Die große Orgie

Die große Orgie
Filmdaten
Deutscher Titel Die große Orgie
Originaltitel Vizi privati, pubbliche virtù
Produktionsland Italien, Jugoslawien
Originalsprache Italienisch
Erscheinungsjahr 1976
Länge 104 Minuten
Altersfreigabe FSK 18
Stab
Regie Miklós Jancsó
Drehbuch Giovanna Gagliardo
Produktion Giancarlo Marchetti
Monica Venturini
Musik Francesco De Masi
Kamera Tomislav Pinter
Schnitt Roberto Perpignani
Besetzung
  • Lajos Balázsovits: Kronprinz Rudolf
  • Pamela Villoresi: Sofia
  • Teresa Ann Syvoy: Mary
  • Laura Betti: Therese
  • Franco Branciaroli: Duke
  • Ivica Pajer: General
  • Zvonimir Crnko
  • Demeter Bitenc
  • Susanna Javicoli
  • Ilona Staller: eine Orgienteilnehmerin

Der Spielfilm Die große Orgie (1976) des ungarischen Regisseurs Miklós Jancsó entstand als italienisch-jugoslawische Koproduktion mit gemischter Besetzung und Stab in Jugoslawien. Auf Deutsch bedeutet der Originaltitel Vizi privati, pubbliche virtù so viel wie „Private Laster, öffentliche Tugend“. Stilistisch ist der Film konventioneller als Jancsós Hauptwerke. Das zeigt sich unter anderem beim Schnitt, denn die mehrere Minuten langen Einstellungen, für die Jancsó bekannt geworden war, kommen nicht vor.[1] In den Hintergrund gedrängt ist auch die politische Dimension des Stoffes.[2] Die Handlung ist eine sehr freie Interpretation der ungeklärten Affäre Mayerling von 1889, in der Kronprinz Rudolf von Österreich-Ungarn und seine Geliebte Mary von Vetsera den Tod fanden.

Der katholische film-dienst ging von der Absicht Jancsós aus, den Frühkapitalismus kritisch zu beleuchten: „Als Zuschauer hat man freilich beträchtliche Mühe, den zeitkritischen Kern der degoutanten Angelegenheit zu Tage zu fördern; denn mit der gleichen Ausführlichkeit, mit der er einst das Ritual des Ausgeliefertseins inszenierte, verweilt Jansed nun in unangemessen pittoresken Einstellungen auf den schier endlosen faunischen Tänzen nackter Männlein und Weiblein.“ Der Film sei aber in Schutz zu nehmen vor der dreisten Synchronisation des deutschen Verleihs, der ihm Dialoge wie in einem billigen Sexfilm verpasst habe.[3] In seinem Buch zur Filmgeschichte Ungarns meinte Burns (1996): „Der Publikumserfolg dieses Films hängt zweifellos mit seiner ausführlichen, lustvollen und vielfältigen Darstellung sexueller Vergnügen zusammen. Und das zurecht, denn der Film ist ein Lobgesang auf sinnliche Wonnen, in prächtigen Farben und warmen Tönen fotografiert, mit einer frischen Spontaneität beschworen, die im Kino nur selten Ihresgleichen findet.“[2] In einem ähnlichen Werk stellte Jeancolas (1989) fest, dass die Nacktheit entgegen Jancsós früheren Werken keine allegorische Bedeutung mehr habe, sie sei „absichtsvoll erotisch, an der Grenze zum Softporno“.[1] Malcolm sprach in einem Beitrag über Jancsó (2003) von „einer Art bitteren Erotika“.[4]

Handlung

Der österreichisch-ungarische Thronfolger, der junge Kronprinz Rudolf, führt in einer abgelegenen, sonnigen Villa ein frivoles Leben. Er liebt unstandesgemäß die bürgerliche Sofia, räkelt sich nackt im Garten, wälzt sich mit der älteren Bediensteten Therese in Heuhaufen und umgibt sich mit einem bizarren Gefolge. Sein Vater, der Kaiser, hat soeben viele seiner gleichgesinnten Mitstreiter festnehmen lassen. Den Sohn hat er verschont, um einen Skandal zu vermeiden. Rudolf heckt einen Plan aus, um seinen Vater vom Thron zu stürzen.

Er lädt die Töchter und Söhne der einflussreichsten Familien des Kaiserreichs in die Villa zu einem Fest. Er gibt den Gästen reichlich Champagner zu trinken, der mit einem enthemmenden Pulver versetzt ist. Während im Garten eine ungarische Volksmusikgruppe aufspielt, tanzen die jungen Leute bis zum Umfallen und entledigen sich dabei weitgehend ihrer Kleidung. Die Orgie findet des Nachts im Innern der Villa ihre Fortsetzung. Rudolf lässt die Szenerien fotografieren und versucht mit dem Material seinen Vater zu erpressen. Die Antwort des Kaisers ist abschlägig; er schickt ein ihm ergebenes Kommando zur Villa, das den Sohn und seine Geliebte erschießt. Sie konstruieren als offizielle Erklärung des Vorfalls, Rudolf habe aus amourösen Motiven erst Sofia, dann sich selbst umgebracht.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Jean-Pierre Jeancolas: Cinéma hongrois 1963–1988. Editions du Centre national de la recherche scientifique, Paris 1989, ISBN 2-222-04301-8, 107
  2. a b Bryan Burns: World cinema: Hungary. Flick Books, Wiltshire 1996, ISBN 0-948911-71-9, S. 66
  3. film-dienst Nr. 18/1977: Die große Orgie. Gezeichnet von „BHR.“
  4. Derek Malcolm: Silent witness. In: The Guardian, 14. August 2003

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