- Belgisches Niederländisch
-
Belgisches Niederländisch (Belgisch-Nederlands) Gesprochen in
Belgien Sprecher 6,4 Millionen Linguistische
Klassifikation- Indogermanische Sprachen
- Germanische Sprachen
-
-
- Belgisches Niederländisch
-
-
Sprachcodes ISO 639-1: nl
ISO 639-2: (B) dut (T) nld ISO 639-3: nld
Belgisches Niederländisch bezieht sich auf eine Reihe von Sprachformen, welche in der Region Flandern und teilweise in Brüssel in Belgien gesprochen werden. Dazu zählen das Belgische Standard-Niederländisch, eine als Zwischensprache bezeichnete Übergangsform zwischen Standard-Niederländisch und den Dialekten sowie die regionalen Umgangssprachen und die Ortsdialekte.
Häufig verwendet man für diese Sprachformen den Ausdruck flämisch (auf Niederländisch: Vlaams), dies kann allerdings zu Missverständnissen oder Ungenauigkeiten führen.
Inhaltsverzeichnis
Gliederung nach Willemyns
Der Sprachwissenschaftler Roland Willemyns von der Freien Universität Brüssel unterscheidet beim Niederländischen in Belgien fünf Sprachformen, die allerdings fließende Übergänge haben:
- Dialekt (A): Der „reine“ Dialekt ist im Norden von Belgien nicht auf ländliche Gebiete und private Gelegenheiten beschränkt. Die allermeisten niederländischsprachigen Belgier beherrschen einen Dialekt, auch wenn sie ihn nicht immer verwenden.
- Dialektvariante (B): Eine Dialektvariante ist ein Dialekt, der lautlich bewusst an die Standardsprache angepasst ist. Teilweise fließen Wörter aus der Standardsprache ein. Dialektsprecher, die die Standardsprache nicht ausreichend beherrschen (z. B. ältere Menschen mit geringer Schulbildung), benutzen diese Sprachform, wenn sie mit Menschen sprechen wollen, die den Ortsdialekt nicht verstehen.
- Regionale Umgangssprache (C): Die regionale Umgangssprache ist etwas anderes als der Regiolekt in den Niederlanden. Die regionale Umgangssprache ist eine Mischung aus Standardsprache und Dialekt. Sie wird verwendet für die überregionale Kommunikation, auch in der städtischen Mittelschicht und von Menschen mit höherer Ausbildung, aber nur in familiären Situationen.
- Zwischensprache, „Belgisch Beschaafd (Nederlands)“ (D): Das „Belgische Zivilisierte (Niederländisch)“ ist eine Sprachform, die der Standardsprache sehr nahe ist. Diese Sprachform ist im gesamten niederländischsprachigen Teil von Belgien gebräuchlich. Diese Sprachform ist nicht nur von Ortsdialekten beeinflusst. Außerhalb von Brabant gibt es brabantische regionale Einflüsse. Dies bedeutet, dass Brabant in gewissem Umfang in dieser Sprachform tonangebend ist. Andere Kennzeichen sind altertümliche Ausdrücke (Archaismen), Spuren von französischem Einfluss (Gallizismen) und Purismen. Außerdem hat diese Sprachform eine buchstabengetreue Aussprache und hyperkorrekte Formen (also fehlerhaftes Vermeiden von vermeintlichen Dialektformen). Menschen, die die eigentliche Standardsprache beherrschen, benutzen in bestimmten Situationen die Zwischensprache an Stelle der Standardsprache, um nicht affektiert zu wirken.
- Standardsprache (E): Die Standardsprache ist prinzipiell die gleiche wie in den Niederlanden, trotz einiger belgischer Besonderheiten. Im Rundfunk und im Fernsehen ist sie die übliche Sprachform. [1]
Geschichte
Nach der Gründung des belgischen Staates (1830) wurde Französisch die einzige offizielle Sprache des Staates, der mehrheitlich aus einer Bevölkerung bestand, die niederländische Dialekte sprach. Das neue stolze Bürgertum in Flandern lehnte sich später gegen die Dominanz der französischen Sprache auf. Seit 1878 besitzt Niederländisch einen offiziellen Status in Belgien.
Siehe auch: Flämisch-wallonischer Konflikt
Standard-Niederländisch in Belgien
Amtssprache in Flandern ist Niederländisch. Es lassen sich jedoch Unterschiede zum Sprachgebrauch in den Niederlanden ausmachen. Dies stellt auch die Niederländische Sprachunion fest.[2] Darüber hinaus definiert sie Standardsprache in Belgien als „het Nederlands dat algemeen bruikbaar is in het publieke domein in België, d.w.z. in alle belangrijke sectoren van het openbare leven, zoals het bestuur, de administratie, de rechtspraak, het onderwijs en de media.“[3] (Das Niederländische, das im öffentlichen Raum in Belgien allgemein benutzt wird, das heißt alle wichtigen Sektoren des öffentlichen Lebens, wie Regierung und Verwaltung, Rechtsprechung, Bildungswesen und Medien.)
Im Großen Wörterbuch der niederländischen Sprache (Van Dale) werden Wörter, die in Belgien gebräuchlich sind, mit einem (Belg.), teilweise mit (niet alg.) (dt. nicht allgemein) gekennzeichnet.
Bis in die 1970er-Jahre konnten viele Flamen die Standardsprache schreiben, sprachen sie aber kaum. Es bestand mithin eine diglossische Situation, eine Aufgabenteilung zwischen Dialekt und Standardsprache.[1] Diese dauert regional, insbesondere im Gebiet des westflämischen Dialekts, bis heute fort.
