Boceprevir

Boceprevir
Strukturformel
Strukturformel von Boceprevir
Allgemeines
Freiname Boceprevir
Andere Namen

(1R,2S,5S)-N-[(2Ξ)-4-Amino-1-cyclobutyl-3,4-dioxobutan-2-yl)]- 3-{(2S)-2-[(tert-butylcarbamoyl)amino]-3,3-dimethylbutanoyl}- 6,6-dimethyl-3-azabicyclo[3.1.0]hexan-2-carboxamid (IUPAC)

Summenformel C27H45N5O5
CAS-Nummer 394730-60-0
PubChem 10324367
ATC-Code

noch nicht zugewiesen

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Virostatika

Wirkmechanismus

Proteaseinhibition

Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 519,7 g· mol−1
Löslichkeit

schlecht löslich in Wasser,[1] gut löslich in Methanol, Ethanol und Isopropanol[2]

Sicherheitshinweise
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
EU-Gefahrstoffkennzeichnung

unbekannt
R- und S-Sätze R: ?
S: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Boceprevir ist ein virenhemmend (virostatisch) wirksamer Arzneistoff und der erste als solcher genutzte Vertreter der neuen Substanzklasse der HCV-Proteaseinhibitoren („first in class drug“).

Als Victrelis®(Pharmazeutischer Unternehmer: MSD Sharp & Dohme) wurde Boceprevir im Mai 2011 in den USA und im Juli 2011 in der EU für die Behandlung der chronischen Hepatitis C-Virusinfektion, ausschließlich in Kombination mit den beiden Wirkstoffen Peginterferon alfa und Ribavirin, bei Erwachsenen zugelassen.

Boceprevir ist oral wirksam.

Inhaltsverzeichnis

Wirkungsmechanismus

Boceprevir hemmt die virale NS3-Protease des Hepatitis-C-Virus (HCV) vom Genotyp 1, indem es kovalent, aber reversibel an die Seringruppe (Ser139) im aktiven Zentrum der Protease bindet. Die Bildung der viralen Proteine durch Zerlegung des primär gebildeten viralen Polyproteins wird dadurch an der Stelle der Abspaltung des Nicht-Strukturproteins 3 (NS3) unterbunden und die Virusvermehrung in HCV-infizierten Wirtszellen wird blockiert.

Die Kombination mit den beiden Standardarzneistoffen Peginterferon-alfa und Ribavirin soll eine Resistenzbildung verhindern.

Anwendungsgebiete

Boceprevir ist in Kombination mit Peginterferon-alfa und Ribavirin angezeigt zur Behandlung einer Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus vom Genotyp 1 bei erwachsene Patienten mit kompensierter Lebererkrankung, die entweder noch keine Behandlung erhalten haben, auf eine Behandlung nicht angesprochen oder aber einen Rückfall erlitten haben. Von einer kompensierten Lebererkrankung spricht man, wenn die Leber zwar geschädigt ist, aber noch eine normale Funktion aufweist.

Die Wirksamkeit von Victrelis wurde in zwei placebokontrollierten Phase-III-Studien gezeigt, an denen 1099 unbehandelte (SPRINT-2 Studie) sowie 404 vorab erfolglos behandelte Patienten (RESPOND-2 Studie) mit chronischer Infektion mit Hepatitis C vom Genotyp 1 und kompensierter Lebererkrankung teilnahmen. Alle Patienten erhielten außerdem Peginterferon alfa und Ribavirin. Der Hauptindikator für die Wirksamkeit war die Zahl an Patienten, bei denen 24 Wochen nach dem Ende der Behandlung kein Virus im Blut mehr nachweisbar war (sustained virologic response, SVR) und die daher als geheilt galten.

In beiden Studien führte die zusätzliche Gabe von Boceprevir über 44 Wochen zusätzlich zur aktuellen Standardtherapie mit Peginterferon alfa und Ribavirin zu einem signifikant höheren dauerhaften virologischen Ansprechen (66 % bei erstmals behandelten Patienten, 67 % bei erfolglos vorbehandelten Patienten) im Vergleich zur alleinigen Anwendung der Standardtherapie (38 % bei erstmals behandelten Patienten, 21 % bei erfolglos vorbehandelten Patienten).

Anwendungsbeschränkungen und Nebenwirkungen

Die Kombination Boceprevir/Peginterferon alfa/Ribavirin ist kontraindiziert bei Patienten mit entsprechender Überempfindlichkeit gegen einen der Wirkstoffe, bei Patienten mit Autoimmunhepatitis und in der Schwangerschaft. Da Boceprevir einen starken Hemmstoff für die CYP3A4/A5 darstellt, ist seine Anwendung bei gleichzeitiger Anwendung von Arzneistoffen, deren Clearance in hohem Maße vom gleichen Enzymsystem abhängt und bei denen erhöhte Plasmakonzentrationen schwerwiegende bzw. lebensbedrohliche Folgen haben können, ebenfalls kontraindiziert.

Es können zahlreiche Nebenwirkungen unter der Kombinationstherapie Boceprevir/Peginterferon alfa/Ribavirin auftreten, unter denen Erschöpfung, Anämie, Übelkeit, Kopfschmerz und Störungen der Geschmackempfindung (Dysgeusie) am häufigsten beobachtet wurden.

Chemische Charakterisierung

Die synthetisch hergestellte Substanz Boceprevir hat fünf chirale Zentren, von denen vier eine fixe Konfiguration einnehmen. Bei der dreistufigen Synthese entsteht der Arzneistoff als Gemisch zweier diastereomerer Formen im Verhältnis von etwa 1:1.

Boceprevir ist ein amorphes und durch Wasser schlecht benetzbares Pulver, das sich zudem schlecht in Wasser löst. Da Boceprevir keine ionischen Formen bildet, ist seine Löslichkeit pH-unabhängig. Boceprevir ist gut löslich in Methanol, Ethanol und Isopropanol.

Quellen

Einzelnachweise

  1. Assessment report, Victrelis, Ausschuss für Humanarzneimittel, 3. August 2011.
  2. Amerikanische Fachinformation zu Victrelis, Mai 2005. (englisch)
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