HMHS Britannic

HMHS Britannic
Britannic
Britannic hospital.jpg
p1
Schiffsdaten
Flagge Großbritannien
Schiffstyp Passagierdampfer, Lazarettschiff
Heimathafen Liverpool
Eigner White Star Line
Bauwerft Harland & Wolff, Belfast
Kiellegung November 1911
Stapellauf 26. Februar 1914
Verbleib gesunken am 21. November 1916
Schiffsmaße und Besatzung
Länge
269,04 m (Lüa)
Breite 28,65 m
Tiefgang max. 10,57 m
Verdrängung 54,300 t
Vermessung 48.158 BRT
 
Besatzung 950 in Friedenszeiten; 1164 während des Krieges (einschließlich ärztliches Personal)
Maschine
Maschine 2 Vierzylinder-Kolbendampfmaschinen,
1 Niederdruck-Parsonsturbine
Maschinen-
leistung
50.000 PS (36.775 kW)
Dienst-
geschwindigkeit
21 kn (39 km/h)
Propeller 3
Transportkapazitäten
Zugelassene Passagierzahl Erste Klasse: 790
Zweite Klasse: 836
Dritte Klasse: 953
Gesamt: 2.579
Als Lazarettschiff:
3309 Krankenbetten

Die HMHS (His Majesty's Hospital Ship; dt.: Seiner Majestät Hospitalschiff) Britannic der Reederei White Star Line war das dritte und letzte Schiff der Olympic-Klasse und wurde wie ihre Schwesterschiffe RMS Titanic und RMS Olympic auf der Werft von Harland & Wolff (Belfast) gebaut. Sie war zudem das größte Schiff der Klasse und unterschied sich durch zahlreiche Ergänzungen vom Design ihrer beiden Schwesterschiffe.

Im November 1916 ging die Britannic – die durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs nie einen Einsatz als Passagierschiff erlebt hatte – durch einen Minentreffer in der Ägäis verloren.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Planung & Bau

Die Britannic wurde mit einigem zeitlichen Abstand zu ihren beiden Schwesterschiffen Olympic und Titanic gebaut, um Erfahrungen mit den beiden Schiffen in ihren Bau einfließen lassen zu können. So erfolgte ihre Kiellegung auf der Werft Harland & Wolff erst am 30. November 1911, mehr als zweieinhalb Jahre nach der Kiellegung der Titanic und kurz vor deren Fertigstellung. Ursprünglich war für das dritte Schiff der Klasse der Name Gigantic vorgesehen gewesen. Während die Reederei dies später als „Legende“ bezeichnete, belegen zahlreiche Quellen einschließlich früher White-Star-Werbeprospekte, dass tatsächlich der Name Gigantic vorgesehen gewesen war, wovon man nach dem Titanic-Untergang jedoch abrückte. Irrtümlicherweise wird der Name Gigantic heute oftmals im Zusammenhang mit einem angeblich geplanten vierten Schiff der Olympic-Klasse erwähnt. Tatsächlich sollten jedoch die drei gebauten Dampfer ursprünglich alle Namen aus der griechischen Mythologie tragen.

Nach dem Untergang der Titanic im April 1912 wurden die Bauarbeiten an der Britannic zunächst gestoppt, um die Ergebnisse der Untersuchungen zu der Katastrophe abzuwarten. Schließlich wurden wesentliche technische Änderungen vorgenommen, um die Sinksicherheit des Schiffes deutlich zu verbessern: Es wurde eine zusätzliche Schottwand in den Rumpf eingebaut, so dass die Britannic über insgesamt 17 wasserdichte Abteilungen verfügte – eine mehr als auf ihren Schwesterschiffen. Zudem wurde eine doppelte Außenhülle am Unterwasserrumpf angebracht, wodurch das Schiff 46 cm breiter war als ihre beiden Schwestern. Fünf der Schottwände, die die einzelnen Abteilungen voneinander trennten, reichten bis auf das B-Deck und waren somit deutlich höher als auf Titanic und Olympic, wo sie nur bis zum E-Deck emporragten. Die Britannic erreichte auf diese Weise eine besondere Stabilität: Die Werft garantierte, dass das Schiff mit bis zu sechs gefluteten Abteilungen (Titanic und Olympic hatten nur einen Vier-Abteilungs-Standard) noch schwimmfähig bleiben konnte. Um im Ernstfall eine deutlich effizientere Evakuierung des Schiffes zu ermöglichen, waren insgesamt acht riesige Rettungsbootkran-Paare – davon sechs auf dem Bootsdeck und zwei auf dem Achterdeck – vorgesehen. Jeder von ihnen konnte bis zu acht Rettungsboote gleichzeitig zu Wasser lassen. Insgesamt sollte die Britannic 48 Rettungsboote mit einer Kapazität von rund 3.600 Personen mit sich führen; damit stand nun für jeden Menschen an Bord ein Rettungsbootplatz zur Verfügung. Zum Einsatz als Lazarettschiff waren allerdings nur fünf dieser Kranpaare eingebaut worden.

