Irmgard Lotz

Irmgard Lotz

Irmgard Flügge-Lotz, geborene Irmgard Lotz (* 16. Juli 1903 in Hameln; † 22. Mai 1974 in Stanford, USA) war eine deutsche Mathematikerin, Aerodynamikerin und Regelungstechnikerin, spätere Abteilungsleiterin im Kaiser-Wilhelm-Institut für Strömungsforschung, Göttingen, sowie später Professor an der Stanford University.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach ihrem Abitur 1923 an der Realgymnasial-Studienanstalt in Hannover, begann sie ein Studium der Mathematik und ihrer Anwendungen an der TH Hannover, das sie 1927 mit der Diplom-Hauptprüfung in Mathematik abschloss. Von 1927 bis 1929 arbeitete sie als Assistentin am Lehrstuhl für praktische Mathematik und darstellende Geometrie von Horst von Sanden an der TH Hannover. An selbiger promovierte sie 1929 über „Die Erwärmung des Stempels beim Stauchvorgang“. Von 1929 bis 1938 war sie am Kaiser-Wilhelm-Institut für Strömungsforschung in Göttingen (geleitet von Ludwig Prandtl) beschäftigt, zuerst als Assistentin, dann als Gruppenleiterin und zuletzt als inoffizielle Abteilungsleiterin (Theoretische Aerodynamik). 1938 heiratete sie den Mathematiker und Aerodynamiker Wilhelm Flügge (1904–1990) und trug seitdem den Namen Irmgard Flügge-Lotz. Das Ehepaar zog 1938 nach Berlin, wo er bis 1945 als Abteilungsleiter in der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL), Berlin-Adlershof, arbeitete, insbesondere über automatische Flugkontrolle. Während dieser Zeit war sie dort als Beraterin und ab 1941 als eine der vier Gutachterinnen für Preisaufgaben der Lilienthal-Gesellschaft tätig. 1944 wurden Teile der DVL zum Bodensee ausgelagert. Dort kamen beide nach der bedingungslosen Kapitulation in Paris zum Office National d'Études et de Recherches Aérospatiales (ONERA), wo sie von 1946 bis 1948 als Forschungsgruppenleiterin arbeitete. 1948 kamen beide in die USA, wo beide an der Stanford University arbeiteten. Ihr Mann wurde dort sofort Professor, sie wurde Lecturer, erfüllte aber alle Pflichten einer vollen Professur: sie hielt regelmäßig Vorlesungen über Hydro- und Aerodynamik und automatische Flugkontrolle und betreute Promotionen. Erst 1961 wurde sie zum Full Professor ernannt und die erste Professorin für Ingenieurswissenschaften an der Stanford University. 1968 ging sie in den Ruhestand. 1971 hielt sie die von Karman Lecture (Trends in automatic control in the last two decades).

Irmgard Flügge-Lotz leistete wesentliche Arbeiten zur Aerodynamik, darunter besonders zur Grenzschichttheorie. Nach ihrer Arbeit zur Lösung von Differentialgleichungen bei der Verteilung des Auftriebs von Tragflächen ist die „Lotz-Methode“ benannt. Im Rahmnen ihrer Beschäftigung mit der Theorie automatischer Regelungstechniken und Flugzeugregelungen (Autopilot)trug sie wesentlich zum Entwurf und dem Verständnis der speziellen Phänomeme von schaltenden ("Schwarz-Weiß") Regelungen bei.

Schriften

  • Die Erwärmung des Stempels beim Stauchvorgang, Dissertation TH Hannover 1929
  • Discontinuous Automatic Control, Princeton University Press 1953
  • Discontinuous and Optimal Control, McGraw Hill 1968

