Georg Friedrich Schott

Georg Friedrich Schott

Georg Friedrich Schott (* um 1737; † 31. Mai 1823 in Kirn) war ein salm-kyrburgischer Archivar und Regierungsrat. Er steht im begründeten Verdacht, zahlreiche Fälschungen von Urkunden des Mittelalters und der Frühen Neuzeit angefertigt zu haben.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Zum Leben Schotts ist nur wenig bekannt. Seine Kenntnis der lateinischen Sprache lässt auf den Besuch einer höheren Schule schließen, akademische Würden besaß er jedoch wohl nicht. Er hatte einen oder zwei Brüder und zwei Söhne, Friedrich (†1840) und Johann Thomas Lothar (†1860).[1] Im Jahre 1784 wurde er von Friedrich III., Fürst zu Salm-Kyrburg, zum Regierungsrat ernannt. Im Zuge dieser Arbeit registrierte er die im Anholter Landesarchiv befindlichen Verwaltungsakten der Wildgrafschaft Kyrburg.[2] Am 30. Mai 1785 wurde er auf Betreiben des kurfürstlichen Rates Andreas Lamey, dem er zuarbeitete und mit dem er in regem Briefwechsel stand, außerordentliches Mitglied der kurpfälzischen Akademie der Wissenschschaften, dem Vorläufer der Universität Mannheim. In den Wirrungen nach der Annexion seines Heimatortes Kirn im Jahre 1794 verlor er wohl seine Anstellung, in einem Brief aus dem Jahre 1801 klagt er über seine „gegenwärtige dürfftige Lage, wo ich ohne Verdienst und Besoldung lebe“, er wurde in dieser Zeit „zweymahl von den Franken und zulezt noch gar von den Kaiser Hussaren ausgeplündert“. Diese Notlage schien ihn bis zu seinem Tod nicht verlassen zu haben, obwohl er vom Fürsten zu Salm-Kyrburg bis an sein Lebensende eine kleine Pension erhielt.[2] Er starb am 31. Mai 1823 im Alter von 86 Jahren in ärmlichen Verhältnissen zu Kirn.[3]

Wissenschaftliche Arbeiten

Veröffentlichte Werke

  • 1780: „Diplomatische Nachricht von der Winterhauch, wo zugleich die Geschichte der Nahgauischen Landgrafschaft, des Heidengerichts zu Sien und der Wildgrafschaft in Kürze vorgetragen wird“.[4]
  • 1792: „Diplomatische Nachricht von der Fürst-, Wild- und Rheingräfl. Landgrafschaft im Nahgau und ihren ersten Besitzern und Namensvätern des Wildgräflichen Hauses“, unter etwas mysteriösen Umständen unter dem Namen des mit ihm in Korrespondenz stehenden Professors Franz Josef Bodmann in Erfurt veröffentlicht.
  • 1828 (postum): „Über den Disibodenberg[5]

Unveröffentlichte Manuskripte und Urkunden

  • 1801: „Origines domus Ringravicae“ (1805 an Bodmann verkauft)
  • „Burgen, Städte und Klöster des Nahegaues“
  • „Beiträge zur ältesten Geschichte des Nahegaus“[6]
  • 1806: „Etwas vom Flecken Enkirch“[7]
  • 1822: „Der Hundsrück in seiner Lage, Namen und Umfang. Aus Annalen und Urkunden erläutert.“
  • „Geschichte des Klosters Dissibodenberg“
  • weitere unveröffentlichte Urkunden

Ein Großteil dieser Werke wurden von Friedrich Gustav Habel erworben und seiner Sammlung hinzugefügt, die heute auf der Mildenburg in Miltenberg, Bayern zu finden ist.[8] Insgesamt dürfte es sich um über 2000 Urkundenabschriften vom ausgehenden 8. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts handeln. Viele dieser Urkunden fanden Eintrag in gewichtige Werke wie den Mittelrheinischen Regesten von Adam Goerz oder dem Urkundenbuch zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien von Heinrich Beyer, da viele Urkunden in den Unruhen der französischen Zeit zerstört worden waren und man die Exemplare von Schott als Abschriften unwiederbringlich verlorener Zeugnisse ansah.