Belgisches Standard-Niederländisch wird in Belgien mitunter VRT-Nederlands genannt. VRT ist der staatliche Rundfunk Flanderns. Dort achtet, wie auch bei anderen Fernsehsendern in Belgien, ein Sprachbeirat auf den korrekten Gebrauch der Standardsprache. Der Beirat der VRT, momentan Ruud Hendrickx, hat somit einen großen Einfluss[4] auf das Standard-Niederländisch in Belgien. Ruud Hendrickx ist seit Mai 2009 Hauptredakteur der flämischen Abteilung von Van Dale, welches das Große Wörterbuch der niederländischen Sprache herausgibt.
Zwischensprache
Als Zwischensprache (nl.: Tussentaal) wird ein Soziolekt der niederländischen Sprache bezeichnet, der vornehmlich durch den brabantischen Dialekt geprägt ist. Der Terminus ist umstritten, da er eine Einheit andeutet. Obgleich die Zwischensprache sich in ganz Flandern ähnelt, sind Unterschiede von Stadt zu Stadt erkennbar. Wesentliche Merkmale eines Regiolekts treffen auch auf die Zwischensprache zu. Jedoch ist auch diese Einordnung umstritten. Der Begriff wurde durch Wissenschaftler der Universität Gent geprägt [5]. Synonyme sind Verkavelingsvlaams, Schoon Vlaams und Soapvlaams[6] – Letztgenanntes deshalb, weil die allen Flamen verständliche Zwischensprache im Zusammenhang mit dem simulierten Alltag in flämischen Soaps vor allem für brabantische Zuschauer weniger künstlich als das Standardniederländische wirkt.
Auffallendes Merkmal ist der Gebrauch von gij (dt.: du) anstelle von jij. Außerdem wird für jou (dt.: dich) und jouw (dt.: dein) üblicherweise die Höflichkeitsform u und uw benutzt. In der Zwischensprache ist eine eigentümliche Klitisierung weit verbreitet: Ben jij (dt.: Bist du) wird zu Zijdegij und Hoe heet je? (dt.: Wie heißt du?) wird zu Oe noemde gij?; die Silbe -de steht bereits für du oder in der allgemeinen Benutzung für man. Die Zwischensprache unterscheidet sodann das Genus bei unbestimmten Artikeln, im Gegensatz zur niederländischen Standardsprache, beispielsweise ne man, een vrouw en e kind.
Die Entstehung der Zwischensprache ist zurückzuführen auf Flamen, die sich vom Dialekt distanzierten, aber Standard-Niederländisch nicht sprechen konnten oder wollten. Die niederländische Standardsprache ist den Sprechern in Flandern nicht langsam anerzogen worden wie in den Niederlanden, sondern wurde abrupt Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt, was viel Ablehnung gegen die „künstliche“ Sprache aus dem Norden hervorrief.
Dialekte in Flandern
Dialekte spielen in Flandern noch eine größere Rolle als in den Niederlanden. 53 % der Schüler in Flandern sprechen einen Dialekt gegenüber nur 23 % in den Niederlanden.[7]. In allen Regionen Flanderns weichen die Dialekte der Zwischensprache oder der regionalen Umgangssprache, werden also uniformer. Dieser Effekt ist im Osten stärker zu beobachten als zum Beispiel in Westflandern.
Brabantische Einflüsse
Brabantische Dialekte haben die niederländische Standardsprache seit dem 16. Jahrhundert entscheidend mit geprägt. Die Hafenstadt Antwerpen, die Universitätsstadt Löwen, in minderer Rolle Mechelen und früher Brüssel bilden das geografische und kulturelle Zentrum der flämischen Gemeinschaft. Dies hat eine große brabantische Dominanz in Fernsehen und Rundfunk zur Folge.
Unterschiede zum Niederländisch der Niederlande
Belgisches Niederländisch Niederländisch der Niederlande Deutsch ambetant vervelend, lastig lästig, langweilig, schwer borstel bezem Besen camion vrachtwagen LKW curieus nieuwsgierig neugierig goesting zin, lust Lust immobiliën onroerende goederen, vastgoed Immobilien piloot (Formel 1 oder Rally) (auto)coureur Rennfahrer plan plattegrond, schema, kaart Karte, Plan plezant plezierig, leuk lustig het is beginnen regenen het is gaan regenen es hat zu regnen angefangen aan lage prijzen voor lage prijzen zu niedrigen Preisen seffens straks gleich, in Kürze solden uitverkoop, opruiming, koopjes Schlussverkauf vijs schroef Schraube Siehe auch
- Niederländisch in Belgien
- Westhoekflämisch
- flämische Literatur
- flämische Schriftsteller
Weblinks
Belege
- ↑ a b Herman Vekeman und Andreas Ecke, "Geschichte der niederländischen Sprache", Bern 1992, ISBN 3-906750-37-X
- ↑ http://taaladvies.net/taal/advies/tekst/85/#standaardtaal
- ↑ http://taaladvies.net/taal/advies/popup.php?id=114
- ↑ http://taalschrift.org/reportage/000458.html
- ↑ http://hdl.handle.net/1854/LU-610749
- ↑ http://taalschrift.org/reportage/000458.html
- ↑ Nederlandse Taalunie(Hrsg.):Taalpeilonderzoek 2007. Onderwijs Nederlands in Nederland, Vlaanderen en Suriname. Den Haag 2007. Seite 72.(PDF; 0,7 MB)
Kategorien:- Niederländische Sprache
- Sprachvarietät
- Niederfränkischer Dialekt
- Kultur (Belgien)
Wikimedia Foundation.