Literatur

  • Marilyn Ogilvie, Joy Harvey (Eds.): The biographical dictionary of women in science. Pioneering lives from ancient times to the mid-20th century, Vol. 1., New York et al. 2000, pp. 456-457.
  • Günther Schmidt: Irmgard Flügge-Lotz – erste deutsche Regelungstechnikerin. In: at - Automatisierungstechnik, Oldenbourg Verlag, (57) 2009, Seite 217-218.
  • Barbara Sichermann et al. (Eds.): Notable American Women. The modern period. A Biographical Dictionary. Cambridge (Mass.) et al. 1980, Seite 241-242.
  • John R. Spreiter et al.: In Memoriam: Irmgard Flügge-Lotz, 1903-1974. In: IEEE Transactions on Automatic Control, AC-20 (1975) 2, Seite 183a-183b.
  • John R. Spreiter and Flügge Wilhelm Flügge (1987): Irmgard Flügge-Lotz (1903–1974). In: Louise Grinstein, Paul J. Campbell (Herausgeber) Woman of Mathematics, Greenwood Pub., 1987, Seite 33-40.
  • Annette Vogt: Women in Army Research: Ambivalent Careers in Nazi Germany. In: Canel, Annie et al. (Ed.) Crossing Boundaries, Building Bridges. Comparing the History of Women Engineers, 1870s–1990s. Amsterdam 2000, pp. 199-204.
  • Andrea E. Abele, Helmut Neunzert, Renate Tobies: Traumjob Mathematik! Berufswege von Frauen und Männern in der Mathematik, Birkhäuser, 2004, ISBN 978-3764367497, S. 60 f.
  • Annette Vogt: Vom Hintereingang zum Hauptportal? Lise Meitner und ihre Kolleginnen an der Berliner Universität und in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Stuttgart 2007 (= Pallas Athene, Vol. 17).
  • Annette Vogt: Wissenschaftlerin in Kaiser-Wilhelm-Instituten. A-Z. Berlin 2008, 2. erw. Auflage, S. 115-117.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Irmgard Flügge-Lotz — Irmgard Flügge Lotz, née Irmgard Lotz (1903 1974) was a German mathematician and engineer, best known for her work on the mathematics of aerodynamics, the first female engineering professor at the Stanford University.After her father was drafted… …   Wikipedia

  • Lotz — ist der Familienname von Albert Lotz (1858–1926), preußischer Beamter, Abgeordneter und Hochschullehrer im Bereich der Verwaltungswissenschaft Denton Lotz (* 1939), baptistischer Theologe und von 1988 bis 2007 Generalsekretär des Baptistischen… …   Deutsch Wikipedia

  • FLÜGGE-LOTZ — GERMANY (see also List of Individuals) 3.7.1903 Hameln/D 22.5.1974 Palo Alto/USA Irmgard Flügge Lotz entered Technical University of Hannover in 1923 and graduated in engineering thereby specializing in aeronautics. She received the PhD title in… …   Hydraulicians in Europe 1800-2000

  • Horst von Sanden — Wappen der Familie von Sanden Horst Georg Julius Alfred von Sanden (* 26. Dezember 1883 auf Gut Nieder Gielgudyszky, Gouvernement Suwalki, Russland; † 19. März 1965 in Erlangen[1]) war ein deutscher Mathemati …   Deutsch Wikipedia

  • 6. Feber — Der 6. Februar ist der 37. Tag des Gregorianischen Kalenders, somit bleiben 328 Tage (in Schaltjahren 329 Tage) bis zum Jahresende. Historische Jahrestage Januar · Februar · März 1 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Literatur (Expressionismus) — Der Begriff Expressionismus wird aus den beiden lateinischen Wörtern „ex“ und „primere“ zusammengesetzt, die zunächst „ausdrücken“ bedeuten. Wenn man daher vom Expressionismus spricht, meint man eine „Ausdruckskunst“. Es werden also innerlich… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder des Deutschen Bundestages (13. Wahlperiode) — Diese Liste gibt einen Überblick über alle Mitglieder des Deutschen Bundestages der 13. Wahlperiode (1994–1998). Zusammensetzung Nach der Bundestagswahl 1994 setzte sich der Deutsche Bundestag wie folgt zusammen: Fraktion Beginn der… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder des Deutschen Bundestages (14. Wahlperiode) — Diese Liste gibt einen Überblick über alle Mitglieder des Deutschen Bundestages der 14. Wahlperiode (1998–2002). Zusammensetzung Nach der Bundestagswahl 1998 setzte sich der Deutsche Bundestag wie folgt zusammen: Fraktion Beginn der… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Träger der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg — Diese Liste zählt die Träger der Verdienstmedaille des Landes Baden Württemberg und − seit deren Umbenennung am 26. Juni 2009 − die Träger des Verdienstordens des Landes Baden Württemberg auf. Die Zahl der lebenden Träger des Ordens ist auf 1.000 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder des Deutschen Bundestages (15. Wahlperiode) — Diese Liste gibt einen Überblick über alle Mitglieder des Deutschen Bundestages der 15. Wahlperiode (2002–2005). Zusammensetzung Nach der Bundestagswahl 2002 setzte sich der Deutsche Bundestag wie folgt zusammen: Fraktion Beginn der… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”