Theodor Borrer

Theodor Borrer

Theodor Borrer (* 23. Oktober 1894 in Röschenz; † 22. März 1914 in Basel) war ein Schweizer Pionier der Luftfahrt. Vom August 1913 bis zu seinem tödlichen Absturz im März 1914 führte Borrer zahlreiche Flüge durch, die in der Bevölkerung grosses Aufsehen erregten.

Leben

Theodor Borrer Ende 1913 oder Anfang 1914

Borrer wurde als zweites von acht Kindern des aus Grindel stammenden Ehepaares Theodor und Juliana Borrer-Scherrer in Röschenz geboren. 1896 zog die Familie nach Delémont um, wo Theodor Borrer den grössten Teil seiner Schulzeit verbrachte. 1910 übernahmen Borrers Eltern das Restaurant «Zum Schlachthaus» in Solothurn, so dass Theodor junior sein letztes Schuljahr in der Kantonshauptstadt absolvierte. Nach einem Aufsatz von Paul Ludwig Feser im Sankt-Ursen-Kalender 1964 war der junge Borrer «für alles Technische leidenschaftlich interessiert»[1] und begann daher eine Lehre als Elektroinstallateur, wechselte aber bald zum neuen Beruf des Automobilchauffeurs und wurde Taxifahrer. Feser schreibt dies Borrers «Motorenfimmel» zu.[1] 1913 liess er sich von einer französischen Familie in Genf als Privatchauffeur anstellen und gelangte mit ihr nach Paris. Er besuchte daraufhin eine Flugschule in Mourmelon-le-Grand bei Reims und erhielt am 30. Juni 1913 als 39. Schweizer und erster Solothurner[1] des internationale Flugbrevet.[2] Mit seinem «Hanriot-Ponnier»-Eindecker flog er am 3. August zusammen mit seinem Fluglehrer Edmond Labarre 600 Kilometer von Reims über Belfort, Porrentruy, St. Ursanne und Delémont nach Solothurn, die ersten 350 Kilometer am Stück und bei schlechtem Wetter.[3] Als er am 13. August 1913 mit einem Passagier von Solothurn nach Bern flog, lockte dies in Bern sechstausend Zuschauer an; vierhundert Füsiliere waren mit der Aufgabe betraut, den Landeplatz Borrers von der Menschenmasse frei zu halten.[2] Borrer wurde im Bundeshaus von den Bundesräten Ludwig Forrer und Arthur Hoffmann beglückwünscht.[3] Bereits am 17. August folgten aufsehenerregende Rundflüge, wobei Borrer unter anderem auf den Weissenstein flog und sicher landete. Für die Landung selbst soll allerdings Labarre die Steuerung des Flugzeugs übernommen haben.[4] Anlässlich dieses Tages wurden zu Borrers Ehren zwei Flugmarken herausgegeben.[4]

Vom 7. bis zum 11. September 1913 nahm der neunzehnjährige Borrer, der die Rekrutenschule noch nicht absolviert hatte, an einem Manöver der 2. Division bei Saint-Blaise teil. Zu den weiteren Teilnehmern des Manövers gehörten die Flugpioniere Oskar Bider und Theodor Real.[3] Am 28. September nahm Borrer an einem Flugtag in Laufen teil.[5] Im Anschluss daran führte er zusammen mit einem Passagier einen Postflug nach Solothurn durch, den er nach einer Panne mit einer Notlandung im Rohrbachgraben zwischen Seehof und Welschenrohr abbrechen musste.[6][7] Ursprünglich war als Pilot für diesen Flugtag Oskar Bider vorgesehen, der jedoch nicht teilnehmen konnte, da er sich beim Manöver der 2. Division eine Kopfverletzung zugezogen hatte.[4] Zwar soll laut dem vom Aero-Club der Schweiz herausgegebenen Werk Schweizer Luftfahrt (1941/42) Bider Borrer als Passagier begleitet haben,[3] dies steht jedoch im Widerspruch zu späterer Literatur, nach der Bider sich zu diesem Zeitpunkt immer noch im Spital befand.[4] Das Flugzeug wurde bei der Notlandung nur leicht beschädigt, Borrer und sein Begleiter blieben unverletzt.[3] Jedoch musste Borrer ein neues Flugzeug erwerben, wiederum einen «Hanriot-Ponnier», mit einem stärkeren 100-PS-Gnôme-Motor. Die 30'000 Schweizer Franken dafür konnte er mit Hilfe von Freunden und Familie aufbringen.[6]

