- Archäologische Zone Köln
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Die Archäologische Zone Jüdisches Museum Köln ist ein 10.000 m² großes archäologisches Ausgrabungsareal am und um den Rathausplatz im Zentrum der Stadt Köln. Ebendort entsteht ein Museumsprojekt zur Dokumentation und Präsentation der historischen Funde mit integriertem Jüdischem Museum. Seit ca. fünf Jahren wird hier gegraben. Bisher wurden etwa 250.000 Funde aus 2000 Jahren Stadtgeschichte gefunden. Die Archäologische Zone beinhaltet Funde wie den ältesten Steinbau Kölns, die Reste des römischen Statthalterpalasts und die älteste Synagoge nördlich der Alpen. Köln ist der einzige Ort nördlich der Alpen, in dem eine jüdische Gemeinde in der Antike sicher belegt ist.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte und Hintergründe
Durch den Zweiten Weltkrieg wurden große Teil Kölns zerstört. Bei den Wiederaufbauarbeiten wurden im Kölner Stadtzentrum gewaltige Mauerzüge entdeckt: die Fundamente des Prätoriums. In nur sechs Monaten grub der Archäologe Otto Doppelfeld 1953 den Fund vor Start der geplanten Baumaßnahmen aus. In der Folge setzte er sich sehr für den Erhalt und Schutz dieser Funde ein. Bei späteren Bau- und Rekonstruktionsarbeiten am Kölner Rathaus kam es zu weiteren archäologischen Funden.
Zu den archäologischen Entdeckungen der Stadt Köln gehören etwa Freilegungen einer Synagoge sowie einer Mikwe. Diese Freilegungen sind Teile des größten erhaltenen jüdischen Bauensembles mit antiker Substanz in Mitteleuropa. Auch auf dem Gebiet der Archäozoologie konnte durch Knochenfunde nachgewiesen werden, ob es in mittelalterlichen Haushalten koschere Küche gab, die der Hinweis auf einen jüdischen Haushalt war.
Mit dem Prätorium, dem Statthalterpalast findet sich hier zudem der bedeutendste offizielle Bau des antiken Köln. Zur Römerzeit war die Stadt Ausgangspunkt stark frequentierter Fernstraßen. Im Mittelalter zählte Köln zu den größten und bedeutendsten Städten nördlich der Alpen. Die durchgängige Besiedlung führte zu einer Überlagerung verschiedener Bauschichten aus unterschiedlichsten Epochen. An der Ausgrabungsstätte am Kölner Rathausplatz wurden Monumente und Zeugnisse historischer Ereignisse aus über 2.000 Jahren gefunden. Die Ausgrabungen und Funde der Archäologischen Zone Jüdisches Museum Köln geben sowohl Hinweise zur Erforschung der Geschichte Kölns als auch der Geschichte der Juden. Bisher wurde aufgrund fehlender Schriftquellen aus dieser Zeit angenommen, dass zwischen dem 4. und 7. Jahrhundert keine Juden in Köln gelebt hätten. Die Ausgrabungen auf dem Rathausplatz brachten jedoch eine Reihe von Indizien zutage, die für eine Kontinuität der jüdischen Gemeinde von der Antike bis zum Mittelalter sprechen. Zu den zahlreichen Funden gehören auch über 150 Schriftzeugnisse auf Schiefertäfelchen in Hebräisch und Mittelhochdeutsch.
Funde
Prätorium
Der römische Statthalterpalast, das Prätorium, galt zur Römerzeit als politisch- administratives Zentrum der Region, von wo aus der Statthalter die kaiserliche Macht Roms am Rhein ausübte. Im Mittelalter residierten dort fränkische und merowingische Könige, bis 780/90 n. Chr. ein Erdbeben den Palast zerstörte.
Ubiermonument
Das Ubiermonument ist der südöstliche Eckturm der Stadtbefestigung. Der römische Quaderbau ist das älteste Steinbauwerk Kölns und damit auch ganz Niedergermaniens. Sein Name verweist auf die Ubier, einen mit den Römern verbündeten Germanenstamm. Sein Fundament konnte auf 4 n. Chr. datiert werden und ist unterirdisch zugänglich.
