- Abgeleiteter Funktor
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Im mathematischen Teilgebiet der Kategorientheorie ist ein abgeleiteter Funktor (auch: derivierter Funktor) eines links- oder rechtsexakten Funktors ein Maß dafür, wie weit dieser von der Exaktheit abweicht. Die Bezeichnung rührt daher, dass analog dazu die Ableitungen einer Funktion messen, wie sehr diese von einer konstanten Funktion abweicht.
Für den Rest dieses Artikels seien C und D abelsche Kategorien und ein kovarianter linksexakter Funktor. Im Falle eines kontravarianten und/oder rechtsexakten Funktors gilt das Entsprechende, wobei ggf. Pfeile umzudrehen und injektive durch projektive Objekte zu ersetzen sind.
Inhaltsverzeichnis
Motivation
Ist
exakt, so ist zwar die entsprechende Sequenz
exakt, allgemein jedoch nicht die Fortsetzung durch .
Prinzipiell könnte man zwar die Sequenz – so ist der Kokern schließlich definiert – durch exakt fortsetzen, aber diese Fortsetzung hinge dann vom Homomorphismus ab. Man hätte gern eine Abhängigkeit lediglich von den Objekten.
Dass bereits eines der beteiligten Objekte die Abweichung von der Exaktheit stark einschränken kann, sieht man beispielsweise in dem Fall, dass A' ein injektives Objekt ist. Dann ergibt sich nämlich, dass die Ursprungssequenz spaltet und A isomorph zu ist. Dies überträgt sich auf die Bildsequenz, die in diesem Falle also ebenfalls eine kurze exakte Sequenz ist.
Insofern liegt die Vermutung nahe, dass man (zumindest unter geeigneten zusätzlichen Voraussetzungen) allgemein eine exakte Sequenz
finden kann, wobei das Objekt R1F(A') funktoriell von A' abhängt. Außerdem sollte R1F(A') unter allen Kandidaten ein möglichst „einfaches“ Objekt sein; so sollte etwa R1F(A') = 0 gelten, wenn A' injektiv ist.
Definition
Eine Folge G * von Funktoren für alle heiße δ-Funktor, wenn es zu jeder kurzen exakten Folge
natürliche Homomorphismen gibt, so dass die lange Folge
exakt ist. Genau genommen sollte man sogar die δn mit zu den Daten eines δ-Funktors zählen, wodurch sich insgesamt ein Funktor von der Kategorie kurzer exakter Sequenzen in die Kategorie langer exakter Sequenzen ergibt.
Sei R * F universell unter den δ-Funktoren G * mit natürlicher Transformation , d. h. es gebe eine natürliche Transformation und zu jedem G * , das seinerseits eine natürliche Transformation besitzt, eindeutig bestimmte natürliche Transformationen für alle n, so dass die entsprechenden langen exakten Folgen kompatibel sind. Dann heißt RnF der n-te (rechts-)abgeleitete Funktor von F.
Existenz und Berechnung
Es gilt: Besitzt C genügend viele injektive Objekte, so existieren die abgeleiteten Funktoren RnF.
Hierbei bedeutet genügend viele injektive Objekte, dass es zu jedem Objekt ein injektives Objekt IA und einen Monomorphismus gibt. Es sei zu jedem A ein solches IA fest gewählt und es gelte der Einfachheit halber IA = A, falls A bereits injektiv ist.
Dann können wir R0: = F setzen sowie (vgl. oben) RnF(I): = 0 für n > 0 und injektive I und erhalten dann aus der kurzen exakten Sequenz
die zu bildende lange exakte Sequenz
- ,
welche
sowie
nahelegt.
Um alle RnF zu Funktoren zu machen, muss man noch die Wirkung auf Homomorphismen untersuchen, wobei es genügt, R1F zu betrachten. Ist ein Homomorphismus, so lässt sich dieser (in nicht eindeutiger Weise!) fortsetzen, so dass man ein kommutatives Diagramm
erhält, welches ein Diagramm
induziert. Dass hierbei wenigstens der rechte senkrechte Pfeil eindeutig ist (und somit R1F in der Tat einen Funktor definiert), weist man durch Diagrammjagd nach. Denn falls f der Nullhomomorphismus ist, faktorisiert über , d. h. man kann das ursprüngliche Diagramm um eine Diagonale kommutativ ergänzen, infolge dessen ebenso das zweite Diagramm um , woraus sich wiederum rechts der Nullhomomorphismus ergibt.
Alternativ bildet man eine injektive Auflösung von A, d. h. eine exakte Folge
mit injektiven Objekten In (z. B. I0: = IA, etc.). Man gewinnt dann alle RnF(A) auf einen Schlag als die n-te Kohomologie des Komplexes
mit F(In) an der n-ten Stelle, weshalb dies wohl die in der Literatur meistverbreitete Methode ist.
Man kann jetzt durch weitere Diagrammjagden nachweisen, dass R * F in der Tat ein δ-Funktor ist und dass er die universelle Eigenschaft hat. Daher ist das Ergebnis insbesondere „im Wesentlichen“ nicht von der Wahl der injektiven Auflösung abhängig. Für die konkrete Berechnung kann man sogar anstelle einer injektiven auch eine Auflösung durch F-azyklische Objekte Mi verwenden (d. h. RnF(Mi) = 0 für ist bereits bekannt). Es gilt dann .
Entsprechend kann man Linksableitungen rechtsexakter Funktoren für Kategorien mit genügend vielen projektiven Objekten (d. h. zu jedem existiert ein projektives P und ein Epimorphismus ) über projektive Auflösungen berechnen.
Eigenschaften
- Allgemeiner sind R0F und F lediglich natürlich äquivalente Funktoren; Gleichheit ist eine Besonderheit der ersten oben angegebenen Konstruktion.
- Ist A injektiv, so ist RnF(A) = 0 für .
- Ist F ein exakter Funktor, so ist RnF der Nullfunktor für .
Beispiele
- Ext ist die Rechtsableitung des Funktors Hom.
- Tor ist die Linksableitung des Tensorproduktes.
- Garbenkohomologie ist die Rechtsableitung des Funktors globale Schnitte.
- Gruppenkohomologie ist die Rechtsableitung des Funktors Invarianten.
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