Georg Tessin

Georg Tessin

Georg Tessin (* 16. Juni 1899 in Rostock; † 18. Oktober 1985 in Koblenz) war ein deutscher Historiker und Archivar. Er forschte insbesondere zu heereskundlichen Themen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Tessin nahm nach dem Abitur 1917 als Flugmelder am Ersten Weltkrieg teil. Von 1919 bis 1922 studierte er in Rostock Geschichtswissenschaften. Tessin war Mitglied einer Burschenschaft und nahm als Zeitfreiwilliger der Reichswehr 1920 am Gefecht bei Warnemünde teil. Nach der Promotion 1922 wurde er Lohnbuchhalter bei der Rostocker Neptun-Werft, im Jahr darauf Statistiker bei der DERUTA (Deutsch-russische Transport- und Lagergesellschaft) in Hamburg; er wurde bald zum Geschäftsführer des Reisedienstes dieser HAPAG-Tochtergesellschaft bestellt und nahm selbst an mehrere Reisen in die Sowjetunion teil. 1926 heiratete er. Nach Auflösung der DERUTA wurde er Leiter des HAPAG-Reisebüros in Hamburg. Von 1929 bis 1932 war er in gleicher Funktion in Magdeburg. Da das dortige Büro aufgelöst werden sollte, absolvierte er den Vorbereitungsdienst am Institut für Archivwissenschaft in Berlin-Dahlem und schloss dort mit einer Arbeit über der das Archivwesen in Lateinamerika ab. 1933 wurde er Archivar am Geheimen- und Hauptarchiv in Schwerin, 1935 unternahm er eine Reise nach Sansibar zur Hochzeit eines Bruders. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kam Tessin wieder zum Flugmeldedienst, wo er bis Kriegsende blieb, zuletzt als Hauptmann (Kr.O.) bei einem Luftnachrichten-Regiment in einer Radar-Stellung. Bei Kriegesende geriet er in Hamburg in britische Gefangenschaft, floh aber bald zu seiner Familie nach Schwerin. Er wurde formlos aus dem Archivdienst entlassen, kurz danach vom NKWD festgenommen und für drei Jahre überwiegend im Neubrandenburger NKWD-Lager Nr. 9 Fünfeichen inhaftiert. 1948 wurde er aus diesem Speziallager entlassen und floh über Berlin nach Lübeck, der Heimat seiner Frau. Er war zunächst arbeitslos und nahm dann eine Stelle als Landarbeiter an. 1949 wurde er Fahrplanreferent beim Fremdenverkehrsverband Nordmark, bald darauf Chef des Schleswiger Verkehrsbüros. 1954 trat er wieder in den Archivdienst: erst im Archivlager Göttingen, dann im Staatsarchiv Wolfenbüttel und schließlich beim 1955 errichteten Militärarchiv des Bundesarchivs. Auf der dort gelagerten Feldpostübersicht 1939–1945 und der zur Klärung der Einsatzräume vieler kleinerer Truppenteile vom Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes herausgegebenen Vermißtenbildliste baute Tessin eine umfassende Dokumentation der deutschen Formationsgeschichte im Zweiten Weltkrieg auf, die ab 1966 (zwei Jahre nach seiner Pensionierung als Staatsarchivoberrat) veröffentlicht wurde. Aus dem Ruhestand heraus begann er eine Darstellung der Formationsgeschichte aller europäischer Regimenter des Ancien Régime. Trotz fortschreitender Erblindung setzte er die Arbeit daran mit Hilfe seiner Frau und einer Sekretärin bis ins hohe Alter fort.

Veröffentlichungen in Auswahl

  • Mechlenburgisches Militär in Türken- und Franzosenkriegen, 1966 (Dissertation von 1922)
  • Mecklenburgische Bauernlisten des 15. und 16. Jahrhunderts, 1937–1941 (3 Bände)
  • Das Archivwesen Ibero-Amerikas, 1939:
  • Stäbe und Truppeneinheiten der Ordnungspolizei 1936–1945, 1957
  • Formationsgeschichte der Wehrmacht 1933–1939, 1959 (1974 erweitert zu: Deutsche Truppen und Verbände 1919–1939)
  • Die deutschen Regimenter der Krone Schweden 1645–1718, 1965 und 1967 (2 Bände).
  • Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg, 1966ff: (16 Bände)
  • Die Regimenter der europäischen Staaten im Ancien Régime des XVI.-XVIII. Jahrhunderts (Band 1), 1986

Auszeichnungen

Literatur

Nachruf von Brün Meyer, in: Der Archivar, Jahrgang 39, 1986, Heft 3

Weblinks


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