Urkundenfälschungen

Der Fälscherverdacht

Lange Zeit waren die Urkunden Schotts unzweifelhaft, bis zunächst wenige, dann zahlreiche Verdachtsmomente vorlagen, die darauf hindeuteten, dass es sich bei einer Vielzahl von Stücken um moderne Fälschungen handelte. Pionierarbeit hierfür leistete vor allem Hans Wibel, der in seinem Beitrag „Die Urkundenfälschungen Georg Friedrich Schotts“[3] viele Beweise für den Fälschungscharakter einiger der Urkunden erbrachte. In der Folgezeit erschienen weitere Untersuchungen, die die Echtheit anderer Urkunden aus Schotts Hand stark anzweifelten.[9][10][11]

Motivation für die Fälschertätigkeit

Eine mögliche finanzielle Bereicherung als Grund für die Fälschungen ist relativ unwahrscheinlich, Schott hatte nur dann seine Urkunden oder Werke verkauft, wenn seine finanzielle Not ihn dazu trieb. Eine plausible Möglichkeit ist, dass er versuchte, seinem Auftraggeber, dem Fürsten von Salm-Kyrburg als Nachkommen der alten Rheingrafen, durch mittelalterliche Urkunden Beweise für eine möglichst lange Tradition seines Geschlechtes zu beschaffen.

Literatur

  • Hans Wibel: Die Urkundenfälschungen Georg Friedrich Schotts. In: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters. Bd. 29, Hahnsche Buchhandlung, Hannover und Leipzig 1904, S. 653 ff. (Volltext).
  • Hans Wibel: Nachtrag zu den "Urkundenfälschungen Georg Friedrich Schotts". In: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters. Bd. 31, Hahnsche Buchhandlung, Hannover und Leipzig 1906, S. 194 ff. (Volltext).
  • Emil Schaus: Beitrag „Idar“. In: Rheinische Heimatblätter. Bd. 11, Rheinische Verlagsgesellschaft M.B.H., Koblenz 1924, S. 348 (Volltext).
  • Emil Schaus: Eine Schottsche Fälschung zur Geschichte des Nahegaus. In: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesamtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters. Bd. 29, Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1924, S. 363 ff. (Volltext).

Einzelnachweise

  1. K. Schwartz: Habel’s handschriftlicher Nachlass. In: Annalen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung. Bd. 11, Wiesbaden 1871, S. 382 f..
  2. a b H. Wibel: Nachtrag zu den „Urkundenfälschungen Georg Friedrich Schotts“. In: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters. Bd. 31, Hahnsche Buchhandlung, Hannover und Leipzig 1906, S. 196 Anmerkung 3) (Volltext).
  3. a b H. Wibel: Die Urkundenfälschungen Georg Friedrich Schotts. In: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters. Bd. 29, Hahnsche Buchhandlung, Hannover und Leipzig 1904, S. 653 ff. (Volltext).
  4. G. F. Schott: Diplomatische Nachricht von der Winterhauch, wo zugleich die Geschichte der Nahgauischen Landgrafschaft, des Heidengerichts zu Sein und der Wildgrafschaft in Kürze vorgetragen wird. In: Forst-Archiv zur Erweiterung der Forst- und Jagd-Wissenschaft und der Forst- und Jagd-Literatur. Bd. 9, Ulm 1790, S. 209 ff. (Volltext in der Google Buchsuche).
  5. G. F. Schott: Über den Disibodenberg. In: Chronik der Trierer Diöcese. 1828.
  6. Landeshauptarchiv Koblenz; Bestand 700,321: „Nachlass G. F. Schott, salm-kyrburgischer Archivar, 18. Jh.“; Findbuch: Sachakte 1+2 (Link)
  7. Landeshauptarchiv Koblenz; Bestand 700,321: „Nachlass G. F. Schott, salm-kyrburgischer Archivar, 18. Jh.“; Findbuch: Sachakte 3 (Link)
  8. L. Götze: Die archivalischen Sammlungen auf Schloss Miltenberg in Bayern. In: Archivalische Zeitschrift. Bd. 2, W. Spemann, Stuttgart 1877, S. 188 ff..
  9. E. Schaus: Eine Schottsche Fälschung zur Geschichte des Nahegaus. In: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesamtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters. Bd. 29, Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1924, S. 363 ff. (Volltext).
  10. P. Acht: Mainzer Urkundenbuch. Bd. II: Die Urkunden seit dem Tode Erzbischof Adalberts I. (1137) bis zum Tode Erzbischof Konrads (1200), Teil 1: 1137-1175, Hessische Historische Kommission Darmstadt, Darmstadt 1968, ISBN 3-884-43001-7, S. 227 f. Bemerkungen Reg. 119.
  11. P. Acht: Mainzer Urkundenbuch. Bd. II: Die Urkunden seit dem Tode Erzbischof Adalberts I. (1137) bis zum Tode Erzbischof Konrads (1200), Teil 2: 1176-1200, Hessische Historische Kommission Darmstadt, Darmstadt 1971, ISBN 3-884-43002-5, S. 991 f. Bemerkungen Reg. 602 u. S. 1006 Bemerkungen Reg. 610.

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