KZ-Außenlager Lochau

KZ-Außenlager Lochau
Außenlager Lochau
Nummer: 422
Gau: Tirol-Vorarlberg
Gebiet: Verwaltungsbezirk Vorarlberg
Ort: Lochau
Eröffnung: 7. April 1945
Schließung: 25. April 1945

Das KZ-Außenlager Lochau war ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau in Lochau bei Bregenz in Vorarlberg. Es war das einzige Konzentrationslager der Nationalsozialisten auf dem Gebiet des heutigen österreichischen Bundeslands Vorarlberg.

Inhaltsverzeichnis

Offizielles Außenlager des KZ Dachau

Ehemalige Brauerei Reiner in Lochau

In Lochau sollten die im Stammlager Dachau von Sigmund Rascher begonnenen und von Kurt Plötner dort und im KZ-Außenkommando Schlachters bei Lindau weitergeführten Versuche zur Herstellung der blutstillenden Polygal-Tabletten aus Rübenresten fortgesetzt werden. Nach Vorarbeiten im März wurde das Außenlager Lochau knapp einen Monat vor Kriegsende in Europa am 7. April 1945 offiziell eröffnet. Die Produktions- und Versuchsstätte war im leerstehenden, mehrstöckigen Gebäude einer Brauerei in der Ortsmitte eingerichtet. Die zwischen 8 und 20 Häftlinge aus Slowenien, Polen und Deutschland (nach Zeugenberichten befanden sich auch ein Medizinprofessor, ein Ingenieur und ein argentinischer Konsul darunter) waren in einem großen Saal im Obergeschoss untergebracht.

Die Häftlinge waren mit dem Transport und dem Aufbau der aus Dachau und/oder Schlachters per Bahn angelieferten Labor- und Büroeinrichtung und dem Ingangsetzen der Polygal-Produktion beschäftigt. Das Labor konnte nur noch teilweise aufgebaut werden. Angeblich weigerten sich die Häftlinge erfolgreich, an Menschenversuchen mit dem Blutstillmittel teilzunehmen. Das KZ im Brauereigelände machte einen relativ menschlichen Eindruck: kein Stacheldraht nach außen und intern eine gewisse Bewegungsfreiheit, so dass Kontakt mit polnischen Zwangsarbeitern und das Zustecken von Lebensmitteln möglich waren.[1] Die Wachmannschaft bestand aus 5 älteren SS-Männern.

Das Kommando über das Lager hatte der 39-jährige Arzt und SS-Sturmbannführer Kurt Plötner, der bereits im Stammlager Dachau und in Schlachters Versuche mit Pektin durchgeführt hatte. Der österreichische Chemiker und Gründer sowie Leiter der Opekta-Werke Köln, Robert Feix hatte ein blutstillendes Medikament entwickelt und pektinhaltige Tabletten unter dem Namen „Polygal“ patentieren lassen. Als KZ-Sonderhäftling „durfte“ Feix in Dachau für Sigmund Rascher unter der Regie der SS-Einrichtung Ahnenerbe weiterarbeiten. Nachdem Rascher bei Himmler in Ungnade gefallen war, setzte Plötner mit Feix als Assistent Forschung und Produktion in Dachau, Schlachters und dann in Lochau fort. Wegen der Zusammenarbeit mit Plötner nahmen die Alliierten den ehemaligen KZ-Häftling Robert Feix ein Jahr später fest.

Mit dem Näherrücken der alliierten französischen Truppen wurde das Lager 19 Tage nach seiner Eröffnung am 25. April 1945 wieder aufgegeben. Plötner versteckte die Gerätschaften bei Ortsbewohnern und begab sich bis zu seiner Festnahme in den Nachbarort. Die meisten der fünf älteren SS-Wachmänner flohen beim Anrücken der alliierten Truppen. Einem kleinen Teil der Häftlinge gelang es vorher, sich an den Ort des Vorgängerlagers nach Schlachters abzusetzen, wo sich eine kleine Widerstandsgruppe gebildet hatte. Schon am 30. April überschritten Soldaten der 1. Französischen Armee, insbesondere der 1. und 4. marokkanischen Infanteriedivision, die Grenze bei Hohenweiler und leiteten damit die Befreiung Vorarlbergs ein.

Vorgeschichte als Zwangsarbeiterlager

Das Lager wurde aber offenbar nicht erst durch die Verlegung von KZ-Häftlingen aus Schlachters im letzten Kriegsmonat (April 1945) gegründet. Schon ab 1942 waren in der Außenstelle der "Bayerischen Leichtmetallwerke" (BLM) in Lochau Zwangsarbeiter und Häftlinge des KZ Dachau eingesetzt. Die Verlegung der KZ-Außenkomandohäftlinge aus Schlachters war wahrscheinlich lediglich der Grund, das schon bestehende Lochauer Lager nun für kurze Zeit ebenfalls offiziell als Außenlager des KZ Dachau zu führen.[2]

Nachgeschichte als Internierungslager

Die französische Besatzungsmacht nutzte das Lager Lochau noch eineinhalb Jahre als Internierungslager für NS-belastete Prominente aus Politik, Wirtschaft und Zeitungswesen. Unter anderem waren hier inhaftiert die ehemaligen Chefredakteure des Vorarlberger Tagblatts Karl Otto Dyllus und Hans Nägele, Landrat Walther Didlaukies, Ex-Landesstatthalter Rudolf Kopf, die Ärzte Ernst Stolz und Karl Sollgruber und der Texttilindustrielle Hermann Rhomberg.[3]

Siehe auch

Literatur

Schlussphase als Außenlager des KZ Dachau
Vorgeschichte als Zwangsarbeiterlager
  • Von Herren und Menschen. Verfolgung und Widerstand in Vorarlberg 1933-1945, Beiträge zu Geschichte und Gesellschaft Vorarlbergs, Band 5 (hgg. von der Johann-August-Malin-Gesellschaft). Fink’s Verlag, Bregenz, 1985, S. 184. Online-Auszug
  • Weitere Archivbestände: Vorarlberger Landesarchiv, Rep. 14-300, Inventar Landratsamt Bregenz 1940-1945, Sch. 41, Zl. 46) Bayerische Leichtmetallwerke in Bregenz-Lochau, Sch. 70, Z. 123/10/2/4 Griechische Arbeiter der Leichtmetallwerke Lochau – Verhalten
Nachgeschichte als Internierungslager

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. siehe Abschnitt Vorgeschichte
  2. Von der Diskussionsseite des Artikels übernommene wichtige Informationen von Kurt Greussing
  3. siehe Lit. Manfred Stoppel: Ida Bammert-Ulmer
47.531229.751949

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