- 31. Sinfonie (Haydn)
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Joseph Haydn Sinfonie Nr. 31 in D-Dur Hob: I:31 Entstehungsjahr: 1765 Schaffensperiode: Esterházy Beiname: Mit dem Hornsignal AD: ca. 30 min Besetzung Streicher Solo: Violine, Cello, Kontrabass Flöte 2 Oboen 4 Hörner Continuo: Fagott, Cembalo Sätze 1. Allegro 2. Adagio 3. Menuet 4. Moderato molto – Presto Sinfonien Joseph Haydns Die Sinfonie Nr. 31 D-Dur Hob. I:31 komponierte Joseph Haydn im Jahr 1765. Sie zeichnet sich in ihrer Besetzung neben solistisch eingesetzten Streichinstrumenten vor allem durch vier statt der sonst üblichen zwei Hörner aus. Die Sinfonie führt teilweise die nicht von Haydn stammenden Titel „Mit dem Hornsignal“ oder „Auf dem Anstand“.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Aus dem Entstehungsjahr der Sinfonie Nr. 31 (1765) sind drei weitere Sinfonien Joseph Haydns in datierten Autographen erhalten: Nr. 28, Nr. 29 und Nr. 30. Ihre Entstehung hängt möglicherweise mit der Einstellung zweier Hornisten 1765 zusammen, nachdem in den Vorjahren von den vier Hornisten des Hoforchesters zwei ausgefallen waren.[1]
Die Sinfonie Nr. 31 zeichnet sich durch folgende Besonderheiten aus:
- anstelle der sonst üblichen zwei werden vier Hörner eingesetzt. Die Hornstimmen sind in allen Sätzen außergewöhnlich schwer und treten so stark hervor, dass sie der Sinfonie im 19. Jahrhundert die Beinamen „mit dem Hornsignal“ oder „Auf dem Anstand“[2] gegeben haben.[3] Ähnlich schwere Hornstimmen finden sich auch in der wahrscheinlich etwas früher[4] entstandenen Sinfonie Nr. 72, die als „Schwesterwerk“ ebenfalls vier Hörner und auch einen ähnlich strukturierten Schlusssatz wie Nr. 31 hat. In der etwas später entstandenen Sinfonie Nr. 51 benutzt Haydn noch höhere Hornnoten. Fiske[3] schreibt hierzu: Es „ist offensichtlich, dass die Hornisten des Esterházyorchesters in der Zeit bis zu den ersten siebziger Jahren Fähigkeiten besassen, mit denen sich niemand in Europa hätte messen können. Haydns erster Hornist war ein Böhme namens Thaddäus Steinmüller, und als Steinmüller aus Esterházys Diensten schied, hörte Haydn auf, für Hörner in dieser auffallenden Manier zu schreiben.“
- Neben den Hörnern werden auch eine Violine, ein Cello und ein Kontrabass als Soloinstrument eingesetzt, daneben haben auch Flöte und die Oboen solistische Passagen.
- Den Abschluss bildet ein Variationsatz, in dem die Instrumente des Orchesters solistisch ein Variationsthema vorstellen.
- Durch das Hervortreten von Soloinstrumenten und dem Variationssatz am Schluss bestehen Ähnlichkeiten zur Unterhaltungsmusik des Divertimento.[5] [6]
- Am Ende der Sinfonie setzt Haydn das Hornmotiv der Eröffnung nochmals ein und bewirkt so eine Verbindung von Anfang und Ende.
Die Sinfonie wurde in Ausgaben Ende der 1780er Jahre als „Concertante Sinfonia“ [7] bzw. „Sinfonia Concertante“ [8] bezeichnet.
Zur Musik
Besetzung: Flöte, zwei Oboen, vier Hörner, zwei Violinen, Viola, Cello, Kontrabass. Als Solo-Instrumente zudem separat Violine, Cello, Kontrabass; weiterhin auch für die Oboen, die Hörner und die Flöte solistische Passagen. Zur Verstärkung der Bass-Stimme wurden damals auch ohne gesonderte Notierung Fagott und Cembalo eingesetzt (sofern im jeweiligen Orchester vorhanden, das Cembalo wahrscheinlich nicht im Orchester von Schloss Esterházy).[9]
Aufführungszeit: ca. 25-30 Minuten (je nach Einhalten der vorgeschriebenen Wiederholungen).