Römischer Abwasserkanal
Einer der römischen Hauptabwasserkanäle, der unter der „Großen Budengasse“ durch die Stadtmauer in den Rhein führte, ist unterirdisch erhalten und auf einer Länge von 150 m begehbar. Der Kanal liegt etwa 10 m unter der Erde und ist durch den Vorraum des Prätoriums über einen neu errichteten Tunnelzugang zu erreichen. Im südlichen Abwasserkanal wurden mehrere Tausend Schiefertäfelchen mit hebräischen und mittelhochdeutschen Schriftzeichen gefunden, die vor 700 Jahren unter anderem von Schülern für Schreib- und Grammatikübungen genutzt wurden.
Kloake
Nach der Plünderung der Synagoge im Zuge des Pogroms von 1349 wurden Möbel, Buchbeschläge, Reste von verbranntem Pergament, Kinderspielzeug, Medizinfläschchen und andere Haushaltsgegenstände in die Fäkaliengrube geworfen. In den tiefen, mit Schiefer ausgekleideten Schächten blieben diese Artefakte erhalten. Sie geben heute Einblick in das Leben einer jüdischen Familie dieser Zeit. Tierknochen und botanische Überreste bezeugen zudem, dass hier nach den jüdischen Speisegesetzen gelebt wurde.
Portikus
Eine Portikus, eine Bogenstellung aus dem 1. Jahrhundert, wurde direkt am Kölner Rathaus ergraben. Neben dem römischen Portal fanden sich weitere Reste des Kölner Judenviertels, darunter die Relikte eines Hospitals. Der Zugang erfolgt heute durch das Kellergeschoss des Rathauses.
Synagoge
In den letzten Jahren wurden in Köln die Überreste von einem der größten und ältesten jüdischen Quartiere Europas freigelegt. Neben Geschäften, Wohnungen und der Mikwe fand man in der "Judengasse" auch ein Schichtensystem aus den Überresten von sechs sich überlagernden Synagogen unterschiedlicher Epochen. Spolien bzw. Gebäudeteile des Vorgängerbaues wurden dabei immer wieder in einen Neubau einbezogen. Die Kontinuität der architektonischen Erneuerung ist eines von vielen Indizien für eine durchgängige jüdische Gemeinde vom frühen 4. Jahrhundert bis ins Jahr 1424 in Köln. Die Ausgrabungen lassen außerdem darauf schließen, dass die erste der Synagogen bereits zur Römerzeit bestand. Damit handelt es sich um die älteste bisher bekannte Synagoge nördlich der Alpen.
Der Eisenschlüssel der Synagoge
Im Bereich der Synagoge wurde auch ein 13 cm langer Eisenschlüssel aus einem Teil des Rathausvorplatzes gefunden, der mittels Röntgenuntersuchungen ins 12. oder 13. Jahrhundert datiert werden konnte. Die bei den Ausgrabungen freigelegten Schichten aus Holz, Putz und Dachschindeln geben Aufschluss über die Reihenfolge der Ereignisse des Judenpogroms vom 23. und 24. August 1349.
Die gotische Bima
Ein weiteres Ergebnis der Ausgrabungen in der jüdischen Synagoge ist die aus 550 Bruchstücken rekonstruierte gotische Bima, die Lesekanzel der Synagoge. Es handelt sich dabei um kunstvoll gestaltete Kapitelle, verziert mit detailliert ausgearbeitetem Blattwerk. Die Bima wurde etwa um 1280 von französischen Handwerkern der Kölner Dombauhütte geschaffen und während des Pogroms 1349 zerschlagen. Mit den Bruchstücken hat man den Keller unter dem Bimapodest verfüllt.
