Rudolf von Österreich-Ungarn

Rudolf von Österreich-Ungarn
Kronprinz Rudolf (um 1880)

Rudolf, Kronprinz von Österreich-Ungarn (vollständiger Vorname: Rudolf Franz Karl Joseph) (* 21. August 1858 auf Schloss Laxenburg; † 30. Jänner 1889 auf Schloss Mayerling) war der einzige Sohn von Kaiser Franz Joseph I. von Österreich und Kaiserin Elisabeth. Er war Erzherzog-Thronfolger von Österreich-Ungarn.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und Jugend

Kronprinz Rudolf als Kind

Der junge Kronprinz war sehr sensibel und sollte auf Wunsch des Vaters eine harte militärische Ausbildung erhalten. Der Sohn sollte ein guter Soldat, begeisterter Jäger und braver Katholik werden. Generalmajor Leopold Graf Gondrecourt wurde als Erzieher bestimmt. Der Haudegen ließ das Kind stundenlang in Regen und Kälte exerzieren, weckte ihn auch gelegentlich mit Pistolenschüssen und ließ ihn in den Wäldern des Lainzer Tiergartens plötzlich alleine, das Kind in Panik versetzend. Erst auf Druck seiner Mutter wurde diese Art der Ausbildung beendet und es wurden seine naturwissenschaftlichen Neigungen gefördert, da sie Joseph Graf Latour von Thurmburg zu seinem Erzieher bestimmte. So kam beispielsweise der deutsche Tierforscher Alfred Brehm an den Hof, um ihn zu unterrichten. Rudolf war ein wissbegieriges und lerneifriges Kind und von schneller Auffassungsgabe, hatte aber wenig Interesse an Lesen, Schreiben und Fremdsprachen.[1]

Späteres Leben

Baronesse Maria von Vetsera
Kronprinz Rudolf und Kronprinzessin Stefanie
Das Schloss Mayerling, Sterbeort von Rudolf und Maria Vetsera

Er unternahm zahlreiche Reisen, zunächst in Europa, später auch auf anderen Kontinenten, über die er mehrfach Berichte sowohl unter seinem Namen, als auch anonym verfasste. Darüber regte er eine Enzyklopädie Österreich-Ungarns, das so genannte Kronprinzenwerk, an und schrieb darin selbst mit. Außerdem war Kronprinz Rudolf ein angesehener Ornithologe. Er stand häufig mit seinem Vater in Konflikt, da er mit den Deutschliberalen und den Ungarn sympathisierte.

Auf Druck des Kaisers musste er 1881 Prinzessin Stephanie, Tochter des belgischen Königs Leopold II. heiraten. Sie war gleichzeitig auch Rudolfs Tante zweiten Grades, da ihre Mutter Marie Henriette aus einer Nebenlinie der Habsburger stammte. Mit seiner Frau war er einige Zeit in Prag, wo es wiederholt zu Auseinandersetzungen kam. Anlässlich der Geburt ihrer Tochter, Erzherzogin Elisabeth Marie, kehrte er nach Wien zurück.

Rudolf litt unter starken Stimmungsschwankungen. Vermutlich nahm er sich in der Nacht vom 29. auf den 30. Jänner 1889 in Schloss Mayerling durch einen Schuss in den Kopf das Leben. Die 17-jährige Baronesse Mary von Vetsera starb ebenfalls dort. Dem Bericht des Arztes zufolge war sie von Kronprinz Rudolf erschossen worden. Ob die Baronesse allerdings tatsächlich durch einen Kopfschuss starb, ist zweifelhaft. Die Wiener Hofärzte obduzierten den Leichnam des Kronprinzen und attestierten eine geistige Verwirrung, wodurch der Kronprinz mit allen kirchlichen Zeremonien beigesetzt werden konnte. Baronesse Mary wurde in das Stift Heiligenkreuz gebracht und auf dem Friedhof der Zisterzienserabtei beerdigt.