Bei den hier benutzten Begriffen der Sonatensatzform ist zu berücksichtigen, dass dieses Modell erst Anfang des 19. Jahrhunderts entworfen wurde (siehe dort). – Die hier vorgenommene Gliederung der Sätze ist als Vorschlag zu verstehen. Je nach Standpunkt sind auch andere Abgrenzungen und Deutungen möglich.
1. Satz: Allegro
D-Dur, 3/4-Takt, 160 Takte
Haydn eröffnet die Sinfonie mit zwei Hornsignalen, die von einer Streicherbegleitung gestützt werden. Über die Bedeutung der Hornsignale finden sich verschiedene Angaben. Nach Webster[4] verwendet Haydn ein Militärmotiv (Takt 1-8) und ein Posthornmotiv (Takt 9 ff.), was auch durch den Vermerk „Posthorn von Nürnberg“ auf einer zeitgenössischen Ausgabe vom Verleger Siebert gestützt werde. Nach Marggraf [10] sind die Motive dem Posthorn zuzuordnen. Nach einer anderen Auffassung ist das Hornsignal ab Takt 9 ein südungarisch-kroatisch-rumänisches Jagdmotiv.[11] Das „Militärmotiv“ ist durch prägnanten Rhythmus gekennzeichnet und verwendet Töne des C-Dur – Dreiklangs, das „Posthornmotiv“ (oder Jagdmotiv) weist ebenfalls einen typischen punktierten Rhythmus auf und verwendet Oktavsprünge.
Ab Takt 16 setzt – eingeleitet vom Militärmotiv – eine Passage mit Unisono-Läufen ein, die nach einem abwärts sequenzierten Motiv mit fallendem Dreiklang (Takt 25 ff.), weiteren Läufen und Tonrepetition die Dominante A-Dur erreicht (Takt 41 ff.), in der nun die Flöte mit Läufen aufwärts hervortritt – unterbrochen von einem „Brummen“ der Streicher und einer an das Militärmotiv erinnernden Tonrepetition der Hörner. Weitere Läufe führen dann zur Schlussgruppe (Takt 54 ff.), in der Streicher und Flöte ein auftaktiges (dreimaliges Klopfen) Motiv mit fallender Linie spielen, überlagert vom Posthornmotiv in den Hörnern.
Die Durchführung beginnt mit dem Kopf vom Militärmotiv im Horn im Dialog mit den Streichern und führt ins harmonisch ferne Fis-Dur. Nach einer Zäsur setzt dann eine Variante vom Schlussgruppenmotiv in D-Dur ein, gefolgt von den Aufwärtsläufen der Flöte im Wechsel mit dem „Streicherbrummen“, wobei sich die Harmonien wiederum von D-Dur entfernen. In Takt 89 ff. tritt das Posthornmotiv in den Hörnern über dem Kopf vom Schlussgruppenmotiv in den Streichern in Moll auf. Von h-Moll aus startet dann eine Tremolo-Passage mit dem Kopf vom Schlussgruppenmotiv im Bass. Kräftige Akkordschläge auf A-Dur kündigen in Takt 110 die Reprise an. Stattdessen folgt jedoch überraschend eine d-Moll – Passage für Streicher im Piano, die wiederum auf den Kopf vom Schlussgruppenmotiv zurückgreift.[12]
Der Reprise (Takt 119 ff.) beginnt piano mit dem Posthornmotiv und ist gegenüber der Exposition etwas verkürzt, jedoch wird die Schlussgruppe erweitert: Am Ende spielen die Hörner nach dem Posthornmotiv das zu Beginn der Reprise ausgelassene Militärmotiv mit fanfarenartiger Steigerung. Exposition sowie Durchführung und Reprise werden einmal wiederholt.