Mikwe
Das rituelle jüdische Bad, die Mikwe, ist ein 17m tiefer Schacht. Sie wird in der jüdischen Tradition besucht, um rituelle Reinheit zu erlangen. Der wechselnde Pegel des Rheins ist noch heute im unteren Bereich der Mikwe durch verschiedene Wasserstände ablesbar. Ende 2009 war die Mikwe wegen des niedrigen Wasserstands trocken gefallen. Dies ermöglichte die Entnahme von Proben für naturwissenschaftliche Untersuchungen und eine detaillierte Bauaufnahme, die die einzelnen Bauphasen der Mikwe genauer erklären. Dabei ließ sich feststellen, dass der Ursprung mindestens bis ins 8. Jahrhundert zurück reicht, da die Mikwe in den frühen Bauphasen eindeutig datierbare Erdbebenschäden aufweist. Heute ist sie unter einer silbernen Pyramide auf dem Kölner Rathausplatz sichtbar.
Der Kölner Ohrring
Der Kölner Ohrring ist ein prunkvolles Schmuckstück aus dem Hochmittelalter, mit deutlicher Verwandtschaft zu Goldschmiedearbeiten aus imperialem Umkreis. Der Ohrring ist aus Gold gefertigt und mit Edelsteinen, Perlen und einer antiken Gemme besetzt. Er besitzt die Form einer sogenannten Lunula, eines Halb- (genauer: Dreiviertel-) Mondes.
Schiefertäfelchen
In einer Schuttgrube unterhalb der Frauensynagoge wurden Tausende von Schieferfragmenten entdeckt, die nach Schrift und Darstellungen untersucht wurden. Gesamt betrachtet ließen sich folgende Kategorien der Textfragmente erkennen: 1. Grammatikübungen, die Schüler vor 700 Jahren auf Schiefertäfelchen ritzten; 2. Texte aus dem Verwaltungsbereich der jüdischen Gemeinde; 3. Ein literarischer, mittelhochdeutscher Text in hebräischen Schriftzeichen, der aus dem Umfeld der Ritterromane stammt.
Museum
Köln ist heute Mittelpunkt der Region Nordrhein-Westfalen. Seit 2008 nimmt die Stadt Köln zusammen mit den Städten Utrecht, Gent und Chester an dem durch die EU geförderten Projekt PORTICO teil. Projekte wie PORTICO sollen die Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe der Städte und dessen Erhalt fördern sowie einen Austausch mit den europäischen Nachbarn ermöglichen.
Ziel der Archäologischen Zone Jüdisches Museum Köln ist es, die Geschichte von Ort und Region darzustellen und Kontinuität sowie Brüche zu veranschaulichen. Durch eine besucherfreundliche Erschließung und Präsentation sowie den Einsatz multimedialer Technik soll eine überregional bedeutsame Vermittlung des Schauplatzes erfolgen.
Das Museum gründet sich auf folgende vier Hauptthemen und ihre räumliche und zeitliche Wechselbeziehung:
- Römischer Statthalterpalast und Fränkischer Königssitz
- Mittelalterliches Rathaus
- Jüdisches Quartier und spätere jüdische Geschichte
- Mittelalterliches und neuzeitliches Stadtquartier bis zum Zweiten Weltkrieg
Der Fokus auf das regionale Erbe ist für die Bereiche Tourismus und Identitätsfindung von enormer kultureller und wirtschaftlicher Bedeutung. Im Rahmen der Kölner Stadtentwicklung stellt das Projekt einen Schwerpunkt zur Verbesserung der Infrastruktur der Stadt dar.
Das entstehende Museumsgebäude am Kölner Rathausplatz wurde vom Saarbrücker Architektur-Büro Wandel Hoefer Lorch + Hirsch entworfen und soll die Archäologische Zone und das Jüdische Museum Köln zu einer Einheit verbinden. Darauf aufbauend wurde ein Ausstellungskonzept entwickelt, das das Jüdische Museum als integralen Bestandteil der gesamten Archäologischen Zone erlebbar macht. Das Museum soll eines der größten Museen Europas werden.
Siehe auch
Weblinks
Commons: Archäologische Zone Köln – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienQuellen
Schütte, S. / Gechter, M. (2011): Köln: Archäologische Zone / Jüdisches Museum - von der Ausgrabung zum Museum. Ergebnisse 2006-2011; Köln.
Kategorien:- Archäologie (Deutschland)
- Stadtplanung (Köln)
- Judentum in Köln
- Bauwerk des Judentums
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