Durch diese technisch aufwändigen Ergänzungen und Änderungen verzögerte sich der Bau des Schiffes, so dass mit einer Jungfernfahrt im Frühjahr 1915 statt wie bisher erhofft im Frühjahr 1914 gerechnet wurde. Am 26. Februar 1914 lief die Britannic in Belfast vom Stapel.

Ausstattung

Zwar war die Innenausstattung der Britannic der ihrer beiden Schwesterschiffe recht ähnlich, doch sollte das dritte und letzte Schiff der Klasse trotzdem nochmals eine deutliche Steigerung des Komforts durch zusätzliche Räumlichkeiten bieten, die auf Titanic und Olympic nicht vorhanden waren. Ergänzt werden sollten ein großzügiges Kinderspielzimmer auf dem Bootsdeck, ein zusätzlicher Aufzug für die Passagiere der Ersten Klasse, ein Damenfriseur und ein Manikürenstudio sowie ein Turnraum für die Zweite Klasse.

Darüber hinaus sollten in folgenden Räumlichkeiten wesentliche Veränderungen vorgenommen werden: Für das Schwimmbad war eine Wandverkleidung aus Marmor vorgesehen, das Á-la-Carte-Restaurant sollte nochmals vergrößert und mit einem großen Vorraum versehen werden, im vorderen Treppenhaus der Ersten Klasse sollte eine Orgel installiert werden (s. u.) und auf dem C-Deck waren zwei zusätzliche private Salons geplant, wodurch sich die Zahl derartiger Räume von vier auf sechs erhöhte. Die steuerbordseitige Promenadendeck-Suite sollte komplett umgestaltet werden und anstelle der Promenade zwei private Salons erhalten. Wesentlich verändert werden sollte auch der Rauchsalon der Ersten Klasse: Anstelle der mit Perlmutt eingelegten Wandtäfelung aus Mahagoni wie auf Titanic und Olympic sollte dieser Raum Wandpaneele mit vergoldeten Schnitzereien sowie eine mit Buntglasfeldern geschmückte Kuppel erhalten. Das französische Café Parisien, das sich auf den Schwesterschiffen großer Popularität erfreute, aber der Vergrößerung des Restaurants zum Opfer fallen musste, sollte durch ein Terrassencafé auf dem A-Deck ersetzt werden.

Generell war gegenüber den Schwesterschiffen eine deutliche Verbesserung der Ausstattung mit sanitären Anlagen vorgesehen: Ein großer Teil der Erste-Klasse-Kabinen sollte über private Badezimmer und WCs verfügen.

Ein wesentlicher Unterschied zu den Schwesterschiffen war auch die Überdachung des achteren Welldecks, wodurch auch die Dritte Klasse nun über eine überdachte und somit wettergeschützte Promenade verfügte.

Da das Schiff nie einen Einsatz als Passagierschiff erlebte, wurde ein Großteil der bereits gefertigten Innenausstattung eingelagert und nach Kriegsende versteigert. Teile der für den Rauchsalon vorgesehenen Wandtäfelungen wurden – ohne die Vergoldungen – in einem Hotel in England verbaut.

Einsatz im Ersten Weltkrieg

Nach Ausbruch des Krieges im August 1914 verzögerten sich die Bauarbeiten an der Britannic, da Arbeitskräfte und Material für die Rüstungswirtschaft benötigt wurden. Nach dem tragischen Verlust der RMS Lusitania im Mai 1915 und dem gestiegenen Bedarf der Royal Navy an Transportraum für die Gallipoli-Unternehmung beschloss man, das fast fertige Riesenschiff als Hospitalschiff in Dienst zu stellen. Am 13. November 1915 wurde der White-Star-Liner von der Admiralität requiriert und schließlich am 6. Dezember 1915 als einsatzbereit gemeldet.

Bis zum November 1916 unternahm die Britannic – als Hospitalschiff durch einen weißen Anstrich mit einem grünen Längsstreifen und mehreren Roten Kreuzen gekennzeichnet – fünf Fahrten von den Kriegsschauplätzen im Mittelmeer nach Großbritannien, wobei sie große Zahlen an Verwundeten transportierte. Am 12. November 1916 verließ die Britannic Southampton mit dem Ziel Mudros in der Ägäis.

Der Untergang

Die sinkende Britannic

Am 21. November 1916 steuerte die Britannic den griechischen Hafen Mudros an. Im Kanal zwischen den Inseln Kea und Makrónissos ereignete sich um 8.12 Uhr eine schwere Unterwasserexplosion an Bord. Als Ursache könnte ein Torpedo-, wesentlich wahrscheinlicher allerdings ein Minentreffer durch eine Seemine des deutschen U-Boots U 73 in Frage kommen.