Der Verlauf der schicksalhaften Nacht ist bis heute ungeklärt, nachdem die Zeugen ihr Leben lang schwiegen oder widersprüchliche Aussagen machten. Viele Dokumente wurden vernichtet. Der Suizid des Thronfolgers erschütterte das Vertrauen in die habsburgische Monarchie. Die angebliche Tatwaffe befindet sich im Besitz Otto von Habsburgs, der sie aber, so lange er lebte, nicht herausgeben wollte. Ottos Mutter Zita und Ehefrau des letzten Kaisers, beharrte in ihren letzten Lebensjahren Historikern gegenüber darauf, dass Rudolf und seine Mary Vetsera in Mayerling nicht vom Kronprinzen selbst getötet wurden, sondern sie „politischen Meuchelmördern zum Opfer gefallen“ seien, wie die deutsche Wochenzeitschrift Der Spiegel in ihrem Kurznachruf zu Zitas Tod 1989 berichtete.[2] Dies deckt sich mit der Aussage der Historikerin Brigitte Hamann, die nach einem Interview mit der österreichischen Wochenzeitschrift profil (2005) zitiert wird mit: „Kaiserin Zita […] wollte uns weismachen, dass Rudolf von den bösen Freimaurern hinterrücks ermordet worden sei […]. Das war gezielte Vernebelungstaktik.“[3] Schon im Jahr 1983 berichtete die deutsche Wochenzeitschrift Die Zeit, dass nach Meinung Zitas, die behauptete dafür namentlich Täter anführen zu können, Rudolf „Opfer eines politisch motivierten Mordanschlags“ einer ausländischen Verschwörung gewesen, weil er sich nicht an einer Verschwörung zum Sturz von Kaiser Franz Joseph beteiligen und diese aufdecken wollte.[4] Auftraggeber sei nach Zita der französische Staatsmann Clemenceau gewesen.[5]

Rudolf setzte in seinem Testament vom 2. März 1887 seinen Vater Kaiser Franz Joseph zur Exekution seines Testaments ein. Darüber hinaus bat er ihn die Vormundschaft für die Tochter Elisabeth Marie (1883–1963) zu übernehmen, die er gleichzeitig zu seiner Universalerbin machte.[6] Sie war später mit Otto zu Windisch-Graetz (1873–1952) verheiratet. Nach ihrer Scheidung von diesem heiratete sie den Sozialisten Leopold Petznek.[7]

Filme und Musicals

Der Sarg Rudolfs (rechts), neben seinen Eltern in der Kaisergruft in Wien

Die Geschehnisse um Schloss Mayerling waren beliebtes Thema in Filmen:

Von den Vereinigten Bühnen Wien wurde ein Musical über die Lebensgeschichte des Kronprinzen in Auftrag gegeben. Es wurde in Budapest im Mai 2006 unter dem Titel Rudolf - the last kiss (in ungarischer Sprache) uraufgeführt. Die deutsche Erstaufführung fand unter dem Titel Rudolf – Affaire Mayerling im Februar 2009 im Wiener Raimundtheater statt.

Stammbaum

Stammbaum Rudolf von Österreich-Ungarn
Ururgroßeltern

Kaiser
Leopold II. (HRR) (1747–1792)
∞ 1765
Maria Ludovica von Spanien (1745–1792)

König
Ferdinand IV. (Neapel) (1751–1825)
∞ 1768
Maria Karolina von Österreich (1752–1814)

Pfalzgraf
Friedrich Michael von Pfalz- Birkenfeld (1724–1767)
∞ 1746
Maria Franziska Dorothea von Pfalz- Sulzbach (1724–1794)

Erbprinz
Karl Ludwig von Baden (1755–1801)
∞ 1774
Amalie von Hessen- Darmstadt (1754–1832)

Herzog
Wilhelm in Bayern (1752–1837)
∞ 1780
Maria Anna von Zweibrücken- Birkenfeld (1753–1824)

Herzog
Ludwig Maria von Arenberg (1757–1795)
∞ 1788
Anne de Mailly- Nesle (1766–1789)

Urgroßeltern

Kaiser
Franz II. (HRR) (1768–1835)
∞ 1790
Maria Theresa von Neapel-Sizilien (1772–1807)

König
Maximilian I. Joseph (Bayern) (1756–1825)
∞ 1797
Karoline Friederike Wilhelmine von Baden (1776–1841)

