- G. Kuhn
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G. Kuhn, Maschinen- und Kesselfabrik, Eisen- & Gelbgießerei, Stuttgart-Berg war eine Maschinenfabrik im Stuttgarter Stadtteil Berg. Eigenständig existierte die Firma von 1852 bis 1902.
Inhaltsverzeichnis
Firmengeschichte
Gegründet wurde die Fabrik von Gotthilf Kuhn. Der gelernte Schmiedehandwerker kehrte nach seiner Ausbildung und nach damals noch üblicher Wanderschaft mit dem dabei erwirtschafteten Geld zurück in das heimatnahe Stuttgart, um sich im Gaugerschen Bierkeller (Schwanen) in Stuttgart-Berg einzumieten und dort eine Firma zu gründen. Bereits zum Jahresende der Firmengründung 1852, konnte der als Werkststätte eröffnete Betrieb um eine Kesselschmiede erweitert werden. Kuhn gehörte zu den ersten im größeren Stil aufstrebenden metallverarbeitenden Betrieben in Württemberg und wuchs schnell. Schon im Gründungsjahr beschäftigte Kuhn 36 Mitarbeiter.[1]
1857 erweiterte sich der Betrieb um eine eigene Gießerei. Bis dahin wurden Gusserzeugnisse noch fremd, meist aus Wasseralfingen bezogen. Es entstand letztlich die G. Kuhn, Maschinen- und Kesselfabrik, Eisen- und Gelbgießerei. Zehn Jahre später brannte ein großer Teil des Betriebes aus, was Kuhn dazu nutzte, seine Firma neu und störungsunanfälliger zu konzipieren. Zudem wurden bis zur Jahrhundertwende repräsentative Filialbüros in Berlin, Köln, München und Frankfurt am Main eröffnet. International stellte man sich in Sankt Petersburg auf. Zum Jahrhundertwechsel waren fast 1300 Arbeiter in der Firma tätig.[2] Mit Betriebsmaschinen beliefert wurden insbesondere die überall entstehenden Industriebetriebe sowie Brauereien, Brennereien, Ziegeleien und Zuckerfabriken.[3]
Noch vor dem Ersten Weltkrieg brachen etliche Berger Firmen im Zuge der sich verschärfenden Inflation ein. Ab 1902 liefen auch die Geschäfte der Firma Kuhn zunehmend schlechter und sie geriet in Nöte. Das Jubiläumsjahr 1902 (fünfzigjährige Firmengeschichte) führte schließlich zum Verlust der Selbständigkeit. Bereits 1890 hatte Ernst Kuhn, der Sohn des Firmengründers die Firmenleitung übernommen. Die Bemühungen gingen dahin, die hohe Fachkompetenz zu erhalten und große Teile der Belegschaft zu retten. Trotz des Eigentumsübergangs der Firma an die Maschinenfabrik Esslingen AG (ME), blieb Ernst Kuhn zunächst Geschäftsführer. Die Konstruktion und die produktive Ausführung von Dampfkesseln wurden in Esslingen vereinigt. Die vollständige Aufgabe der restlichen Produktionsstätten in Stuttgart-Berg erfolgte im Zuge der Eröffnung des neuen ME-Werkes in Esslingen-Mettingen 1912-1913.
Produkte
Kuhn fabrizierte und lieferte komplette Fabrikeinrichtungen, Dampfmaschinen und Dampfkessel. Mit zehn bis vierzehn Pferden starken Zugeinrichtungen verbrachte er die Güter zum Güterbahnhof nach Cannstatt. Für die Maschinen und Kessel führte er getrennte Fabriknummern-Verzeichnisse. Die Firma stellte auch Lokomotiven her. Kuhn trug mit der Verbreitung der Dampfmaschine sehr wesentlich zur Industrialisierung bei.
- Die älteste im Fabriknummernverzeichnis Maschinen eingetragene Lieferung (Nr. 4) ging an Bardilli, eine lokale Brauerei in Stuttgart.
- Die Maschine mit der Fabriknummer "1" war eine Dampfspeisepumpe für das Reutlinger Bruderhaus.
- Ein fahrbahres Lokomobil wurde 1859 mit der Fabriknummer 127 (Kessel 220) an die Württembergischen Staatseisenbahnen (Generaldirektion der Staatseisenbahnen) ausgeliefert.
- Die große Erfahrung im Kesselbau veranlasste Kuhn auch zur Herstellung von Lokomotiven. Die Süddeutsche Eisenbahnbaugesellschaft beauftragte Kuhn mit der Lieferung von drei gleichen Schmalspur-Baulokomotiven, die im Auftragsbuch als "Erdtransportlokomotiven" eingetragen wurden.
- Die erste Lokomotive ging jedoch an die Firma Schöttle & Schuster nach Berlin.
- Ab 1887 lieferte er für Gottlieb Daimler Automobilmotoren-Zylinder in Spezial-Grauguß und 1890 den ersten Vierzylinderblock der Welt nach Konstruktion von Wilhelm Maybach.
Daneben experimentierte Kuhn ebenso wie Gottlieb Daimler mit dem Gasmotor. Für das Kleingewerbe stellte Kuhn auch Wassermotoren her.[4]
Sozialeinrichtungen
Kuhn engagierte sich für seine Belegschaft auf einigen sozialen Gebieten des Vorsorgewesens.
- 1855 richtete er eine - von ihm bezuschusste - betriebseigene Krankenkasse ein.
- 1865 folgte die Einrichtung einer Sparkasse, die für Guthaben eine 4,5 %-ige Verzinsung - bei kostenfreier Kontoführung - gewährte.
- 1872 wurde der arbeitnehmerfreundliche Achtstundentag eingeführt.
- Langjährig Beschäftigte wurden vom Beitrag zur Altersversicherung befreit.
Trivia
- Ein Teil von Kuhn lebt heute noch im Männer-Gesangsverein Stuttgart Berg 1856 e.V. fort.[5] Dieser Verein wurde nämlich als Werks-Chor Vulkania gegründet.
- Auf dem früheren Firmenareal residierte von 1926 bis 1928 die Landesfrauenklinik (Landeshebammenschule).
Einzelnachweise
- ↑ Firmen-Geschichte
- ↑ Ellrich (s. Literatur, S. 202)
- ↑ deutsche-biographie.de präsentiert: Gotthilf Kuhn
- ↑ Deutsches Museum, Sammlungen Wassermotor
- ↑ Ellrich (s. Literatur, S. 203)
Literatur
- Hartmut Ellrich: Das historische Stuttgart. Michael Imhof Verlag GmbH & Co.KG, ISBN 978-3-86568-381-6.
Weblinks
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