Hasselbrook.

Die beiden abgerissenen Rundbunker befanden sich neben dem Museum für Kunst und Gewerbe am Hauptbahnhof (2002 im Rahmen der Erweiterung des Busbahnhofs abgerissen) und an der heutigen Ottenser Hauptstraße (1951 abgerissen, heute Einkaufszentrum Mercado).[1]

Im Hafen westlich des Rosshafens befand sich der zwölfte Hamburger Rundbunker, ein Ringtreppenturm. Dieser wurde als Werkschutzraum der Howaldtswerke errichtet und war der einzige seiner Art in Hamburg.[1] Der Bunker ist 2009 abgerissen worden.[2]

Flaktürme

siehe Hamburger Flaktürme

Bunkermuseum Röhrenbunker

Ein Röhrenbunker wurde zwischen 1940 und 1941 in dem nicht bebauten Gelände hinter der Wichernkirche in Hamburg-Hamm erbaut. Der Eingang liegt versteckt hinter der 1954 nach Kriegszerstörung neu aufgebauten Kirche am Wichernsweg 16. Dieser Bunker besteht aus einem Eingangsbauwerk mit Treppe und Gasschleuse, einem Notausgangsbauwerk sowie vier Betonröhren. Die Sohle liegt etwa fünf Meter unter der Erde, die Röhren sind jeweils 17 Meter lang, zwei Meter breit und weisen eine lichte Höhe von 2,25 Meter auf. Jede der Röhren war für etwa 50 Personen vorgesehen, sie boten demzufolge Raum für insgesamt 200 Menschen. Trockentoiletten, Beheizung und Beleuchtung sowie eine handbetriebene Lüftungsmaschine waren vorgesehen. Es sind Wandbeschriftungen im Innern erhalten. Oberirdisch sind nur Eingangs- und Notausgangsbauwerk erkennbar. Im Jahr 1997 wurde in diesem Bauwerk das Bunkermuseum eingerichtet, in dem neben Ausstattungsgegenständen auch Dokumente zum Thema Luftschutz und den verschiedenen Luftschutzbauten des Zweiten Weltkriegs ausgestellt werden. Gezeigt werden außerdem Berichte von Zeitzeugen, die die Luftangriffe auf Hamburg-Hamm 1943 miterlebt haben. Der Röhrenbunker wird vom Stadtteilarchiv Hamm betreut und ist seit Oktober 2002 in die Hamburger Denkmalliste eingetragen.[3]

Verein Hamburger Unterwelten

Der gemeinnützige Verein „Hamburger Unterwelten e. V.“ besteht seit Januar 2006 und hat sich die Erforschung, Erhaltung und Dokumentation unterirdischer Bauwerke in Hamburg zum Ziel gesetzt. Der Verein bietet in regelmäßigen Abständen Führungen durch unterschiedliche Bauwerke an, darunter der Tiefbunker Steintorwall direkt am Hauptbahnhof und das Hilfskrankenhaus Wedel unter dem Johann-Rist-Gymnasium.

Verein Unter Hamburg

Der Verein wurde 2006 gegründet und hat sich die Erforschung unterirdischer Bauwerke in Hamburg zum Ziel gesetzt. Zielsetzung des Vereins ist dabei die Dokumentation und kritische Aufarbeitung der Geschichte dieser Bauwerke. Der Verein hat einen Tiefbunker am Berliner Tor und einen Hochbunker an der Wendenstraße angemietet, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Neben den Bunkern befinden sich auch unterirdische Bauwerke im Fokus, welche sonst der Öffentlichkeit entrückt sind - Tunnel, Kanäle und ähnliche unterirdische Zeugnisse menschlicher Schaffenskraft.

Literatur

  • Ulrich Alexis Christiansen: Hamburgs dunkle Welten. Der geheimnisvolle Untergrund der Hansestadt. Ch. Links, Berlin 2008, ISBN 978-3-86153-473-0.
  • Michael Foedrowitz: Bunkerwelten. Luftschutzanlagen in Norddeutschland. Ch. Links, Berlin 1998, ISBN 3-86153-155-0.
  • Michael Grube, Christel Grube: Ringtreppenturm Rosshafen. Ein Luftschutzturm in Hamburg. Dokumentation. Books on Demand GmbH., Norderstedt 2008, ISBN 978-3-8370-1750-2 (Schriftenreihe der Hamburger Unterwelten e.V. 2), (Info).
  • Rainer B. Jogschies: Wo, bitte, geht‘s zu meinem Bunker? Von einem, der auszog, sich vor dem Atomtod zu schützen. Ernst-Kabel-Verlag, Hamburg 1985, ISBN 3-921909-04-X (Lizenzausgabe. Ullstein, Frankfurt am Main u. a. 1988, ISBN 3-548-34443-7 (Ullstein Nr. 34443 Ullstein-Sachbuch); Neuauflage, erweitert und aktualisiert. Nachttischbuch-Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-937550-19-0 (Reihe: Reprints 2).
  • Helga Schmal, Tobias Selke: Bunker – Luftschutz und Luftschutzbau in Hamburg. Unter Mitarbeit von Henning Angerer. Christians, Hamburg 2001, ISBN 3-7672-1385-0, S. 141 (Kulturbehörde, Denkmalschutzamt. Themen-Reihe 7).
  • Markus Titsch: Bunker in Wilhelmshaven. Brune Mettcker, Wilhelmshaven 2005, ISBN 3-930510-29-4, S. 223.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Luftschutztürme - Bauarten und -typen auf geschichtsspuren.de. Abgerufen am 28. Oktober 2011
  2. Hamburg ist Bunker-Hochburg auf ndr.de Abgerufen am 28. Oktober 2011
  3. Das Bunkermuseum Hamburg. Abgerufen am 20. Mai 2011.

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