Fatalerweise fand diese Explosion gegen acht Uhr morgens statt, als die Besatzung gerade einen Schichtwechsel durchführte. Obwohl im Kriegseinsatz verboten, wurden dafür aus Bequemlichkeit (Zugang zu den Abteilen war bei geschlossenen Schotten noch über die Notleitern möglich) die Wasserschutztüren geöffnet. Nach der Explosion schlossen einige der Wasserschutztüren im Bug nicht mehr vollständig, wahrscheinlich waren ihre Rahmen durch die Druckwelle leicht verbogen worden. Hierdurch war eine Eingrenzung der Flutung auf die zur See hin offenen Abteile nicht mehr möglich. Verschlimmert wurde die Situation noch durch eine starke, nicht korrigierbare Schlagseite und zahlreiche offene Bullaugen (eigentlich war das Offenlassen von Bullaugen im Kriegseinsatz genauso verboten wie das Öffnen der Wasserschutztüren), durch welche Wasser in hintere Abteile eindringen konnte und auch die asymmetrische Flutung noch verstärkte.

Der Versuch von Kapitän Charles Alfred Bartlett, das Schiff auf Grund zu setzen, scheiterte, da durch die Fahrt noch mehr Wasser in das Leck des Schiffes gepresst wurde. Die Britannic sank innerhalb von 55 Minuten. Es gab 30 Tote und 40 Verletzte, die meisten davon in zwei Rettungsbooten, die bei noch laufenden Maschinen unerlaubt zu Wasser gelassen worden waren und von den sich noch drehenden Propellern zerschlagen wurden.

Überlebendene der Britannic an Bord der HMS Scourge

Eine der Geretteten war die Krankenschwester Violet Jessop, welche schon zuvor an Bord der Olympic gewesen war, als diese 1911 mit dem britischen Kreuzer HMS Hawke kollidierte. Im Jahr darauf gehörte sie zu den Überlebenden der Titanic-Katastrophe.

Bis auf den tragischen Zwischenfall mit den ersten beiden Rettungsbooten verlief die Evakuierung des Schiffes sehr zügig und geordnet, was sich an der geringen Opferzahl bei einer verbleibenden Zeit von weniger als 55 Minuten ablesen lässt.

Es wird teilweise vermutet, dass die Britannic trotz ihres Status als Lazarettschiff Munition geladen haben soll, welche eine Sekundärexplosion verursacht haben könnte. Auch eine Kohlenstaubexplosion wurde als Sekundärexplosion für denkbar gehalten. Allerdings ist angesichts von Art (frühe Schlagseite, offene Bullaugen) und Geschwindigkeit des Untergangs eine Sekundärexplosion sehr unwahrscheinlich, auch gibt es hierzu keine Zeugenaussagen. Bei zahlreichen Tauchgängen wurden in sämtlichen Frachträumen und im Kohlebunker keinerlei Munition oder Waffen gefunden. Auch ist im Kohlebunker keine Explosion erkennbar. Die Thesen gelten somit als widerlegt.

Die Britannic war der größte Handelsschiffsverlust im Ersten Weltkrieg.

Entdeckung

Das Wrack wurde 1976 von Jacques Cousteau und seinem Taucherteam auf der Position 37° 42′ 5″ N, 24° 17′ 2″ O37.70138724.283894Koordinaten: 37° 42′ 5″ N, 24° 17′ 2″ O in einer Tiefe von 120 Metern entdeckt.

Das Wrack liegt auf der Seite des Lecks, sodass sich heute die genaue Ursache des Untergangs nicht mehr klären lässt. Allerdings wurden bei einer Expedition im Jahr 2003 beim Wrack Anker entdeckt, wie sie für deutsche Minen im ersten Weltkrieg verwendet wurden.

Sonstiges

Die Britannic sollte mit einer selbstspielenden Philharmonie-Orgel von M. Welte & Söhne ausgestattet werden. Wegen des Kriegsausbruches wurde dies jedoch nicht realisiert. Die Orgel selbst ist erhalten und steht heute im Museum für Musikautomaten im schweizerischen Seewen[1].

Quellen

  1. Christoph E. Hänggi: Die Britannic-Orgel im Museum für Musikautomaten Seewen So. Festschrift zur Einweihung der Welte-Philharmonie-Orgel; Sammlung Heinrich Weiss-Stauffacher. Hrsg.: Museum für Musikautomaten Seewen SO. Seewen: Museum für Musikautomaten, 2007.

Publikationen

Literatur

  • Eberhard Möller/Werner Brack: Enzyklopädie deutscher U-Boote. Hsrg. Motorbuch Verlag, ISBN 3-613-02245-1.

Verfilmungen

  • Britannic (Spielfilm, Großbritannien/USA, 2000)

Weblinks


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