Carmina Burana (Orff)

Carmina Burana (Orff)
Das Schicksalsrad der Fortuna (Rota Fortunae), Buchmalerei im Codex Buranus
Porträt Carl Orffs (Aquatinta-Radierung)

Carmina Burana (lat. ,Beurer Lieder‘ oder ,Lieder aus Benediktbeuern‘) ist eine szenische Kantate von Carl Orff aus den Jahren 1935–36. Die Texte in mittellateinischer und mittelhochdeutscher Sprache sind den Carmina Burana entnommen, einer Sammlung von im 11. und 12. Jahrhundert entstandenen Lied- und Dramentexten.

Nach der Komposition von Catulli Carmina und Trionfo di Afrodite fasste Carl Orff die Carmina Burana mit diesen unter dem Titel Trionfi zusammen. Aufführungen des gesamten Triptychons sind aber die Ausnahme geblieben.

Die Carmina Burana wurden am 8. Juni 1937 in der Oper zu Frankfurt am Main unter der Regie von Oskar Wälterlin uraufgeführt.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Orff stieß 1934 auf die von Johann Andreas Schmeller 1847 herausgegebene Ausgabe der Carmina Burana. Michel Hofmann, ein junger Jurastudent und Latein- und Griechisch-Enthusiast, unterstützte ihn bei der Auswahl und Zusammenstellung von 24 dieser Texte zu einem Libretto, hauptsächlich in Latein sowie einige in Mittelhochdeutsch und Altfranzösisch. Die Auswahl umfasst eine weite Spanne weltlicher Themen: die Wechselhaftigkeit von Glück und Wohlstand, die Flüchtigkeit des Lebens, die Freude über die Rückkehr des Frühlings sowie die Genüsse und Gefahren von Trinken, Völlerei, Glücksspiel und Wollust.

Bei der Vertonung handelt es sich um eine völlige Neukomposition. Zur Entstehungszeit von Orffs Werk war noch kaum eine der originalen mittelalterlichen, in Neumen notierten Melodien rekonstruiert. So gestaltete er die Musik nach bereits bekannten Stilmerkmalen des Mittelalters wie etwa Bordunbegleitung oder historische Skalen. Orff selbst bezeichnete sein Werk weder als Oper noch als Oratorium oder Kantate. Die Bezeichnung „szenische Kantate“, die dem Werk manchmal als Untertitel beigegeben wird, wird dem Stück am ehesten gerecht, doch sind szenische Aufführungen der Carmina Burana gegenüber konzertanten deutlich in der Minderzahl.

Besetzung

Die Carmina Burana sind instrumentiert für 3 Flöten (davon zwei im Wechsel mit Piccolo), 3 Oboen (davon eine im Wechsel mit Englischhorn), 3 Klarinetten in B und A (davon eine im Wechsel mit Es-Klarinette, eine im Wechsel mit Bassklarinette), 2 Fagotte, Kontrafagott, 4 Hörner in F, 3 Trompeten in B und C, 3 Posaunen, Tuba, 2 Klaviere, Celesta, großes Schlagzeug und Streicher.

Das Schlagzeug setzt sich zusammen aus 5 Pauken (eine Piccolo), 2 Kleinen Trommeln, Großer Trommel, Triangel, verschiedenen Becken, Ratsche, Kastagnetten, Schlittenglocken, Tamtam, Tamburin, Röhrenglocken, 3 Glocken, 3 Glockenspielen und Xylophon.

Die Gesangsstimmen umfassen je einen Sopran-, Tenor- und Baritonsolisten, einen großen vierstimmigen Chor mit Soli für 3 Tenöre, Bariton und zwei Bässe, einen vierstimmigen Kammerchor und einen Kinderchor.

Eine reduzierte Version für Solisten, gemischten Chor, Kinderchor, zwei Klaviere und Schlagzeug wurde 1956 von Orffs Schüler Wilhelm Killmayer arrangiert und von Orff autorisiert.

Aufbau

Orff wählte eine Gliederung in drei Teile:

  • Primo vere, Ûf dem anger (Erwachen des Frühlings, Liebe)
  • In taberna (opulentes Gelage)
  • Cours d'amour und Blanziflor et Helena

Eingerahmt wird das Werk von einem mächtigen Chor zu Ehren der Schicksalsgöttin Fortuna („Fortuna Imperatrix Mundi“), die das Schicksal der Menschen letztlich bestimmen soll.

Orff ging mit dem vorgefundenen Material der Carmina Burana recht frei um. So benutzte er von mehreren Gedichten nur Teile oder Einzelstrophen für sein Chorwerk: Von dem großen Liebesdialog CB 77 übernahm er nur die Strophe, in der die Angebetete mit Blanziflor, einer Heldin der altfranzösischen Rittersage, und mit der schönen Helena verglichen wird, die den trojanischen Krieg auslöste: Hier gefiel dem Komponisten die für die Carmina Burana typische Verknüpfung mittelalterlicher und antiker Bildungsinhalte. Auch folgte er nicht den oft sehr komplizierten Metren der Lieder, Sequenzen und Leichs der Handschrift, sondern erfand ganz neue, oft mitreißende und tänzerische Rhythmen zu den alten Texten.

Musikalisch ist das Chorwerk von raffinierter Schlichtheit: In konventioneller oder archaisierender Harmonik setzt es ganz auf die Kraft seiner Melodien, deren Simplizität bisweilen an die von Abzählversen erinnert. Aufschließung und Fortentwicklung von Motiven gibt es ebenso wenig wie eine Kontrapunktik im eigentlichen Sinne.[1]

Wirkungsgeschichte

Nach der erfolgreichen Uraufführung im Jahre 1937 schrieb Orff an seinen Verleger: „Alles, was ich bisher geschrieben und was Sie leider gedruckt haben, können Sie nun einstampfen! Mit den Carmina Burana beginnen meine gesammelten Werke!“[2]

Das Werk wurde rasch zu einem der populärsten Stücke ernster Musik des 20. Jahrhunderts. Insbesondere der wuchtige Chorsatz zu CB 17 (O fortuna), mit dem das Werk einsetzt, ist so populär, dass er wiederholt in der Werbung eingesetzt wird.

O Fortuna und Fortuna Imperatrix Mundi fanden auch Verwendung im Metal. Bekannte Adaptionen sind die von Ozzy Osbourne auf dem Live-Album Tribute: Randy Rhoads (1987) und die Verwendung im Outro The Mighty Empress des Onslaught-Debüts Power From Hell (1985).

Literatur

Film

Weblinks

Quellen

  1. Hans Christian Worbs, auf der Plattenhülle von: Carl Orff, Carmina Burana, London Symphony Orchestra, dirigiert von Eduardo Mata, RCA 1981
  2. Werkinfo: Carl Orff, Carmina Burana

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