Am 8. Dezember 1913 gelang Borrer der erste Flug von Dübendorf nach Avenches und zurück, wofür der Aero-Club der Schweiz ein Preisgeld von 5000 Schweizer Franken ausgesetzt hatte.[8]

Am 22. März 1914 nahm Borrer nach über 300 erfolgreichen Flügen an einem internationalen Flugmeeting in Basel teil. An diesem Anlass trat auch der Franzose Jean Montmain (1888–1915) auf, dessen wagemutige Sturzflüge die Aufmerksamkeit des Publikums stärker zu fesseln vermochten als Borrers Passagier- und Einzelflüge. Borrers schwerere Maschine war für Flugakrobatik nicht geeignet. Durch die mangelnde Beachtung des Publikums fühlte er sich aber angestachelt, es Montmain gleichzutun, und begann trotz Warnungen Montmains ebenfalls mit Sturzflügen. Beim zweiten Sturzflug Borrers setzte der Motor aus, die Flügel knickten zusammen und die Maschine stürzte aus 300 Metern Höhe ab. Borrer war sofort tot.[9] In Schweizer Luftfahrt (1941/42) heisst es von Borrer: «Der junge Flieger, eine der grössten Hoffnungen des Landes, fiel als das erste Opfer der Sensationsgierigkeit der Massen».[10] Ein 1968 errichtetes Fliegerdenkmal in Solothurn erinnert an Borrer und weitere solothurnische Flugpioniere.[11]

Literatur

  • Paul Ludwig Feser: Theodor Borrer, der solothurnische Flugpionier. In: Sankt-Ursen-Kalender. 111, 1964, S. 62–69.
  • Albin Fringeli: Theodor Borrer aus Grindel. Ein Schwarzbube erster Solothurner Flieger. In: Dr Schwarzbueb. Solothurner Jahr- und Heimatbuch. 42, 1964, S. 98–99.

Einzelnachweise

  1. a b c Paul Ludwig Feser: Theodor Borrer, der solothurnische Flugpionier. In: Sankt-Ursen-Kalender. 111, 1964, S. 63.
  2. a b Guido Brunner et al.: Menschen aus dem Thierstein. Kultur am Kreisel, [Breitenbach SO] 2010, S. 14 f.
  3. a b c d e Erich Tilgenkamp et al.; Aero-Club der Schweiz (Hrsg.): Schweizer Luftfahrt. Band 2, Aero-Verlag, Zürich 1941/42, S. 224.
  4. a b c d George Struble: Origins of the Swiss Flieger-Abteilung: Part I. In: Tell. Vol. 25, Nr. 3, American Helvetia Philatelic Society, [Dallas] 1999, ISSN 1042-2072, S. 11 (PDF; 4.28 MB).
  5. Schweizer Luftfahrt schreibt Laupen statt Laufen, aus dem Augenzeugenbericht von Albin Fringeli in Dr Schwarzbueb geht aber eindeutig hervor, dass Laufen korrekt ist.
  6. a b Paul Ludwig Feser: Theodor Borrer, der solothurnische Flugpionier. In: Sankt-Ursen-Kalender. 111, 1964, S. 67.
  7. Albin Fringeli: Theodor Borrer aus Grindel. Ein Schwarzbube erster Solothurner Flieger. In: Dr Schwarzbueb. Solothurner Jahr- und Heimatbuch. 42, 1964, S. 98–99.
  8. Paul Ludwig Feser: Theodor Borrer, der solothurnische Flugpionier. In: Sankt-Ursen-Kalender. 111, 1964, S. 68.
  9. Erich Tilgenkamp et al.; Aero-Club der Schweiz (Hrsg.): Schweizer Luftfahrt. Band 2, Aero-Verlag, Zürich 1941/42, S. 210 f.
  10. Erich Tilgenkamp et al.; Aero-Club der Schweiz (Hrsg.): Schweizer Luftfahrt. Band 2, Aero-Verlag, Zürich 1941/42, S. 211.
  11. Solothurner Fliegerdenkmal eingeweiht. In: Solothurner Zeitung. Nr. 269, 18. November 1968 («Nicht nur allein das Andenken Theodor Borrers, unseres Piloten Nr. 1, sondern auch das der übrigen mutigen Solothurner Aviatiker aus den Frühzeiten der Luftfahrt solle damit geehrt werden»).

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