2. Satz: Adagio
G-Dur, 6/8-Takt, 78 Takte
Das Adagio ist ein konzertant gehaltener Satz, in dem die vier Hörner, eine Solo-Violine und ein Solo-Cello hervortreten. Die Streicher begleiten teilweise pizzicato bzw. unterbrechen die konzertanten Abschnitte mit energischen Forte-Einwürfen, Flöte und Oboen schweigen. Die drei Hauptmotive des Satzes sind durch ähnlichen Beginn (Auftakt und punktierten Rhythmus) miteinander verknüpft.Das erste Thema mit weitgeschwungenem Bogen und Verzierungen wird zunächst von der Solo-Violine vorgestellt, dann von den Hörnern und schließlich nochmals von der Solo-Violine variiert aufgegriffen und zur Dominante D-Dur geführt. In D-Dur spielen die Hörner dann ein weiteres Motiv („zweites Thema“), gefolgt von „brillanten“, sehr hohen Passagen für die Violine und einen konzertanten Abschnitt für Violine und Cello zusammen. Die Schlussgruppe (Takt 27 ff.) verhaucht anfangs im Pianissimo, am Ende tritt das Cello jedoch mit Läufen und charakteristischer dreifacher Tonrepetition hervor.
Die Durchführung ähnelt einem verkürzten Ablauf der Exposition: Das erste Thema wird wiederum dreimal vorgetragen, zunächst von den Hörnern (mit einer „halsbrecherischen“ Begleitfigur), dann im Tutti und schließlich von der Violine. Anschließend setzen Violine und Cello ihren konzertanten Dialog aus der Exposition fort. Die Schlussgruppe führt in eine energische Forte-Passage mit Unisono-Läufen als Rückführung zur Reprise. Diese (Takt 59 ff.) stellt ebenfalls einen verkürzten Ablauf der Exposition dar (Auslassung des „zweiten Themas“).
3. Satz: Menuet
D-Dur, 3/4-Takt, mit Trio 76 Takte
Das Menuett ist durch eine energische, tänzerische Melodie mit dreifacher Tonrepetition und punktiertem Rhythmus gekennzeichnet. Der erste Teil des Menuetts steht durchweg im forte, der Beginn des zweiten Teils wird durch forte-piano – Kontraste aufgelockert.Im klangfarbenreichen Trio (D-Dur, piano) wechseln sich Oboen, Violinen, Hörner und die Flöte dialogartig mit einer etwas ländlerartigen Melodie ab. Webster[4] assoziiert das Trio mit Freiluftmusik.
4. Satz: Moderato molto – Presto
D-Dur, 2/4-Takt / 3/4-Takt, 170 Takte
Der Satz basiert auf einem Thema mit sieben Variationen, in denen die Instrumente das Thema in verschiedenen Klangfarben vorstellen und verzieren. Zum Schluss folgt ein „Kehraus“-Presto, dass das „Militärmotiv“ vom Anfang der Sinfonie wieder aufgreift. Der Satz besteht aus folgenden Teilen:- Vorstellung des Themas im Piano, nur Streicher. Das Thema erinnert an einen gemächlichen Marsch und besteht aus zwei einmal wiederholten Teilen (so auch bei jeder folgenden Variation, diese alle in D-Dur).
- Variation 1: Oboen
- Variation 2: Cello
- Variation 3: Flöte
- Variation 4: Hörner
- Variation 5: Violine
- Variation 6: ganzes Orchester (Tutti)
- Variation 7: Kontrabass
- Acht Takte Überleitung, d-Moll, mit Chromatik, nur Streicher
- Presto (3/4-Takt): Den Abschluss der Sinfonie bildet ein „Kehraus“ im Forte für das ganze Orchester: Zunächst spielen die Violinen und die Flöte rasante Sechzehntel-Läufe, gefolgt von einem neuen marschartigen Motiv mit punktiertem Rhythmus. Die Sinfonie endet mit dem „Militärmotiv“, mit dem sie auch begonnen hat.
Weblinks, Noten
- Hörbeispiele und Partitur der 31. Sinfonie Haydns vom Projekt "Haydn 100&7" der Haydn-Festspiele Eisenstadt
- Thread zur Sinfonie Nr. 31 von Joseph Haydn
- Joseph Haydn: Sinfonia No. 31 D major . Philharmonia No. 731, Universal Edition, Wien. Reihe: H. C. Robbins Landon (Hrsg.): Kritische Ausgabe sämtlicher Symphonien (Taschenpartitur).
