Ernst Timm

Ernst Timm
Ernst Timm (hinten) mit den Admiralen Wilhelm Ehm (mitte) und Gustav Hesse anlässlich einer Flottenparade zum 30. Jahrestag der DDR 1979

Ernst Timm (* 16. Oktober 1926 in Brandenburg an der Havel; † 15. Dezember 2005) war ein DDR-Politiker der DDR und als 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung ein Mitglied der SED-Nomenklatura. Ab der 7. Wahlperiode 1976 bis zum 16. November 1989 war er Abgeordneter der Volkskammer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Geboren wurde er 1926 in Brandenburg an der Havel in einer Arbeiterfamilie. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte er eine Ausbildung zum Metallflugzeugbauer in dem Zweigbetrieb der Arado Flugzeugwerke in Brandenburg/Neuendorf.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die von den Luftangriffen nicht zerstörten Teile und Maschinen der Arado-Werke als Reparationsleistung in die Sowjetunion gebracht und die Firma liquidiert. Timm konnte daher nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft 1949 nicht mehr in seinem Beruf arbeiten.

Politische Karriere in der SED

Ab 1950 betätigte er sich bei der politischen Jugendarbeit in der Freien Deutschen Jugend (FDJ), der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und beim Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB). Als hauptamtlicher FDJ-Funktionär leitete er 1952 bis 1953 eine Abteilung im Zentralrat der FDJ in Berlin und war bis Anfang 1954 als 1. Sekretär im Stadtkreis Rostock tätig.

Von 1954 bis 1957 studierte er an der zentralen Parteihochschule der KPdSU „W. I. Lenin“ in Moskau und schloss dieses Studium mit einem Diplom als Gesellschaftswissenschaftler ab. Nach seiner Rückkehr aus Moskau arbeitete er von 1958 bis 1960 als Sekretär für Agitation und Propaganda bei der SED-Stadtleitung in Rostock. 1960 wechselte er als Abteilungsleiter in die SED-Bezirksleitung Rostock und war dort von 1961 bis 1966 Sekretär für Organisation und Kader und 2. Sekretär der SED-Bezirksleitung. Ab 1966 war er 1. Sekretär der SED-Stadtleitung Rostock und von 1975 bis 1989 der 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung im Bezirk Rostock[1].

Während der Versorgungskrise und der deutlich erkennbaren Probleme in der DDR, Anfang der 1980er Jahre äußerte er in einem Interview mit dem bundesdeutschen Magazin Der Spiegel:

„„Es gibt keinen Grund, an der guten und richtigen Politik der Partei zu zweifeln, wenn wir zum sparsamen Umgang mit allem, was uns zur Verfügung steht, aufrufen, auch wenn wir bestimmte Sortimentsumstellungen auch bei Waren des täglichen Bedarfs vornehmen müssen und nicht immer zu jeder Zeit jeden Wunsch in Versorgungsfragen erfüllen können.““

Ernst Timm in DER SPIEGEL 44/1982

Im Juni 1989 erlangte er Aufmerksamkeit, als er als Abgeordneter der Volkskammer die Billigung der SED-Führung für das militärische Vorgehen am 3. und 4. Juni 1989 der chinesischen Volksbefreiungsarmee gegen die Protestanten auf dem Platz des himmlischen Friedens bekräftigte und die protestierenden Studenten als „verfassungsfeindliche Elemente“ bezeichnete.[2][3]

„„Die Abgeordneten der Volkskammer stellen fest, dass in der gegenwärtigen Lage die von der Partei- und Staatsführung der Volksrepublik China beharrlich angestrebte politische Lösung innerer Probleme infolge der gewaltsamen, blutigen Ausschreitungen verfassungsfeindlicher Elemente verhindert worden ist. Infolge dessen sah sich die Volksmacht gezwungen, Ordnung und Sicherheit unter Einsatz bewaffneter Kräfte wieder herzustellen. Dabei sind bedauerlicherweise zahlreiche Verletzte und auch Tote zu beklagen.““

Ernst Timm, am 8. Juni 1989 in seiner Abgeordnetenrede in der Volkskammer

Bei einer der zahlreichen Versammlungen im Herbst 1989 wurde ihm die Frage gestellt, was eigentlich die Diktatur des Proletariats sei. Seine Antwort; er müsse da erst mal bei Lenin nachschlagen erregte ein schallendes Gelächter und offenbarte den Zustand der SED-Nomenklatura im Herbst 1989 in der DDR.[4]

Nachwendezeit

Nach der politischen Wende in der DDR wurde er aller seiner Ämter enthoben und aus der SED-PDS ausgeschlossen. Nachdem er bereits im August 1990 wegen Amtsmissbrauchs und Korruption angeklagt war, wurde er am 16. Februar 1993 vom Landgericht Rostock wegen Vertrauensmissbrauch zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt, da er aus einem Fond für Volksvertreter 80.000 DDR-Mark für den Ausbau seines Hauses entnahm. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt[5][6].

Literatur

  • Nikolaus Werz, Hans Jörg Hennecke: Parteien und Politik in Mecklenburg-Vorpommern. Verlag Olzog, München 2000, ISBN 3-7892-8047-X.
  • Lena Gürtler: Vergangenheit im Spiegel der Justiz. Eine exemplarische Dokumentation der strafrechtlichen Aufarbeitung von DDR-Unrecht in Mecklenburg-Vorpommern. Ed. Temmen, Bremen 2010, ISBN 978-3-86108-979-7.
  • Christian Jung: Geschichte der Verlierer, Historische Selbstreflexion von hochrangigen Mitgliedern der SED nach 1989. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-8253-5308-7.

Einzelnachweise

  1. SED- und FDGB-Archivgut, Bezirksleitung Rostock der SED (1952 - 1990).
  2. Niederschlagung der Protestbewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking 1989 - Die DDR solidarisiert sich mit der VR China. im Deutschen Rundfunkarchiv.
  3. Erst kam Gorbatschow, dann rollten die Panzer. In: Hamburger Abendblatt. 2. Juni 2009, abgerufen am 24. Oktober 2010
  4. Alexander Cammann: Die Helden der Provinz: Zwanzig Jahre nach dem Herbst 1989 erzählen deutsche Historiker von der Epochenwende. In: Die Zeit. 41/2009.
  5. Monika Zimmermann: Was macht eigentlich--?: 100 DDR-Prominente heute. Ch. Links Verlag, 1994, ISBN 3-86153-064-3, S. 271-275ff.
  6. Klaus Marxen, Gerhard Werle: Strafjustiz und DDR-unrecht: Amtsmissbrauch und Korruption. Verlag deGruyter, 2002, ISBN 3-11-017440-5, S. 191-194ff.

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