Herzog
Pius August in Bayern (1786–1837)
∞ 1807
Amalie Luise von Arenberg (1789–1823)

Großeltern

Erzherzog Franz Karl von Österreich (1802–1878)
∞ 1824
Sophie Friederike von Bayern (1805–1872)

Herzog Max Joseph in Bayern (1808–1888)
∞ 1828
Ludovika Wilhelmine von Bayern (1808–1892)

Eltern

Kaiser Franz Joseph I. (Österreich-Ungarn) (1830–1916)
∞ 1854
Elisabeth von Bayern (1837–1898)

Rudolf von Österreich-Ungarn (1858–1889)

Literatur

  • Eine Orientreise vom Jahre 1881. - Wien : Kaiserl.-Königl. Hof- u. Staatsdr., 1885 - Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  • Brigitte Hamann: Kronprinz Rudolf. Ein Leben. Amalthea, Wien 2005, ISBN 3-85002-540-3 (als Taschenbuch: Piper, München 2006, ISBN 3-492-24572-2).
  • Rudolf. Ein Leben im Schatten von Mayerling. Ausstellungskatalog, Wien 1990.
  • Brigitte Hamann: Rudolf. Majestät, ich warne Sie…, Geheime und private Schriften, Wien/München 1979.
  • Sigrid-Maria Größing: Rudolf. Herzensbrecher, Freigeist, Psychopath, Salzburg 2006.
  • Georg Markus: Kriminalfall Mayerling. Leben und Sterben der Mary Vetsera. Mit neuen Gutachten nach dem Grabraub, Wien/München 1993.
  • Oscar von Mitis: Das Leben des Kronprinzen Rudolf, Leipzig 1928.
  • Friedrich Weissensteiner (Hg.): Lieber Rudolf. Briefe von Kaiser Franz Joseph und Elisabeth an ihren Sohn, Wien 1991.
  • Sigrid-Maria Größing: Rudolf. Herzensbrecher, Freigeist, Psychopath, Salzburg 2006.
  • Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H./Bundesmobilienverwaltung (Hrsg.): „Kronprinz Rudolf – Lebensspuren.“ Info-Mappe (Beschriftungs- und Kapiteltexte) zur Ausstellung vom 21. August 2008 bis 30. Jänner 2009 im Hofmobiliendepot (PDF).

Weblinks

 Commons: Rudolf von Österreich-Ungarn – Sammlung von Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Konrad Kramar, Petra Stuiber: Die schrulligen Habsburger - Marotten und Allüren eines Kaiserhauses. Verlag Ueberreuter, Wien 1999, ISBN 3-8000-3742-4
  2. Gestorben: Zita von Habsburg. In: Der Spiegel. Nr. 12, 1989, S. 286 (online).
  3. Vgl. Elisabeth Mayr: Die Mayerling-Affäre: Dargestellt anhand der österreichischen Historiographie 1889-2006. Seminararbeit an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, „Seminar: Politische Skandale und Gewalt in Österreich-Ungarn bis zum 1. Weltkrieg", Innsbruck 2007 (veröffentlicht im Grin-Verlag) ISBN 978-3-640-30190-4, S. 21. (Eingeschränkte Ansicht in der Google Buchsuche.), Fußnote 35: „‚Er wollte sich umbringen, solange er noch konnte‘. Interview mit Brigitte Hamann in: profil Nr. 42, 36. Jg., Oktober 2005, S. 120“
  4. Knalliger Knüller. In: Die Zeit, Ausgabe 13/1983. (Online).
  5. „Kronprinz Rudolf – Lebensspuren.“ Info-Mappe (Beschriftungs- und Kapiteltexte) zur Ausstellung 2008/2009, S. 43
  6. „Kronprinz Rudolf – Lebensspuren.“ Info-Mappe (Beschriftungs- und Kapiteltexte) zur Ausstellung 2008/2009, S. 33: „Testament des Kronprinzen. Wien, 2. März 1887, Tinte auf Papier, eigenhändig. H2_006“.
  7. Gestorben: Elisabeth Maria Petznek. In: Der Spiegel. Nr. 13, 1963, S. 96 (online).

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