- Joseph Haydn: Symphony No 31 D major „mit dem Hornsignal“ / „auf dem Anstand“. Edition Eulenburg No. 512, Ernst Eulenburg Ltd., London / Mainz (Nachdruck ohne Jahresangabe der Ausgabe von Ernst Praetorius von 1935 mit einem Vorwort von 1976), 42 S.
Einzelnachweise
- ↑ die englischsprachige Wikipedia-Seite zu Haydns 31. Sinfonie zitiert hierzu James Webster: Textbeitrag zur Einspielung der Haydn-Sinfonien mit der Academy of Ancient Music und Christopher Hogwood, Oiseau-Lyre 430 082-2, 1990. Dieser Artikel wurde nicht im Original überprüft.
- ↑ zur Bedeutung der Titel siehe erster Satz
- ↑ a b Roger Fiske: Joseph Haydn, Sinfonie Nr. 31 D-Dur. Vorwort zur Taschenpartiturusgabe der Sinfonie im Eulenburg-Verlag: Edition Eulenburg No. 512, Ernst Eulenburg Ltd., London / Mainz (Nachdruck, Vorwort von 1976)
- ↑ a b c James Webster: Hob. I:31 Symphonie in D-Dur. Informationstext zur Sinfonie Nr. 31 vom Projekt „Haydn 100&7“ der Haydn-Festspiele Eisenstadt: http://www.haydn107.com/index.php?id=2&sym=31&lng=1, Stand März 2010
- ↑ Karl Geiringer: Joseph Haydn. Der schöpferische Werdegang eines Meisters der Klassik. B. Schott´s Söhne, Mainz 1959
- ↑ Jürgen Mainka: Sinfonie Nr. 31 D-Dur Hob. I:7 „Mit dem Hornsignal (1765). In Malte Korff (Hrsg.): Konzertbuch Orchestermusik 1650-1800. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden / Leipzig 1991, S. 3352-353
- ↑ Ausgabe von Forster 1786 zitiert bei Hoboken 1957
- ↑ Ausgabe von Siebert 1788 zitiert bei Hoboken 1957
- ↑ Die Haydn-Festspiele Eisenstadt (http://www.haydn107.com/index.php?id=21&pages=besetzung, Stand März 2010, schreiben hierzu: „Haydn setzte, außer in London, für seine Symphonien höchstwahrscheinlich kein Tasteninstrument ein. Diese Ansicht, die von früheren Meinungen abweicht, wird heute unter Musikwissenschaftlern weithin anerkannt.“
- ↑ * Wolfgang Marggraf: Die Sinfonien Joseph Haydns. – Sinfonie 31, D-Dur, ("Hornsignal") Abruf 5. Mai 2011 (Stand des Textes: 2009)
- ↑ Die Verbindung zum Jagdmotiv bzw. die Bezeichnung der ganzen Sinfonie als „Jagdsinfonie“ findet sich v. a. in der älteren Literatur (z. B. Geiringer 1959). Van Hoboken (Anthony van Hoboken: Joseph Haydn. Thematisch-bibliographisches Werkverzeichnis, Band I. Schott-Verlag, Mainz 1957, 848 S.) verweist auf Ernst Pauls, nachdem das Hornsignal in Takt 9 bis 15 „dem Typ südungarisch-kroatisch-rumänischer Signale“ angehört, „die auf kurzen, meist noch aus tierischem Material hergestellten Hörnern geblasen wurden und höchstens über drei Tonhöhen (Grundton und die nächsten beiden Obertöne Oktav und Duodezime) verfügten.“ Ein ähnliches Jagdsignal soll um 1800 in der Gegend um Esterházy verbreitet für die Treib- und Hetzjagd gewesen sein. Der Titel „auf dem Anstand“ wäre – falls es sich tatsächlich um ein Jagdsignal handelt – dann jedoch unzutreffend (Jagd vom Anstand aus und keine Treibjagd). Siehe hierzu auch den Informationstext zur Aufführung der Sinfonie Nr. 31 am 29. Mai 2009 der Haydn-Festspiele Eisenstadt: http://www.haydn107.com/index.php?id=32, Stand März 2010
- ↑ ähnliche Struktur im 1. Satz der Sinfonie Nr. 24 von Haydn.
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