Bremerhaven (1906)

Bremerhaven (1906)

Die Bremerhaven war ein deutscher Fischdampfer, der am 14. März 1906 in der Nordsee beim Bergen des Wracks der norwegischen Bark Tamelane einen Seeunfall erlitt.

Inhaltsverzeichnis

Technische Daten

Technische Daten sind nicht bekannt. Die Bremerhaven, Heimathafen Bremen, besaß das Unterscheidungssignal QFRT.

Unfallhergang

Am 14. März 1906, 08.00h, sichtete die Bremerhaven, die sich auf der Rückkehr von einer Fangreise befand, in der Nordsee gut 35 Seemeilen NNW1/2W vom Feuerschiff Weser eine treibende Bark, die den Eindruck eines verlassenen und hilflosen Schiffs machte. Es herrschte Nordnordwestwind in Windstärke 2 bis 3.

Die Bremerhaven erreichte die Bark gg. 09.30h noch vor zwei anderen Schiffen, die auf die Bark zuhielten. Kapitän Löschen beauftragte den Steuermann Johann Kramer aus Idafehn, zusammen mit dem Koch und zwei Matrosen, die Bark zu untersuchen und eine Schleppverbindung herzustellen, um das Schiff zu bergen.

Das Bergungskommando setzte in einem Ruderboot über und machte dies Heck der Bark fest. Es stellte sich heraus, dass es sich um die Tamelane aus Fredrickstad (Norwegen) handelte, die auf einer Ladung Eis schwamm, halb voll Wasser war und leckte. Die Besatzung hatte das Schiff verlassen.

Kramer fand bei der Durchsuchung eine Flasche Rum oder Kognak und trank diese in kürzester Zeit aus. Dadurch war er nicht in der Lage, die Bergungsarbeiten zu beaufsichtigen; der Koch und die beiden Matrosen verstanden nichts von der Bedienung eines Segelschiffs und waren daher nicht in der Lage, die notwendigen Segelmanöver auszuführen. Es gelang ihnen jedoch, eine provisorische Schleppverbindung zur Bremerhaven herzustellen, während sich Kramer in das am Heck der Tamelane befestigte Boot legte und schlief, obwohl das Boot durch das Schlagen gegen den Rumpf der Bark inzwischen leck geworden war.

Als die drei Besatzungsmitglieder der Bremerhaven den Steuermann vermissten, suchten und fanden sie ihn in dem inzwischen stark beschädigten Boot und retteten ihn. Das beschädigte Boot konnte noch an Bord des Fischdampfers gehievt werden.

Inzwischen war Kapitän Löschen gezwungen gewesen, die Schleppverbindung zur Bark zu kappen, da die noch stehenden Segel das Wrack zwischenzeitlich anluvten und in gefährliche Nähe zum schleppenden Fischdampfer brachten. Löschen sah sich gezwungen, die Rückkehr der Bergungsmannschaft anzuordnen, da es Abend wurde und ein weiterer Aufenthalt der Crew an Bord des Wracks zu gefährlich schien.

Die Crew wurde dann mit einem Rettungsring und einer Bojenleine von dem Wrack abgeborgen, wobei sich Kramer völlig unfähig zeigte, sich an den Rettungsarbeiten zu beteiligen.

Spruch des Seeamts bzw. Oberseeamts

Das Seeamt Bremerhaven kam in seinem Spruch vom 10. Mai 1906 zu dem Ergebnis: „Der ganze Vorfall bietet ein sehr betrübendes Bild völliger Unfähigkeit und Pflichtvergessenheit eines Schiffsoffiziers, wie man es, zur Ehre der deutschen Seemänner, selten erlebt. Der Steuermann hat, ganz abgesehen davon, daß er für die Rettung eines fremden, noch seefähigen Schiffes und für die Sicherung guten Verdienstes für seine Reederei und sein Schiff keinerlei Interesse gezeigt hat, jede Rücksicht auf die ihm anvertrauten Mannschaften völlig außer acht gelassen, die Leute schließlich im Stich gelassen und dadurch in eine sehr gefährliche Lage gebracht.“ (Spruch Seeamt Bremerhaven, S. 4.)

Das Seeamt entzog daher Kramer sein 1905 ausgestelltes Befähigungszeugnis zum Führen von Fahrzeugen in der mittleren Hochseefischerei. Das Amt wollte offensichtlich ein Exempel statuieren, da es vermutete, dass auch die beiden Schiffe Elisabeth und Aphrodite, deren Fälle kurz vorher verhandelt worden waren, auf den Alkoholkonsum der Schiffsführung zurückzuführen war: „Ob dieser Grund auch bei manchen, mit der gesamten Besatzung verschollenen Schiffen zutrifft, muß eine offene Frage bleiben.“

Diese Entscheidung wurde im Spruch des kaiserlichen Ober-Seeamts in Berlin in der Verhandlung vom 16. November 1906 revidiert und Kramer sein Zeugnis belassen, da seiner eigenen Ausführung gefolgt wurde, den Alkohol nur zur Erwärmung getrunken zu haben. Gegen Kramer lagen keine weiteren Beschwerden vor; auch mochte das Ober-Seeamt in dem Unfall keinen Seeunfall sehen, da der Schleppzug nach seiner Auffassung noch nicht hergestellt worden war.

Der Unfall im Kontext treibender Wracks

Das Wrack der Tamelane sank einige Tage später bei dem Abschleppversuch eines anderen Fischdampfers.

Zu Recht hatte das Seeamt die Tamelane als Schifffahrtshindernis bezeichnet. Ihr Fall war auch noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts durchaus keine Ausnahme. Segelschiffe wurden im Seenotfall häufig von ihrer Besatzung verlassen, trieben dann aber, meist auf einer Holzladung, oftmals noch jahrelang auf See und stellten für andere Segelschiffe und kleine Dampfer vor allem nachts eine außerordentliche Gefahr dar.

Siehe auch

Literatur

  • Kapitel: Fischdampfer „Bremerhaven“ von Bremen. Bootsbeschädigung usw. Seeamt Bremerhaven, 10. Mai 1906. Ober-Seeamt, 16. November 1906, in: Reichsamt des Innern (Hg.): Entscheidungen des Ober-Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reiches, Bd. 18, Hamburg 1910, S. 1-10.
  • Otto Krümmel: Flaschenposten, treibende Wracks und andere Triftkörper in ihrer Bedeutung für die Enthüllung der Meereströmungen, Berlin 1908.

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